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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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sie demnächst einen Ausfall von solcher Bedeutung in den Staatseinkünften zu
ertragen vermag.

Sollte es möglich sein, Mecklenburg dahin zu bestimmen, daß es zur Vor¬
bereitung seines eignen Eintritts in den preußischen Zollverein zunächst eine
Zolleinigung mit Schleswig-Holstein einginge, so würde dies vorzüglich für die
Fabrikanten der Herzogtümer von großem Vortheil sein, da die Industrie in
den Großherzvgthümcr" der wendischen Krone bekanntlich noch wenig entwickelt
ist. Da der neuerdings in Mecklenburg eingeführte Grenzzoll keinen genügenden
Ertrag liefert, so steht zu hoffe", daß die dortige Regierung einem Anschluß
an den Zollverein nicht abgeneigt sein oder doch nicht lange mehr abgeneigt
bleiben wird. Die Landstände werden durch jene Thatsache genöthigt, den sich
ergebenden Ausfall beim Grenzzoll auf die Häfen zu nehmen, wozu sie wenig
gewillt und weshalb sie bereitwilliger sein werden, einer Erhöhung des Grcnzzolls
zuzustimmen.

Ueber den Eintritt Hamburgs in den Zollverein wagen wir selbst kein
Urtheil. Doch constatiren wir, daß zahlreiche Stimmen in Schleswig-Holstein
denselben für unvermeidlich bezeichnen, sobald die Nachbarstaaten sich sämmtlich
angeschlossen haben. Der Bericht der Hamburger Freihändler dagegen giebt nur
zu. daß dann eine gewisse Annäherung stattfinden müsse, in der Hauptsache
spricht er sich ziemlich deutlich gegen jene Stimmen aus. Es heißt da ungefähr,
unbedingt würde, wenn die Herzogtümer sich dem Zollverein anschlössen, die
Stellung Hamburgs eine andere sein, als sie es diesen Augenblick sei. Aber
die Frage, wie Hamburg sich dann zu verhalte" haben dürste, sei jedenfalls
eine verfrühte. Eine jetzt anzustellende Erörterung würde mehr oder minder
eine rein theoretische sein, da diese oder jene Aenderung in den angenommenen
Verhältnissen das Ergebniß, zu dem ma" gekommen, praktisch ganz anders,
möglicherweise zu dem geraden Gegentheil gestalten könnte. Der Berichterstatter
könne es demgemäß nicht für zweckentsprechend halte", auf die Erörterung von
Eventualitäten einzugehen, die jetzt wenigstens nur Hypothesen seien, und die
schwerlich dadurch sich mehr oder minder verwirklichen würden, daß man die¬
selben mit Bestimmtheit als vollendete Thatsachen auffasse.

Wir bemerken dazu-, die Frage ist keineswegs eine verfrühte, der An¬
schluß Schleswig-Holsteins an die handelspolitische Union wird jetzt oder in
einigen Jahren so sicher und gewiß erfolgen, als Schleswig.Holstein durch
deutsche Waffen befreit worden ist, und man thut daher wohl., ihn als schon
vollendete Thatsache anzusehen und darnach seine Speculationen einzurichten.

"Der Vorstand." so fährt der Bericht fort, "ist von der Ueberzeugung
durchdrungen, daß Hamburg dem Princip der Handelsfreiheit, dem es seinen
Flor und seine Bedeutung als Welthandelsplatz verdankt, niemals ungetreu
werden darf. Er hat aber auch die Ueberzeugung, daß die deutschen Regierungen


sie demnächst einen Ausfall von solcher Bedeutung in den Staatseinkünften zu
ertragen vermag.

Sollte es möglich sein, Mecklenburg dahin zu bestimmen, daß es zur Vor¬
bereitung seines eignen Eintritts in den preußischen Zollverein zunächst eine
Zolleinigung mit Schleswig-Holstein einginge, so würde dies vorzüglich für die
Fabrikanten der Herzogtümer von großem Vortheil sein, da die Industrie in
den Großherzvgthümcr» der wendischen Krone bekanntlich noch wenig entwickelt
ist. Da der neuerdings in Mecklenburg eingeführte Grenzzoll keinen genügenden
Ertrag liefert, so steht zu hoffe», daß die dortige Regierung einem Anschluß
an den Zollverein nicht abgeneigt sein oder doch nicht lange mehr abgeneigt
bleiben wird. Die Landstände werden durch jene Thatsache genöthigt, den sich
ergebenden Ausfall beim Grenzzoll auf die Häfen zu nehmen, wozu sie wenig
gewillt und weshalb sie bereitwilliger sein werden, einer Erhöhung des Grcnzzolls
zuzustimmen.

Ueber den Eintritt Hamburgs in den Zollverein wagen wir selbst kein
Urtheil. Doch constatiren wir, daß zahlreiche Stimmen in Schleswig-Holstein
denselben für unvermeidlich bezeichnen, sobald die Nachbarstaaten sich sämmtlich
angeschlossen haben. Der Bericht der Hamburger Freihändler dagegen giebt nur
zu. daß dann eine gewisse Annäherung stattfinden müsse, in der Hauptsache
spricht er sich ziemlich deutlich gegen jene Stimmen aus. Es heißt da ungefähr,
unbedingt würde, wenn die Herzogtümer sich dem Zollverein anschlössen, die
Stellung Hamburgs eine andere sein, als sie es diesen Augenblick sei. Aber
die Frage, wie Hamburg sich dann zu verhalte» haben dürste, sei jedenfalls
eine verfrühte. Eine jetzt anzustellende Erörterung würde mehr oder minder
eine rein theoretische sein, da diese oder jene Aenderung in den angenommenen
Verhältnissen das Ergebniß, zu dem ma» gekommen, praktisch ganz anders,
möglicherweise zu dem geraden Gegentheil gestalten könnte. Der Berichterstatter
könne es demgemäß nicht für zweckentsprechend halte», auf die Erörterung von
Eventualitäten einzugehen, die jetzt wenigstens nur Hypothesen seien, und die
schwerlich dadurch sich mehr oder minder verwirklichen würden, daß man die¬
selben mit Bestimmtheit als vollendete Thatsachen auffasse.

Wir bemerken dazu-, die Frage ist keineswegs eine verfrühte, der An¬
schluß Schleswig-Holsteins an die handelspolitische Union wird jetzt oder in
einigen Jahren so sicher und gewiß erfolgen, als Schleswig.Holstein durch
deutsche Waffen befreit worden ist, und man thut daher wohl., ihn als schon
vollendete Thatsache anzusehen und darnach seine Speculationen einzurichten.

„Der Vorstand." so fährt der Bericht fort, „ist von der Ueberzeugung
durchdrungen, daß Hamburg dem Princip der Handelsfreiheit, dem es seinen
Flor und seine Bedeutung als Welthandelsplatz verdankt, niemals ungetreu
werden darf. Er hat aber auch die Ueberzeugung, daß die deutschen Regierungen


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[0498] sie demnächst einen Ausfall von solcher Bedeutung in den Staatseinkünften zu ertragen vermag. Sollte es möglich sein, Mecklenburg dahin zu bestimmen, daß es zur Vor¬ bereitung seines eignen Eintritts in den preußischen Zollverein zunächst eine Zolleinigung mit Schleswig-Holstein einginge, so würde dies vorzüglich für die Fabrikanten der Herzogtümer von großem Vortheil sein, da die Industrie in den Großherzvgthümcr» der wendischen Krone bekanntlich noch wenig entwickelt ist. Da der neuerdings in Mecklenburg eingeführte Grenzzoll keinen genügenden Ertrag liefert, so steht zu hoffe», daß die dortige Regierung einem Anschluß an den Zollverein nicht abgeneigt sein oder doch nicht lange mehr abgeneigt bleiben wird. Die Landstände werden durch jene Thatsache genöthigt, den sich ergebenden Ausfall beim Grenzzoll auf die Häfen zu nehmen, wozu sie wenig gewillt und weshalb sie bereitwilliger sein werden, einer Erhöhung des Grcnzzolls zuzustimmen. Ueber den Eintritt Hamburgs in den Zollverein wagen wir selbst kein Urtheil. Doch constatiren wir, daß zahlreiche Stimmen in Schleswig-Holstein denselben für unvermeidlich bezeichnen, sobald die Nachbarstaaten sich sämmtlich angeschlossen haben. Der Bericht der Hamburger Freihändler dagegen giebt nur zu. daß dann eine gewisse Annäherung stattfinden müsse, in der Hauptsache spricht er sich ziemlich deutlich gegen jene Stimmen aus. Es heißt da ungefähr, unbedingt würde, wenn die Herzogtümer sich dem Zollverein anschlössen, die Stellung Hamburgs eine andere sein, als sie es diesen Augenblick sei. Aber die Frage, wie Hamburg sich dann zu verhalte» haben dürste, sei jedenfalls eine verfrühte. Eine jetzt anzustellende Erörterung würde mehr oder minder eine rein theoretische sein, da diese oder jene Aenderung in den angenommenen Verhältnissen das Ergebniß, zu dem ma» gekommen, praktisch ganz anders, möglicherweise zu dem geraden Gegentheil gestalten könnte. Der Berichterstatter könne es demgemäß nicht für zweckentsprechend halte», auf die Erörterung von Eventualitäten einzugehen, die jetzt wenigstens nur Hypothesen seien, und die schwerlich dadurch sich mehr oder minder verwirklichen würden, daß man die¬ selben mit Bestimmtheit als vollendete Thatsachen auffasse. Wir bemerken dazu-, die Frage ist keineswegs eine verfrühte, der An¬ schluß Schleswig-Holsteins an die handelspolitische Union wird jetzt oder in einigen Jahren so sicher und gewiß erfolgen, als Schleswig.Holstein durch deutsche Waffen befreit worden ist, und man thut daher wohl., ihn als schon vollendete Thatsache anzusehen und darnach seine Speculationen einzurichten. „Der Vorstand." so fährt der Bericht fort, „ist von der Ueberzeugung durchdrungen, daß Hamburg dem Princip der Handelsfreiheit, dem es seinen Flor und seine Bedeutung als Welthandelsplatz verdankt, niemals ungetreu werden darf. Er hat aber auch die Ueberzeugung, daß die deutschen Regierungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/498>, abgerufen am 03.07.2024.