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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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was nach Berechnung der jetzigen zollpflichtigen Bevölkerung für die herzog¬
lichen Kassen einen jährlichen Ausfall von weit über eine Million preußischer
Thaler gleichkommen würde, daß ferner das Land, zumal bei der ihm drohenden
Belastung mit Schulden, diesen Ausfall durch Erhöhung der jetzigen directen
Besteuerung nicht zu decken vermag, und daß derselbe ihm daher durch Gewäh¬
rung eines PräcipuumS ersetzt werden muß.

Als eine nicht genügend motivirte Vermuthung dagegen muß es angesehen
werden, wenn der Bericht meint, der Zollverein werde ein solches Präcipuum
nicht gewähren, und mindestens ebenso gewagt ist die Behauptung, wenn aus
Grund dieses Zugeständnisses der Anschluß an den Verein erfolgte, so hieße
das, da el" derartiges Zugeständnis; nur auf die Dauer der jetzigen Zollvcreins-
verträge bewilligt werden könnte, "die finanzielle Zukunft der Herzogthümer
auf eine höchst precäre Zukunft stellen". Mit jedem Jahre wird die Finanzlage
Schleswig-Holsteins durch Abträge von der Staatsschuld sich verbessern, und
überdies würde nach Ablauf der gegenwärtig neu abgeschlossenen Zollvereins-
vcrträge, also nach zwölf Jahren, Schleswig-Holstein, wie andere Glieder des
Vereins, die ein Präcipuum genießen, das steche haben, seine Mitgliedschaft
zu kündigen, wenn es sein Präcipuum verlieren sollte oder wenn der Berein
nicht, wie mit Sicherheit zu erwarten, sich zur Annahme eines noch mehr als
jetzt dem Freihandel sich nähernden und für die Kasse der Herzogthümer ein¬
träglicheren Zollsystems entschlösse.

Richtig ist ferner, wenn wir zu den aus dem Bereich der Volkswirthschaft
geschöpften Gründen des Berichts gegen den Anschluß Schleswig-Holsteins an
den Zollverein übergehen, daß die Herzogthümer vorzugsweise auf die Land-
wirthschaft angewiesen sind, und daß ihre Lage auf einer schmalen, von zwei
Meeren bespülten Halbinsel sie für den Absal, ihrer Producte hauptsächlich auf
das Ausland verweist. Richtig, daß der Zwischenverkehr derselben nicht in der
Richtung nach dem Innern von Deutschland, sondern nach dem Norden liegt,
ebenfalls richtig, daß als Einfuhrhäfen für die innern Theile des Zollvereins
weder die Schleswig-holsteinischen Häfen a" der Nordsee gegenüber der Concur-
renz von Hamburg und Bremen, noch diejenigen an der Ostsee gegenüber der
Evncurrenz von Stettin, Danzig, Memel und Königsberg auszukommen im
Stande sein werden; die größere Entfernung auf dem Landwege von den Haupt¬
verkehrsplätzen des Zollvereins ist in dieser Beziehung für die Häfen der Her¬
zogthümer wirklich eine nicht zu überwindende Schwierigkeit. Wenn der Be¬
richt aber darauf hin behauptet,- der Gewinn, der Schleswig-Holstein durch den
freien Verkehr mit dem Zollverein erwachsen würde, könnte kein sehr bedeuten¬
der genannt werden, so macht er sich der Kurzsichtigkeit schuldig oder, was
schlimmer, er verschweigt absichtlich die großen volkswirtschaftlichen Vortheile,
welche die Niederreißung der Zollschranken im Gefolge haben wird, die


was nach Berechnung der jetzigen zollpflichtigen Bevölkerung für die herzog¬
lichen Kassen einen jährlichen Ausfall von weit über eine Million preußischer
Thaler gleichkommen würde, daß ferner das Land, zumal bei der ihm drohenden
Belastung mit Schulden, diesen Ausfall durch Erhöhung der jetzigen directen
Besteuerung nicht zu decken vermag, und daß derselbe ihm daher durch Gewäh¬
rung eines PräcipuumS ersetzt werden muß.

Als eine nicht genügend motivirte Vermuthung dagegen muß es angesehen
werden, wenn der Bericht meint, der Zollverein werde ein solches Präcipuum
nicht gewähren, und mindestens ebenso gewagt ist die Behauptung, wenn aus
Grund dieses Zugeständnisses der Anschluß an den Verein erfolgte, so hieße
das, da el» derartiges Zugeständnis; nur auf die Dauer der jetzigen Zollvcreins-
verträge bewilligt werden könnte, „die finanzielle Zukunft der Herzogthümer
auf eine höchst precäre Zukunft stellen". Mit jedem Jahre wird die Finanzlage
Schleswig-Holsteins durch Abträge von der Staatsschuld sich verbessern, und
überdies würde nach Ablauf der gegenwärtig neu abgeschlossenen Zollvereins-
vcrträge, also nach zwölf Jahren, Schleswig-Holstein, wie andere Glieder des
Vereins, die ein Präcipuum genießen, das steche haben, seine Mitgliedschaft
zu kündigen, wenn es sein Präcipuum verlieren sollte oder wenn der Berein
nicht, wie mit Sicherheit zu erwarten, sich zur Annahme eines noch mehr als
jetzt dem Freihandel sich nähernden und für die Kasse der Herzogthümer ein¬
träglicheren Zollsystems entschlösse.

Richtig ist ferner, wenn wir zu den aus dem Bereich der Volkswirthschaft
geschöpften Gründen des Berichts gegen den Anschluß Schleswig-Holsteins an
den Zollverein übergehen, daß die Herzogthümer vorzugsweise auf die Land-
wirthschaft angewiesen sind, und daß ihre Lage auf einer schmalen, von zwei
Meeren bespülten Halbinsel sie für den Absal, ihrer Producte hauptsächlich auf
das Ausland verweist. Richtig, daß der Zwischenverkehr derselben nicht in der
Richtung nach dem Innern von Deutschland, sondern nach dem Norden liegt,
ebenfalls richtig, daß als Einfuhrhäfen für die innern Theile des Zollvereins
weder die Schleswig-holsteinischen Häfen a» der Nordsee gegenüber der Concur-
renz von Hamburg und Bremen, noch diejenigen an der Ostsee gegenüber der
Evncurrenz von Stettin, Danzig, Memel und Königsberg auszukommen im
Stande sein werden; die größere Entfernung auf dem Landwege von den Haupt¬
verkehrsplätzen des Zollvereins ist in dieser Beziehung für die Häfen der Her¬
zogthümer wirklich eine nicht zu überwindende Schwierigkeit. Wenn der Be¬
richt aber darauf hin behauptet,- der Gewinn, der Schleswig-Holstein durch den
freien Verkehr mit dem Zollverein erwachsen würde, könnte kein sehr bedeuten¬
der genannt werden, so macht er sich der Kurzsichtigkeit schuldig oder, was
schlimmer, er verschweigt absichtlich die großen volkswirtschaftlichen Vortheile,
welche die Niederreißung der Zollschranken im Gefolge haben wird, die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/486>, abgerufen am 03.07.2024.