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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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Schleswig-Holstein von dem reichen Hinterkante trennen, das Einströmen deut¬
schen Kapitals, das Wvhlfeilerwerden der meisten Fabrikerzeugnisse und die
Weckung der industriellen Thätigkeit einesteils durch die Concurrenz Einwan¬
dernder vom Süden, anderntheils durch den Kanal zwischen Nord- und Ostsee, wel¬
cher der gewerblichen Physiognomie des Landes eine wesentlich andere Form
geben muß, und welcher ohne Anschluß an die handelspolitische Union Deutsch¬
lands kaum zu denken ist.

Wenn der Bericht sodann, um zu zeigen, welche Nachtheile die Herzog-
thümer durch den höhern und schutzzöllnerischen Tarif des Zollvereins er¬
leiden müssen, zunächst behauptet, daß von den zehn Hauptarlikcln der Ein¬
fuhr "Zucker, Kaffee, Wein, Tabak und Eisen unbedingt solche sind, welche auf
die Production eines Agriculturstaats wie Schleswig-Holstein den größten Ein¬
fluß ausüben", so vergißt er, den Beweis dafür zu liefern. Eisen? gewiß,
aber wie steht es mit Zucker und Kaffee, und wie mit Wein und Tabak? Die
Antwort ist Schweigen, oder soll uns das "unbedingt" imponiren? Die Zollsätze
sind für diese Artikel allerdings im Zollverein bedeutend höher. Sie betragen für
Zucker hier per Centner 4'/", in Schleswig-Holstein dagegen nur 2 Thlr.. für
Kaffee im Zollverein per Centner 5, in Schleswig-Holstein 2'/" Thlr., für Wein per
Oxhoft 20, in Schleswig-Holstein 11'/" Thlr., für Tabak im Zollverein per
Centner 4, 11 und 20 Thlr., in Schleswig-Holstein l'/g. 4'/-, 6 Thlr. 8 Sgl.
und 25 Thlr., für Eisen im Zollverein per Centner 7'/-, 2S Tgl., IV" und
1^ Thlr., in Schleswig-Holstein 0. 9 Sgl. und 1 Thlr. Daß aber auch der
Konsum dieser Artikel in Schleswig-Holstein beträchtlich stärker ist als im Zoll¬
verein, wird nur von Zucker, Kaffee und Tabak nachgewiesen*), von Wein und
vor allem von Eisen nicht, in Betreff dessen allein die obenangeführte Behaup¬
tung des Berichts keiner eigentlichen Begründung bedarf.

Damit möge der Bericht der Hamburger Freihändler vorläufig auf sich be¬
ruhen, und wir gehen nun an eine von nur unabhängige Prüfung der Sache. An
die Spitze stellen wir den Satz: Der Anschluß beider Herzogthümer,
also ganz Schleswig-Holsteins, mit den zollverbündeten oldenburgischen, ham¬
burgischen und lübcckschcn Enclaven empfiehlt sich aus politischen wie
aus nationalökonomischen Gründen, darüber kann ein ernstlicher Zwei¬
fel nicht obwalten.

Aus politischen -- das giebt selbst das Organ des bornirtesten Parti-
cularismus. die "Schleswig-Holsteinische Zeitung" zu. Der Zollverein ist das



Im Zollverein.
1854/62.
g.00 Pfd.
3.50 .,
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Schleswig-Holstein von dem reichen Hinterkante trennen, das Einströmen deut¬
schen Kapitals, das Wvhlfeilerwerden der meisten Fabrikerzeugnisse und die
Weckung der industriellen Thätigkeit einesteils durch die Concurrenz Einwan¬
dernder vom Süden, anderntheils durch den Kanal zwischen Nord- und Ostsee, wel¬
cher der gewerblichen Physiognomie des Landes eine wesentlich andere Form
geben muß, und welcher ohne Anschluß an die handelspolitische Union Deutsch¬
lands kaum zu denken ist.

Wenn der Bericht sodann, um zu zeigen, welche Nachtheile die Herzog-
thümer durch den höhern und schutzzöllnerischen Tarif des Zollvereins er¬
leiden müssen, zunächst behauptet, daß von den zehn Hauptarlikcln der Ein¬
fuhr „Zucker, Kaffee, Wein, Tabak und Eisen unbedingt solche sind, welche auf
die Production eines Agriculturstaats wie Schleswig-Holstein den größten Ein¬
fluß ausüben", so vergißt er, den Beweis dafür zu liefern. Eisen? gewiß,
aber wie steht es mit Zucker und Kaffee, und wie mit Wein und Tabak? Die
Antwort ist Schweigen, oder soll uns das „unbedingt" imponiren? Die Zollsätze
sind für diese Artikel allerdings im Zollverein bedeutend höher. Sie betragen für
Zucker hier per Centner 4'/», in Schleswig-Holstein dagegen nur 2 Thlr.. für
Kaffee im Zollverein per Centner 5, in Schleswig-Holstein 2'/» Thlr., für Wein per
Oxhoft 20, in Schleswig-Holstein 11'/« Thlr., für Tabak im Zollverein per
Centner 4, 11 und 20 Thlr., in Schleswig-Holstein l'/g. 4'/-, 6 Thlr. 8 Sgl.
und 25 Thlr., für Eisen im Zollverein per Centner 7'/-, 2S Tgl., IV« und
1^ Thlr., in Schleswig-Holstein 0. 9 Sgl. und 1 Thlr. Daß aber auch der
Konsum dieser Artikel in Schleswig-Holstein beträchtlich stärker ist als im Zoll¬
verein, wird nur von Zucker, Kaffee und Tabak nachgewiesen*), von Wein und
vor allem von Eisen nicht, in Betreff dessen allein die obenangeführte Behaup¬
tung des Berichts keiner eigentlichen Begründung bedarf.

Damit möge der Bericht der Hamburger Freihändler vorläufig auf sich be¬
ruhen, und wir gehen nun an eine von nur unabhängige Prüfung der Sache. An
die Spitze stellen wir den Satz: Der Anschluß beider Herzogthümer,
also ganz Schleswig-Holsteins, mit den zollverbündeten oldenburgischen, ham¬
burgischen und lübcckschcn Enclaven empfiehlt sich aus politischen wie
aus nationalökonomischen Gründen, darüber kann ein ernstlicher Zwei¬
fel nicht obwalten.

Aus politischen — das giebt selbst das Organ des bornirtesten Parti-
cularismus. die „Schleswig-Holsteinische Zeitung" zu. Der Zollverein ist das



Im Zollverein.
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[0487] Schleswig-Holstein von dem reichen Hinterkante trennen, das Einströmen deut¬ schen Kapitals, das Wvhlfeilerwerden der meisten Fabrikerzeugnisse und die Weckung der industriellen Thätigkeit einesteils durch die Concurrenz Einwan¬ dernder vom Süden, anderntheils durch den Kanal zwischen Nord- und Ostsee, wel¬ cher der gewerblichen Physiognomie des Landes eine wesentlich andere Form geben muß, und welcher ohne Anschluß an die handelspolitische Union Deutsch¬ lands kaum zu denken ist. Wenn der Bericht sodann, um zu zeigen, welche Nachtheile die Herzog- thümer durch den höhern und schutzzöllnerischen Tarif des Zollvereins er¬ leiden müssen, zunächst behauptet, daß von den zehn Hauptarlikcln der Ein¬ fuhr „Zucker, Kaffee, Wein, Tabak und Eisen unbedingt solche sind, welche auf die Production eines Agriculturstaats wie Schleswig-Holstein den größten Ein¬ fluß ausüben", so vergißt er, den Beweis dafür zu liefern. Eisen? gewiß, aber wie steht es mit Zucker und Kaffee, und wie mit Wein und Tabak? Die Antwort ist Schweigen, oder soll uns das „unbedingt" imponiren? Die Zollsätze sind für diese Artikel allerdings im Zollverein bedeutend höher. Sie betragen für Zucker hier per Centner 4'/», in Schleswig-Holstein dagegen nur 2 Thlr.. für Kaffee im Zollverein per Centner 5, in Schleswig-Holstein 2'/» Thlr., für Wein per Oxhoft 20, in Schleswig-Holstein 11'/« Thlr., für Tabak im Zollverein per Centner 4, 11 und 20 Thlr., in Schleswig-Holstein l'/g. 4'/-, 6 Thlr. 8 Sgl. und 25 Thlr., für Eisen im Zollverein per Centner 7'/-, 2S Tgl., IV« und 1^ Thlr., in Schleswig-Holstein 0. 9 Sgl. und 1 Thlr. Daß aber auch der Konsum dieser Artikel in Schleswig-Holstein beträchtlich stärker ist als im Zoll¬ verein, wird nur von Zucker, Kaffee und Tabak nachgewiesen*), von Wein und vor allem von Eisen nicht, in Betreff dessen allein die obenangeführte Behaup¬ tung des Berichts keiner eigentlichen Begründung bedarf. Damit möge der Bericht der Hamburger Freihändler vorläufig auf sich be¬ ruhen, und wir gehen nun an eine von nur unabhängige Prüfung der Sache. An die Spitze stellen wir den Satz: Der Anschluß beider Herzogthümer, also ganz Schleswig-Holsteins, mit den zollverbündeten oldenburgischen, ham¬ burgischen und lübcckschcn Enclaven empfiehlt sich aus politischen wie aus nationalökonomischen Gründen, darüber kann ein ernstlicher Zwei¬ fel nicht obwalten. Aus politischen — das giebt selbst das Organ des bornirtesten Parti- cularismus. die „Schleswig-Holsteinische Zeitung" zu. Der Zollverein ist das Im Zollverein. 1854/62. g.00 Pfd. 3.50 ., 2,05 ,. 61"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/487>, abgerufen am 22.07.2024.