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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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Beauregard bei Manassas Junction concentrirt mit Detachirung eines Corps
unter Johnston gegen Patterson bei Hcupcrsferry. verhielt sich ebenso passiv.
Offenbar trug der Mangel an Kriegslust zu dieser beiderseitigen Unthätigkeit
ebensoviel bei wie die Scheu, es überhaupt zu einer Schlacht, zu einem
ersten öffentlichen Dokument des großen Bruderhasses kommen zu lassen. Diesem
Zustande aber machte der Zusammentritt des Congresses in Washington am
4. Juli ein Ende. Der Ort war das Feldlager der Hauptarmee und niemand
konnte sich in demselben aufhalten, ohne von der Indisciplin der Soldaten
aller Grade in allen Richtungen verlebt zu werden. Nur durch eine Bewegung
der Armee konnte die Stadt befreit werden; auch schien es den Kongreßmit¬
gliedern nur einer kriegerischen Thätigkeit zu bedürfen, um hre Wogen der
Leidenschaften, welche sich jetzt in Excessen ergossen, im Interesse der Union zu
verwerthen. Zu diesen treibenden Elementen trat noch, daß die Dienstzeit der
auf drei Monate einberufenen Freiwilligen mit dem letzten Drittel des Monats
zu Ende ging und man also rasch handeln mußte, wenn man überhaupt von
ihrer Einberufung Nutzen ziehen wollte. Die Regimenter aus Massachusetts
kehrten bereits am 15. Juli, ohne sich mit dem Feinde gemessen zu haben, in
ihre Heimath zurück.

Niemand war von dieser Unthätigkeit der Hauptarmee aber mehr überrascht,
als die Abgeordneten der Weststaatcn, deren Truppen wir in steten Gefechten
in Missouri und in Westvirginien Verlassen haben. Sie hatten infolge
der Ausscheidung des Südens und vermöge ihrer Einhelligkeit mit den Abge¬
ordneten der großen Städte des Nordens zum ersten Mal seit Bestehen dieser
Staaten die leitende Majorität und waren nicht geneigt, den curmal begonne¬
nen Kampf, der ihre Herrschaft gründen sollte, fallen zu lassen. Daher be¬
willigte der Kongreß am 10. Juli der Regierung zur energischen Fortführung
des Krieges eine Anleihe von 250 Millionen Dollars und eine neue Aushebung
von 500,000 Freiwilligen, bestimmte aber auch, daß kein Offizier der u> Dienst
stehenden Truppen Glied des Congresses sein dürfte. Es ist dies der Anfaiig
von Mahregeln, welche die Sorge vor der Soldatenherrschaft aussprechen und
welche in allen organisatorischen Bestimmungen des Nordens dergestalt hervor¬
treten, daß die Entwicklung der Armee darunter leidet. Die Kriegslust des
Kongresses trieb denn auch den Gi. Scott zur Action. Gi. Dvwcll erhielt den
Befehl, mit seinen Truppen den Gegner bei Manassas Junction anzugreifen,
während General Patterson den ihm gegenüberstehenden Johnston festhalten
sollte. Am 15. Juli concentrirte sich Mac Dowell, während Patterson über den
Potomac ging und mit der Avantgarde bei Bunkershill auf den Feind traf.
Der Gegner zeigte sich überlegen. zumal durch die Kavallerie des K. Gif. Stuart.
welche de-n Truppen Respect einflößte. Patterson mußte auf weiteres Bordringen
verzichten, besonders weil seine Regimenter sich dagegen erklärten, da sie keine


Beauregard bei Manassas Junction concentrirt mit Detachirung eines Corps
unter Johnston gegen Patterson bei Hcupcrsferry. verhielt sich ebenso passiv.
Offenbar trug der Mangel an Kriegslust zu dieser beiderseitigen Unthätigkeit
ebensoviel bei wie die Scheu, es überhaupt zu einer Schlacht, zu einem
ersten öffentlichen Dokument des großen Bruderhasses kommen zu lassen. Diesem
Zustande aber machte der Zusammentritt des Congresses in Washington am
4. Juli ein Ende. Der Ort war das Feldlager der Hauptarmee und niemand
konnte sich in demselben aufhalten, ohne von der Indisciplin der Soldaten
aller Grade in allen Richtungen verlebt zu werden. Nur durch eine Bewegung
der Armee konnte die Stadt befreit werden; auch schien es den Kongreßmit¬
gliedern nur einer kriegerischen Thätigkeit zu bedürfen, um hre Wogen der
Leidenschaften, welche sich jetzt in Excessen ergossen, im Interesse der Union zu
verwerthen. Zu diesen treibenden Elementen trat noch, daß die Dienstzeit der
auf drei Monate einberufenen Freiwilligen mit dem letzten Drittel des Monats
zu Ende ging und man also rasch handeln mußte, wenn man überhaupt von
ihrer Einberufung Nutzen ziehen wollte. Die Regimenter aus Massachusetts
kehrten bereits am 15. Juli, ohne sich mit dem Feinde gemessen zu haben, in
ihre Heimath zurück.

Niemand war von dieser Unthätigkeit der Hauptarmee aber mehr überrascht,
als die Abgeordneten der Weststaatcn, deren Truppen wir in steten Gefechten
in Missouri und in Westvirginien Verlassen haben. Sie hatten infolge
der Ausscheidung des Südens und vermöge ihrer Einhelligkeit mit den Abge¬
ordneten der großen Städte des Nordens zum ersten Mal seit Bestehen dieser
Staaten die leitende Majorität und waren nicht geneigt, den curmal begonne¬
nen Kampf, der ihre Herrschaft gründen sollte, fallen zu lassen. Daher be¬
willigte der Kongreß am 10. Juli der Regierung zur energischen Fortführung
des Krieges eine Anleihe von 250 Millionen Dollars und eine neue Aushebung
von 500,000 Freiwilligen, bestimmte aber auch, daß kein Offizier der u> Dienst
stehenden Truppen Glied des Congresses sein dürfte. Es ist dies der Anfaiig
von Mahregeln, welche die Sorge vor der Soldatenherrschaft aussprechen und
welche in allen organisatorischen Bestimmungen des Nordens dergestalt hervor¬
treten, daß die Entwicklung der Armee darunter leidet. Die Kriegslust des
Kongresses trieb denn auch den Gi. Scott zur Action. Gi. Dvwcll erhielt den
Befehl, mit seinen Truppen den Gegner bei Manassas Junction anzugreifen,
während General Patterson den ihm gegenüberstehenden Johnston festhalten
sollte. Am 15. Juli concentrirte sich Mac Dowell, während Patterson über den
Potomac ging und mit der Avantgarde bei Bunkershill auf den Feind traf.
Der Gegner zeigte sich überlegen. zumal durch die Kavallerie des K. Gif. Stuart.
welche de-n Truppen Respect einflößte. Patterson mußte auf weiteres Bordringen
verzichten, besonders weil seine Regimenter sich dagegen erklärten, da sie keine


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[0459] Beauregard bei Manassas Junction concentrirt mit Detachirung eines Corps unter Johnston gegen Patterson bei Hcupcrsferry. verhielt sich ebenso passiv. Offenbar trug der Mangel an Kriegslust zu dieser beiderseitigen Unthätigkeit ebensoviel bei wie die Scheu, es überhaupt zu einer Schlacht, zu einem ersten öffentlichen Dokument des großen Bruderhasses kommen zu lassen. Diesem Zustande aber machte der Zusammentritt des Congresses in Washington am 4. Juli ein Ende. Der Ort war das Feldlager der Hauptarmee und niemand konnte sich in demselben aufhalten, ohne von der Indisciplin der Soldaten aller Grade in allen Richtungen verlebt zu werden. Nur durch eine Bewegung der Armee konnte die Stadt befreit werden; auch schien es den Kongreßmit¬ gliedern nur einer kriegerischen Thätigkeit zu bedürfen, um hre Wogen der Leidenschaften, welche sich jetzt in Excessen ergossen, im Interesse der Union zu verwerthen. Zu diesen treibenden Elementen trat noch, daß die Dienstzeit der auf drei Monate einberufenen Freiwilligen mit dem letzten Drittel des Monats zu Ende ging und man also rasch handeln mußte, wenn man überhaupt von ihrer Einberufung Nutzen ziehen wollte. Die Regimenter aus Massachusetts kehrten bereits am 15. Juli, ohne sich mit dem Feinde gemessen zu haben, in ihre Heimath zurück. Niemand war von dieser Unthätigkeit der Hauptarmee aber mehr überrascht, als die Abgeordneten der Weststaatcn, deren Truppen wir in steten Gefechten in Missouri und in Westvirginien Verlassen haben. Sie hatten infolge der Ausscheidung des Südens und vermöge ihrer Einhelligkeit mit den Abge¬ ordneten der großen Städte des Nordens zum ersten Mal seit Bestehen dieser Staaten die leitende Majorität und waren nicht geneigt, den curmal begonne¬ nen Kampf, der ihre Herrschaft gründen sollte, fallen zu lassen. Daher be¬ willigte der Kongreß am 10. Juli der Regierung zur energischen Fortführung des Krieges eine Anleihe von 250 Millionen Dollars und eine neue Aushebung von 500,000 Freiwilligen, bestimmte aber auch, daß kein Offizier der u> Dienst stehenden Truppen Glied des Congresses sein dürfte. Es ist dies der Anfaiig von Mahregeln, welche die Sorge vor der Soldatenherrschaft aussprechen und welche in allen organisatorischen Bestimmungen des Nordens dergestalt hervor¬ treten, daß die Entwicklung der Armee darunter leidet. Die Kriegslust des Kongresses trieb denn auch den Gi. Scott zur Action. Gi. Dvwcll erhielt den Befehl, mit seinen Truppen den Gegner bei Manassas Junction anzugreifen, während General Patterson den ihm gegenüberstehenden Johnston festhalten sollte. Am 15. Juli concentrirte sich Mac Dowell, während Patterson über den Potomac ging und mit der Avantgarde bei Bunkershill auf den Feind traf. Der Gegner zeigte sich überlegen. zumal durch die Kavallerie des K. Gif. Stuart. welche de-n Truppen Respect einflößte. Patterson mußte auf weiteres Bordringen verzichten, besonders weil seine Regimenter sich dagegen erklärten, da sie keine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/459>, abgerufen am 22.07.2024.