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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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des Jahres, von Mohne im Lause des Frühjahres und Sommers und den von
Wilmington Ende des Jahres trotz aller ersten Erfolge schließlich aufgegeben.

In der Nacht vom 3. zum 4. Mai begann Grant seine Operationen, in¬
dem er mit 4 Corps (2., S., 6. und 9.) in der Stärke von 150,000 Mann
gegen Lee und seine befestigte Stellung hinter dem Rappahonnock zum Angriff
vorging, während das 10. Corps, das bis dahin in Nordcarolina gefochten
hatte, und das 18., das in Norfolk unter Butler formirt war, vereint von
Fort Monroe aus zu Wasser den Jamesriver hinauffuhr und durch Landung
in der Nähe von Petersburg Richmond direct bedrohte. -- Diese Trennung
seiner Macht ist der erste Fehler Granes, der wie eine Reihe folgender darin
seinen Ursprung hat, daß er die Eroberung von Richmond als Ziel seiner
Thaten setzte, während diese von selbst erfolgte, wenn es ihm gelang, die
Armee unter Lee zu schlagen. Statt also alle seine Kräfte zu vereinen und
unausgesetzt zu verwenden, um den lebendigen Gegner todt zu machen und
dadurch Herr des Landes zu werden, sehen wir, wie Grant immer den Gegner
umgehend und nur soweit kämpfend als nothwendig, der todten Masse Rich¬
mond zuzieht und hier seine Kräfte an Verschanzungen und Einzelkämpfen ver¬
geudet. Es ist das alte Lied, daß schwache Feldherrn die Eroberung von
Festungen der entscheidenden Schlacht vorziehen und dabei mehr Zeit, Menschen
und Geld verlieren, als in der blutigsten Schlacht.

Grant umging den linken Flügel des hinter Fredericksburg stehenden Lee
und entwickelte sich am 4. Mai Morgens in der südlich des Rapidann gelegenen,
mit Wald ganz bedeckten Landschaft. Lee griff ihn an, um ihn hinter den Fluß
zurückzuwerfen, an den beiden folgenden Tagen wiederholte er seine Versuche,
Grant aber, der entschieden stärker war, behauptete sich und Lee zog sich nun¬
mehr in eine rückwärtige befestigte Stellung bei Spottsylvania zurück. --
Grant griff nunmehr seinerseits an und es kam wieder zu einem dreitägigen
Ringen, aber zu keinem directen Erfolge. Die wenige Uebersicht, die schmalen
Fronten, in welchen das Terrain gestattete an den Feind zu kommen, die
geringe Anwendung von Artillerie, welche bei den kurzen Gefechtsfeldern
möglich war, gaben Lee trotz der Minderzahl die Mittel, seinem übermächtigen
Gegner zu widerstehen. -- Diese sechstägigen Kampfe kosteten der Union 35,000
Mann und viele Generale, und gewannen nur eine" Vormarsch von zwei Meilen.
Unterdeß war Butler mit seinem meist aus Schwarzen bestehenden Corps im
Herzen des Feindes bei City P. und Bermuda Hundred gelandet und hatte
auf der Eisenbahnverbindung zwischen Petersburg und Richmond gewirkt, war
aber im Uebrigen durch die dort aufgestellten Milizen von wirklichen Erfolgen
abgehalten worden. Lee hatte Lvngstreet herangezogen und blieb Grant gegen¬
über kampfbereit stehen. Am 11. Mai ruhten die beiderseitigen Armeen, aber
in der Nacht zum 12. überfiel das 2. Corps die südliche Armee, nahm 40-^-50


des Jahres, von Mohne im Lause des Frühjahres und Sommers und den von
Wilmington Ende des Jahres trotz aller ersten Erfolge schließlich aufgegeben.

In der Nacht vom 3. zum 4. Mai begann Grant seine Operationen, in¬
dem er mit 4 Corps (2., S., 6. und 9.) in der Stärke von 150,000 Mann
gegen Lee und seine befestigte Stellung hinter dem Rappahonnock zum Angriff
vorging, während das 10. Corps, das bis dahin in Nordcarolina gefochten
hatte, und das 18., das in Norfolk unter Butler formirt war, vereint von
Fort Monroe aus zu Wasser den Jamesriver hinauffuhr und durch Landung
in der Nähe von Petersburg Richmond direct bedrohte. — Diese Trennung
seiner Macht ist der erste Fehler Granes, der wie eine Reihe folgender darin
seinen Ursprung hat, daß er die Eroberung von Richmond als Ziel seiner
Thaten setzte, während diese von selbst erfolgte, wenn es ihm gelang, die
Armee unter Lee zu schlagen. Statt also alle seine Kräfte zu vereinen und
unausgesetzt zu verwenden, um den lebendigen Gegner todt zu machen und
dadurch Herr des Landes zu werden, sehen wir, wie Grant immer den Gegner
umgehend und nur soweit kämpfend als nothwendig, der todten Masse Rich¬
mond zuzieht und hier seine Kräfte an Verschanzungen und Einzelkämpfen ver¬
geudet. Es ist das alte Lied, daß schwache Feldherrn die Eroberung von
Festungen der entscheidenden Schlacht vorziehen und dabei mehr Zeit, Menschen
und Geld verlieren, als in der blutigsten Schlacht.

Grant umging den linken Flügel des hinter Fredericksburg stehenden Lee
und entwickelte sich am 4. Mai Morgens in der südlich des Rapidann gelegenen,
mit Wald ganz bedeckten Landschaft. Lee griff ihn an, um ihn hinter den Fluß
zurückzuwerfen, an den beiden folgenden Tagen wiederholte er seine Versuche,
Grant aber, der entschieden stärker war, behauptete sich und Lee zog sich nun¬
mehr in eine rückwärtige befestigte Stellung bei Spottsylvania zurück. —
Grant griff nunmehr seinerseits an und es kam wieder zu einem dreitägigen
Ringen, aber zu keinem directen Erfolge. Die wenige Uebersicht, die schmalen
Fronten, in welchen das Terrain gestattete an den Feind zu kommen, die
geringe Anwendung von Artillerie, welche bei den kurzen Gefechtsfeldern
möglich war, gaben Lee trotz der Minderzahl die Mittel, seinem übermächtigen
Gegner zu widerstehen. — Diese sechstägigen Kampfe kosteten der Union 35,000
Mann und viele Generale, und gewannen nur eine» Vormarsch von zwei Meilen.
Unterdeß war Butler mit seinem meist aus Schwarzen bestehenden Corps im
Herzen des Feindes bei City P. und Bermuda Hundred gelandet und hatte
auf der Eisenbahnverbindung zwischen Petersburg und Richmond gewirkt, war
aber im Uebrigen durch die dort aufgestellten Milizen von wirklichen Erfolgen
abgehalten worden. Lee hatte Lvngstreet herangezogen und blieb Grant gegen¬
über kampfbereit stehen. Am 11. Mai ruhten die beiderseitigen Armeen, aber
in der Nacht zum 12. überfiel das 2. Corps die südliche Armee, nahm 40-^-50


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[0270] des Jahres, von Mohne im Lause des Frühjahres und Sommers und den von Wilmington Ende des Jahres trotz aller ersten Erfolge schließlich aufgegeben. In der Nacht vom 3. zum 4. Mai begann Grant seine Operationen, in¬ dem er mit 4 Corps (2., S., 6. und 9.) in der Stärke von 150,000 Mann gegen Lee und seine befestigte Stellung hinter dem Rappahonnock zum Angriff vorging, während das 10. Corps, das bis dahin in Nordcarolina gefochten hatte, und das 18., das in Norfolk unter Butler formirt war, vereint von Fort Monroe aus zu Wasser den Jamesriver hinauffuhr und durch Landung in der Nähe von Petersburg Richmond direct bedrohte. — Diese Trennung seiner Macht ist der erste Fehler Granes, der wie eine Reihe folgender darin seinen Ursprung hat, daß er die Eroberung von Richmond als Ziel seiner Thaten setzte, während diese von selbst erfolgte, wenn es ihm gelang, die Armee unter Lee zu schlagen. Statt also alle seine Kräfte zu vereinen und unausgesetzt zu verwenden, um den lebendigen Gegner todt zu machen und dadurch Herr des Landes zu werden, sehen wir, wie Grant immer den Gegner umgehend und nur soweit kämpfend als nothwendig, der todten Masse Rich¬ mond zuzieht und hier seine Kräfte an Verschanzungen und Einzelkämpfen ver¬ geudet. Es ist das alte Lied, daß schwache Feldherrn die Eroberung von Festungen der entscheidenden Schlacht vorziehen und dabei mehr Zeit, Menschen und Geld verlieren, als in der blutigsten Schlacht. Grant umging den linken Flügel des hinter Fredericksburg stehenden Lee und entwickelte sich am 4. Mai Morgens in der südlich des Rapidann gelegenen, mit Wald ganz bedeckten Landschaft. Lee griff ihn an, um ihn hinter den Fluß zurückzuwerfen, an den beiden folgenden Tagen wiederholte er seine Versuche, Grant aber, der entschieden stärker war, behauptete sich und Lee zog sich nun¬ mehr in eine rückwärtige befestigte Stellung bei Spottsylvania zurück. — Grant griff nunmehr seinerseits an und es kam wieder zu einem dreitägigen Ringen, aber zu keinem directen Erfolge. Die wenige Uebersicht, die schmalen Fronten, in welchen das Terrain gestattete an den Feind zu kommen, die geringe Anwendung von Artillerie, welche bei den kurzen Gefechtsfeldern möglich war, gaben Lee trotz der Minderzahl die Mittel, seinem übermächtigen Gegner zu widerstehen. — Diese sechstägigen Kampfe kosteten der Union 35,000 Mann und viele Generale, und gewannen nur eine» Vormarsch von zwei Meilen. Unterdeß war Butler mit seinem meist aus Schwarzen bestehenden Corps im Herzen des Feindes bei City P. und Bermuda Hundred gelandet und hatte auf der Eisenbahnverbindung zwischen Petersburg und Richmond gewirkt, war aber im Uebrigen durch die dort aufgestellten Milizen von wirklichen Erfolgen abgehalten worden. Lee hatte Lvngstreet herangezogen und blieb Grant gegen¬ über kampfbereit stehen. Am 11. Mai ruhten die beiderseitigen Armeen, aber in der Nacht zum 12. überfiel das 2. Corps die südliche Armee, nahm 40-^-50

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/270>, abgerufen am 23.07.2024.