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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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gelagert. Wir finden sie hier in zwei Bildern, einem großen Mondnachtstück
vom zartesten Schmelz des Kolorits und dem vollen Zauber solcher Wirkung,
und einem andern in glühender Nackmiitagsbeleuchtung, wo der Sonnenglanz
blendend zurückgestrahlt wird von mächtigen Woll'maassen, die schwer geballt
in der Luft hängen. Bei aller Kunst bleibt der Effect dieses Bildes immer un¬
ruhig und schwer; nicht zu vergleichen dem der wunderschönen Landschaft "an
den Abhängen des Sabinergebirges" im flimmernden Gluthlicht der Vollen heiß
auf die kahlen, staubigen Felsen und grauen Oelbäume herniederbrütenden
Mittagsonne. Diesem Meisterwerk ebenbürtig ist das kleinere: "die Campagna
mit dem Grabmal der Cäcilia Metella" bei tiefstehender, hinter verhüllendem
Gewölk mit vergoldeten Rändern vorbrechender Sonne, deren fein gedämpftes
Licht über der braunen Fläche und auf dem Gestein des mächtigen Monumentes
liegt. Einen der treusten Nachfolger hat O. Ueberhand in Flaum, der auf
ganz ähnlichem Wege zu sehr erfreulichen Resultaten gelangt. L. Svangen-
b erg weiß den classischen Naturcharakter Griechenlands in so großem idealen
Sinn aufzufassen und in einem Bilde "die Burg von Korinth" in so einfach
erhabnen Ernst der Stimmung zu spiegeln, daß er ohne mit künstlichen
Mitteln danach zu streben die volle Größe und Wucht des Eindrucks echter
historischer Landschaft erreicht. Belllermanns amerikanischer Urwald läßt jene
Pracht und Fülle verschwenderisch schaffender Natur, von welcher Komposition
und Zeichnung eine schöne Anschauung geben, in den Tönen, in welche er sie
kleidet, doch etwas zu sehr vermissen.

An Alpenbildern ist eine so große Zahl wie nur je vorhanden. Kaum
Einem aber unter den Darstellern gelingt es, über die in solchen Aufgaben selbst
liegenden Schwierigkeiten, ja Unmöglichkeiten, das wirklich zu geben, wozu der An¬
blick solcher grandiosen Scenen den Maler so leicht verlockt, zu triumphiren.
Das Wesentliche des Eindrucks solcher Natur selbst beruht auf der Kolossalität
der Maße. Um diesem sich im Bilde auch nur anzunähern, wird Detail und
Vor. und Mittelgrund, also das rechte eigentliche Feld, wo sich landschaftliche
Kunst zu bethätigen hat. zur Nichtigkeit herabgedrückt -- und die großen Berg-
und Gletschcrmassen bleiben nun einmal malerisch leer und uninteressant.
Zimmermann malte in einem sehr umfangreichen Bilde weniger diese, als das
wilde Schauspiel zerstörender Naturgewalt, die Wirkungen eines Ungewitters
im berner Oberland. Mit großer Meisterschaft ist der Aufruhr der Elemente,
schäumender Gießbach und sturmgepeitschte Tannen im Einzelnen gemalt. In
der Tvtalwirkung erreicht es dennoch nicht das Gewollte. Pape. Trieb et.
A. Becker, Jahin, Knorr, Morden Müller. Rollmann muß ich mich
hier zu nennen begnügen. Und Graf Kaltreuths große Pyrenäenbilder, be¬
stechend durch den Aufwand von morgen- und abendröthlich angehauchten Eis-
und Schneefeldern, rosendustigen Höhen und Fernen, geheimnißvoll schatten-


gelagert. Wir finden sie hier in zwei Bildern, einem großen Mondnachtstück
vom zartesten Schmelz des Kolorits und dem vollen Zauber solcher Wirkung,
und einem andern in glühender Nackmiitagsbeleuchtung, wo der Sonnenglanz
blendend zurückgestrahlt wird von mächtigen Woll'maassen, die schwer geballt
in der Luft hängen. Bei aller Kunst bleibt der Effect dieses Bildes immer un¬
ruhig und schwer; nicht zu vergleichen dem der wunderschönen Landschaft „an
den Abhängen des Sabinergebirges" im flimmernden Gluthlicht der Vollen heiß
auf die kahlen, staubigen Felsen und grauen Oelbäume herniederbrütenden
Mittagsonne. Diesem Meisterwerk ebenbürtig ist das kleinere: „die Campagna
mit dem Grabmal der Cäcilia Metella" bei tiefstehender, hinter verhüllendem
Gewölk mit vergoldeten Rändern vorbrechender Sonne, deren fein gedämpftes
Licht über der braunen Fläche und auf dem Gestein des mächtigen Monumentes
liegt. Einen der treusten Nachfolger hat O. Ueberhand in Flaum, der auf
ganz ähnlichem Wege zu sehr erfreulichen Resultaten gelangt. L. Svangen-
b erg weiß den classischen Naturcharakter Griechenlands in so großem idealen
Sinn aufzufassen und in einem Bilde „die Burg von Korinth" in so einfach
erhabnen Ernst der Stimmung zu spiegeln, daß er ohne mit künstlichen
Mitteln danach zu streben die volle Größe und Wucht des Eindrucks echter
historischer Landschaft erreicht. Belllermanns amerikanischer Urwald läßt jene
Pracht und Fülle verschwenderisch schaffender Natur, von welcher Komposition
und Zeichnung eine schöne Anschauung geben, in den Tönen, in welche er sie
kleidet, doch etwas zu sehr vermissen.

An Alpenbildern ist eine so große Zahl wie nur je vorhanden. Kaum
Einem aber unter den Darstellern gelingt es, über die in solchen Aufgaben selbst
liegenden Schwierigkeiten, ja Unmöglichkeiten, das wirklich zu geben, wozu der An¬
blick solcher grandiosen Scenen den Maler so leicht verlockt, zu triumphiren.
Das Wesentliche des Eindrucks solcher Natur selbst beruht auf der Kolossalität
der Maße. Um diesem sich im Bilde auch nur anzunähern, wird Detail und
Vor. und Mittelgrund, also das rechte eigentliche Feld, wo sich landschaftliche
Kunst zu bethätigen hat. zur Nichtigkeit herabgedrückt — und die großen Berg-
und Gletschcrmassen bleiben nun einmal malerisch leer und uninteressant.
Zimmermann malte in einem sehr umfangreichen Bilde weniger diese, als das
wilde Schauspiel zerstörender Naturgewalt, die Wirkungen eines Ungewitters
im berner Oberland. Mit großer Meisterschaft ist der Aufruhr der Elemente,
schäumender Gießbach und sturmgepeitschte Tannen im Einzelnen gemalt. In
der Tvtalwirkung erreicht es dennoch nicht das Gewollte. Pape. Trieb et.
A. Becker, Jahin, Knorr, Morden Müller. Rollmann muß ich mich
hier zu nennen begnügen. Und Graf Kaltreuths große Pyrenäenbilder, be¬
stechend durch den Aufwand von morgen- und abendröthlich angehauchten Eis-
und Schneefeldern, rosendustigen Höhen und Fernen, geheimnißvoll schatten-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/353>, abgerufen am 22.07.2024.