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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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Zwangsmaßregeln an den v'iderwilligen Abgesandten und Dank der Energie
Buchs, der in die Festung gesandt wird, kommt man zum Ziele. Als die
Schweden Klage führen über die Znrückbchaltung ihrer Unterhändler, die man
ausdrücklich Verlangt und denen der Herzog von Holstein seine Kalesche geschickt
habe, antwortet dieser: "Wenn die ganze Besatzung auf gleiche Weise heraus¬
wolle, würde er ihnen alle Karossen und Kaleschen der Armee senden." Als
Buch gegen 10 Uhr Abends ins Lager zurückkehrte, fand er den Kurfürsten und
seine Gemahlin schon zu Bett; er aber nahm einen Leuchter, setzte sich davor
und las die Kapitulation, auf Grund deren am 20. August, einem Sonntage,
der Kurfürst seinen Einzug hielt. Das deutsche Regiment von Heidebreck. das
laut kaiserlicher Avocation nicht mehr für Schweden dienen durste, legte dem Kur¬
fürst seine Fahnen zu Füßen.

Unter gleichen Bedingungen wie Anklam capitulirt vier Wochen später
Demmin, das Coop und der Herzog von Holstein zwingen. Mittlerweile ist der
Kurfürst schon vor Stettin gerückt. Schwerin thut das Seinige. um das Fahr¬
wasser der Oder unzugänglich zu machen. Die Aufnahme der Hauptarbeit wird
aber durch die Jahreszeit verhindert, welche nöthigt, es vorläufig bei der Ccr-
nirung des Platzes bewenden zu lassen.

Ueber diese letzteren Bvrgänge berichtet Buch nicht, da er noch im August
von Löcknitz aus den Hilfstruppen des Herzogs von Celle und des Bischofs
von Münster mit Depeschen entgegengeschickt worden war. Er machte bei dieser
Gelegenheit auf eignen Antrieb einen Abstecher nach Hamburg und fand die
Stimmung dort wie sie zu allen Zeiten und unter jeglichem Aspect gefunden
worden ist: nur für den Frieden eingenommen; dazu starke Sympathien für die
Schweden, vermuthlich weil man ihrer starken Faust eingedenk war, aber wenig
Neigung für Brandenburg. Buch traf damals außer mehren andern interessan¬
ten Persönlichkeiten auch den Herzog von Holstein-Gvttorp dort an, der durch
den König von Dänemark aus seinen Landen vertrieben war. aber als Trost
das Versprechen des Königs von England bei sich trug, ihn um jeden Preis
zu rehabilitiren. Bei andrer Gelegenheit erzählt Buch, der Herzog habe, als
ihm Major Walter den Borschlag des Königs von Dänemark überbrachte, in
sein Land wieder eingesetzt zu werden, wenn er die rendsburger Stipulationen
annähme, diesem entgegnet, daß er denjenigen, der dem Könige den Borschlag
gemacht hätte, die Schleifung der Festungswerke von Tönning zu verlangen, für
einen gemeinen Kerl halten müsse. Der Abgesandte schlägt an seinen Degen
und erwiedert: wer ihn für den Urheber dieses Rathschlags ansahe, den erkläre
er seinerseits für einen unanständigen Menschen; worauf sich auf die Klage des
Herzogs über seine Verlassenheit ein Major Nantzau erbietet, sich für ihn zu
schlagen; es wurde jedoch nichts daraus. -- Einige Tage nach seiner Anwesen¬
heit in Hamburg war Buch Zeuge des militärischen Schutzes, den der General-


Zwangsmaßregeln an den v'iderwilligen Abgesandten und Dank der Energie
Buchs, der in die Festung gesandt wird, kommt man zum Ziele. Als die
Schweden Klage führen über die Znrückbchaltung ihrer Unterhändler, die man
ausdrücklich Verlangt und denen der Herzog von Holstein seine Kalesche geschickt
habe, antwortet dieser: „Wenn die ganze Besatzung auf gleiche Weise heraus¬
wolle, würde er ihnen alle Karossen und Kaleschen der Armee senden." Als
Buch gegen 10 Uhr Abends ins Lager zurückkehrte, fand er den Kurfürsten und
seine Gemahlin schon zu Bett; er aber nahm einen Leuchter, setzte sich davor
und las die Kapitulation, auf Grund deren am 20. August, einem Sonntage,
der Kurfürst seinen Einzug hielt. Das deutsche Regiment von Heidebreck. das
laut kaiserlicher Avocation nicht mehr für Schweden dienen durste, legte dem Kur¬
fürst seine Fahnen zu Füßen.

Unter gleichen Bedingungen wie Anklam capitulirt vier Wochen später
Demmin, das Coop und der Herzog von Holstein zwingen. Mittlerweile ist der
Kurfürst schon vor Stettin gerückt. Schwerin thut das Seinige. um das Fahr¬
wasser der Oder unzugänglich zu machen. Die Aufnahme der Hauptarbeit wird
aber durch die Jahreszeit verhindert, welche nöthigt, es vorläufig bei der Ccr-
nirung des Platzes bewenden zu lassen.

Ueber diese letzteren Bvrgänge berichtet Buch nicht, da er noch im August
von Löcknitz aus den Hilfstruppen des Herzogs von Celle und des Bischofs
von Münster mit Depeschen entgegengeschickt worden war. Er machte bei dieser
Gelegenheit auf eignen Antrieb einen Abstecher nach Hamburg und fand die
Stimmung dort wie sie zu allen Zeiten und unter jeglichem Aspect gefunden
worden ist: nur für den Frieden eingenommen; dazu starke Sympathien für die
Schweden, vermuthlich weil man ihrer starken Faust eingedenk war, aber wenig
Neigung für Brandenburg. Buch traf damals außer mehren andern interessan¬
ten Persönlichkeiten auch den Herzog von Holstein-Gvttorp dort an, der durch
den König von Dänemark aus seinen Landen vertrieben war. aber als Trost
das Versprechen des Königs von England bei sich trug, ihn um jeden Preis
zu rehabilitiren. Bei andrer Gelegenheit erzählt Buch, der Herzog habe, als
ihm Major Walter den Borschlag des Königs von Dänemark überbrachte, in
sein Land wieder eingesetzt zu werden, wenn er die rendsburger Stipulationen
annähme, diesem entgegnet, daß er denjenigen, der dem Könige den Borschlag
gemacht hätte, die Schleifung der Festungswerke von Tönning zu verlangen, für
einen gemeinen Kerl halten müsse. Der Abgesandte schlägt an seinen Degen
und erwiedert: wer ihn für den Urheber dieses Rathschlags ansahe, den erkläre
er seinerseits für einen unanständigen Menschen; worauf sich auf die Klage des
Herzogs über seine Verlassenheit ein Major Nantzau erbietet, sich für ihn zu
schlagen; es wurde jedoch nichts daraus. — Einige Tage nach seiner Anwesen¬
heit in Hamburg war Buch Zeuge des militärischen Schutzes, den der General-


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[0466] Zwangsmaßregeln an den v'iderwilligen Abgesandten und Dank der Energie Buchs, der in die Festung gesandt wird, kommt man zum Ziele. Als die Schweden Klage führen über die Znrückbchaltung ihrer Unterhändler, die man ausdrücklich Verlangt und denen der Herzog von Holstein seine Kalesche geschickt habe, antwortet dieser: „Wenn die ganze Besatzung auf gleiche Weise heraus¬ wolle, würde er ihnen alle Karossen und Kaleschen der Armee senden." Als Buch gegen 10 Uhr Abends ins Lager zurückkehrte, fand er den Kurfürsten und seine Gemahlin schon zu Bett; er aber nahm einen Leuchter, setzte sich davor und las die Kapitulation, auf Grund deren am 20. August, einem Sonntage, der Kurfürst seinen Einzug hielt. Das deutsche Regiment von Heidebreck. das laut kaiserlicher Avocation nicht mehr für Schweden dienen durste, legte dem Kur¬ fürst seine Fahnen zu Füßen. Unter gleichen Bedingungen wie Anklam capitulirt vier Wochen später Demmin, das Coop und der Herzog von Holstein zwingen. Mittlerweile ist der Kurfürst schon vor Stettin gerückt. Schwerin thut das Seinige. um das Fahr¬ wasser der Oder unzugänglich zu machen. Die Aufnahme der Hauptarbeit wird aber durch die Jahreszeit verhindert, welche nöthigt, es vorläufig bei der Ccr- nirung des Platzes bewenden zu lassen. Ueber diese letzteren Bvrgänge berichtet Buch nicht, da er noch im August von Löcknitz aus den Hilfstruppen des Herzogs von Celle und des Bischofs von Münster mit Depeschen entgegengeschickt worden war. Er machte bei dieser Gelegenheit auf eignen Antrieb einen Abstecher nach Hamburg und fand die Stimmung dort wie sie zu allen Zeiten und unter jeglichem Aspect gefunden worden ist: nur für den Frieden eingenommen; dazu starke Sympathien für die Schweden, vermuthlich weil man ihrer starken Faust eingedenk war, aber wenig Neigung für Brandenburg. Buch traf damals außer mehren andern interessan¬ ten Persönlichkeiten auch den Herzog von Holstein-Gvttorp dort an, der durch den König von Dänemark aus seinen Landen vertrieben war. aber als Trost das Versprechen des Königs von England bei sich trug, ihn um jeden Preis zu rehabilitiren. Bei andrer Gelegenheit erzählt Buch, der Herzog habe, als ihm Major Walter den Borschlag des Königs von Dänemark überbrachte, in sein Land wieder eingesetzt zu werden, wenn er die rendsburger Stipulationen annähme, diesem entgegnet, daß er denjenigen, der dem Könige den Borschlag gemacht hätte, die Schleifung der Festungswerke von Tönning zu verlangen, für einen gemeinen Kerl halten müsse. Der Abgesandte schlägt an seinen Degen und erwiedert: wer ihn für den Urheber dieses Rathschlags ansahe, den erkläre er seinerseits für einen unanständigen Menschen; worauf sich auf die Klage des Herzogs über seine Verlassenheit ein Major Nantzau erbietet, sich für ihn zu schlagen; es wurde jedoch nichts daraus. — Einige Tage nach seiner Anwesen¬ heit in Hamburg war Buch Zeuge des militärischen Schutzes, den der General-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/466>, abgerufen am 03.07.2024.