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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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theidigten Tribsees an der sumpfigen Trebel freien Paß auf schwedisch Pom¬
mern. Dieser glückliche Schlag macht der bedrängten Besatzung Wolgasts end¬
lich Luft, die sich schon durch Brod aus Mehl mit Hecksel hatte fristen müssen.
Die Schweden räumen Usedom in größter Hast und Schwerin entsetzt die
Feste. Der Plan des combinirten Angriffs von Seiten des Kurfürsten, Hallards
und Schwerins je von ihren Standorten aus auf die starke peenemünder Schanze
gelingt schnell und schon im Juli rückt das Hauptcorps zur Belagerung An-
tlams. Hier setzt's harte Arbeit bei starker Gegenwehr. Der Versuch zum
Ueberfall des brandenburgischen Lagers von Greifswald aus wird vom Prinz
von Homburg mit glänzendem Erfolg zurückgewiesen. Dabei wäre Graf Königs¬
mark selbst beinahe ums Leben gekommen; ein brandenburgischer Reiter hatte
ihm die Pistole schon auf die Brust gesetzt, aber der Schuß versagte. Bon
seinen Verbündeten gedrängt, entschließt sich der Kurfürst am 16. August Nach¬
mittags offenbar zu zeitig und gegen die Meinung der Generäle zum Sturm.
Unter den Brücke", die an den Graben vorgeschoben werden sollten, brechen die
Räder, so daß sie ihre Bestimmung nicht erfüllen konnten. Die Ausfallsgräben
waren noch wenig vorwärts gediehen; auch fehlte an einer schlimmen Stelle,
dem Hornwerk. der Waffenplatz zur Unterstützung der stürmenden. So kam
es. daß während Graf Schöning seine Leute allerdings bis vor die Pallisaden
am Ravelin brachte, auf jener andern Seite mit seinen Erfolgen nicht Schritt
gehalten werden konnte. Die Leute konnten den Graben mit ihren Faschinen
nicht gehörig ausfüllen und wurden infolge des Aufenthalts, der dadurch ent¬
stand, bequeme Zielscheiben für den Feind; sie werden daher sehr stark gelich¬
tet; die Wenigen, die wirklich hinübcrgehn, konnten nicht unterstützt werden.
Auch Schöning verliert nicht blos, fast seine ganze erste Mannschaft, sondern
auch den Ersatz. Als die Unmöglichkeit des Gelingens klar ist, wird Buch ab¬
gesandt, um dem General Götze den Befehl zum Rückzug zu überbringen. Er
wadet durch die hoch mit Koth angefüllten Approchen. Als er auf dem Wege
eine Weile verschnaufen will, wird er von einem Offizier bedeutet, den Platz,
auf dem er sich niedergesetzt hat. zu verlassen, weil kurz zuvor daselbst Einer er¬
schossen sei. Der Warner aber, zu dem er darauf heranrückt, wird in der näch¬
sten halben Stunde selbst getödtet. Die Kurfürstin, welche mit im Lager war.
beobachtete in männlicher Unerschrockenheit wetteifernd mit der Prinzeß von Hom¬
burg den unglücklichen Sturm von der ihr zu Ehren "Dorotheenpost" genannten
Batterie aus; sie laßt sich eine Kanone aus der Lücke ziehn. um deutlicher sehen
M können und ist eine Weile dort internirt. da die über ihren Kopf hersau¬
senden Kugeln den Rückweg verwehren.

Der erste Anlauf war sonach zwar gänzlich mißlungen, hatte jedoch den
Belagerten jedenfalls neuen Respect vor der brandenburgischen Bravour einge¬
flößt; denn am andern Abend begehrten sie Unterhandlung. Aber erst durch


theidigten Tribsees an der sumpfigen Trebel freien Paß auf schwedisch Pom¬
mern. Dieser glückliche Schlag macht der bedrängten Besatzung Wolgasts end¬
lich Luft, die sich schon durch Brod aus Mehl mit Hecksel hatte fristen müssen.
Die Schweden räumen Usedom in größter Hast und Schwerin entsetzt die
Feste. Der Plan des combinirten Angriffs von Seiten des Kurfürsten, Hallards
und Schwerins je von ihren Standorten aus auf die starke peenemünder Schanze
gelingt schnell und schon im Juli rückt das Hauptcorps zur Belagerung An-
tlams. Hier setzt's harte Arbeit bei starker Gegenwehr. Der Versuch zum
Ueberfall des brandenburgischen Lagers von Greifswald aus wird vom Prinz
von Homburg mit glänzendem Erfolg zurückgewiesen. Dabei wäre Graf Königs¬
mark selbst beinahe ums Leben gekommen; ein brandenburgischer Reiter hatte
ihm die Pistole schon auf die Brust gesetzt, aber der Schuß versagte. Bon
seinen Verbündeten gedrängt, entschließt sich der Kurfürst am 16. August Nach¬
mittags offenbar zu zeitig und gegen die Meinung der Generäle zum Sturm.
Unter den Brücke», die an den Graben vorgeschoben werden sollten, brechen die
Räder, so daß sie ihre Bestimmung nicht erfüllen konnten. Die Ausfallsgräben
waren noch wenig vorwärts gediehen; auch fehlte an einer schlimmen Stelle,
dem Hornwerk. der Waffenplatz zur Unterstützung der stürmenden. So kam
es. daß während Graf Schöning seine Leute allerdings bis vor die Pallisaden
am Ravelin brachte, auf jener andern Seite mit seinen Erfolgen nicht Schritt
gehalten werden konnte. Die Leute konnten den Graben mit ihren Faschinen
nicht gehörig ausfüllen und wurden infolge des Aufenthalts, der dadurch ent¬
stand, bequeme Zielscheiben für den Feind; sie werden daher sehr stark gelich¬
tet; die Wenigen, die wirklich hinübcrgehn, konnten nicht unterstützt werden.
Auch Schöning verliert nicht blos, fast seine ganze erste Mannschaft, sondern
auch den Ersatz. Als die Unmöglichkeit des Gelingens klar ist, wird Buch ab¬
gesandt, um dem General Götze den Befehl zum Rückzug zu überbringen. Er
wadet durch die hoch mit Koth angefüllten Approchen. Als er auf dem Wege
eine Weile verschnaufen will, wird er von einem Offizier bedeutet, den Platz,
auf dem er sich niedergesetzt hat. zu verlassen, weil kurz zuvor daselbst Einer er¬
schossen sei. Der Warner aber, zu dem er darauf heranrückt, wird in der näch¬
sten halben Stunde selbst getödtet. Die Kurfürstin, welche mit im Lager war.
beobachtete in männlicher Unerschrockenheit wetteifernd mit der Prinzeß von Hom¬
burg den unglücklichen Sturm von der ihr zu Ehren „Dorotheenpost" genannten
Batterie aus; sie laßt sich eine Kanone aus der Lücke ziehn. um deutlicher sehen
M können und ist eine Weile dort internirt. da die über ihren Kopf hersau¬
senden Kugeln den Rückweg verwehren.

Der erste Anlauf war sonach zwar gänzlich mißlungen, hatte jedoch den
Belagerten jedenfalls neuen Respect vor der brandenburgischen Bravour einge¬
flößt; denn am andern Abend begehrten sie Unterhandlung. Aber erst durch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/465>, abgerufen am 22.07.2024.