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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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Niederelbe, eine Stellung, welche den Machteinfluß der norddeutschen Gro߬
macht auf die Hansestädte, auf Mecklenburg und auf den neuen Staat Schles¬
wig-Holstein erheblich steigern müßte.




Zur Generalversammlung des Nationalvereins
(Von einem Mitglieds des Vereins.)

Alle Welt sieht der diesjährigen Generalversammlung des Nationalvcreins
mit unbestrittener Gleichgültigkeit entgegen. Zum Theil mag sich dieselbe aus
der naturgemäßen Reaction erklären, welche der Aufregung zu Ende des ver¬
flossenen und zu Anfang dieses Jahres gefolgt ist: ihren Hauptgrund hat sie
sicherlich in dem gesunkenen Ansehen des Vereines, dem zur Zeit kaum irgend-
jemand bedeutenden Einfluß auf die Entwickelung der deutschen Dinge zutraut.
Die erste und dringendste Aufgabe der Generalversammlung wird also sein
müssen, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie es der.Verein anzufangen habe,
um wieder denjenigen Einfluß auf die öffentliche Meinung zu gewinnen, dessen
er bedarf, wenn von einer ersprießlichen Wirksamkeit fernerhin die Rede sein
soll. Weiche Maßregeln die Leiter des Vereins vorzuschlagen gedenke", um der
Lage gerecht zu werden, wissen wir nicht; wohl aber liegt uns eine Reihe von
Kundgebungen aus der Mitte der Partei vor, aus denen sich ein Urtheil über
die Auffassung der Situation von Seiten einer nicht unbedeutenden Anzahl von
Vereinsgenossen beiden läßt.

Auf der einen Seite (wir haben hier vorzugsweise die sächsischen und
thüringischen Mitglieder des Vereins im Auge) glaubt man durch standhaftes
Festhalten an den theoretischen Forderungen, welche vom Nativnalverein zu
einer anderen Zeit und unter' anderen Verhältnissen aufgestellt wurden, Herr
werden zu können; auf der anderen (und hier denken wir besonders an Baden)
will man dem ermatteten Leben der Partei durch Demokratisirung des Vereins,
durch Heranziehung der Massen aufhelfen, denen man jene unbefangene Frische
und Harmlosigkeit noch zutraut, welche die Mittelclassen bereits verloren haben.



") Für die Versammlung uns zu spät zugekommen; für den Verein und seine Freunde
b D, Red. ehalten die Bemerkungen ihren Werth.
Grenzboten IV. 1864. 30

Niederelbe, eine Stellung, welche den Machteinfluß der norddeutschen Gro߬
macht auf die Hansestädte, auf Mecklenburg und auf den neuen Staat Schles¬
wig-Holstein erheblich steigern müßte.




Zur Generalversammlung des Nationalvereins
(Von einem Mitglieds des Vereins.)

Alle Welt sieht der diesjährigen Generalversammlung des Nationalvcreins
mit unbestrittener Gleichgültigkeit entgegen. Zum Theil mag sich dieselbe aus
der naturgemäßen Reaction erklären, welche der Aufregung zu Ende des ver¬
flossenen und zu Anfang dieses Jahres gefolgt ist: ihren Hauptgrund hat sie
sicherlich in dem gesunkenen Ansehen des Vereines, dem zur Zeit kaum irgend-
jemand bedeutenden Einfluß auf die Entwickelung der deutschen Dinge zutraut.
Die erste und dringendste Aufgabe der Generalversammlung wird also sein
müssen, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie es der.Verein anzufangen habe,
um wieder denjenigen Einfluß auf die öffentliche Meinung zu gewinnen, dessen
er bedarf, wenn von einer ersprießlichen Wirksamkeit fernerhin die Rede sein
soll. Weiche Maßregeln die Leiter des Vereins vorzuschlagen gedenke», um der
Lage gerecht zu werden, wissen wir nicht; wohl aber liegt uns eine Reihe von
Kundgebungen aus der Mitte der Partei vor, aus denen sich ein Urtheil über
die Auffassung der Situation von Seiten einer nicht unbedeutenden Anzahl von
Vereinsgenossen beiden läßt.

Auf der einen Seite (wir haben hier vorzugsweise die sächsischen und
thüringischen Mitglieder des Vereins im Auge) glaubt man durch standhaftes
Festhalten an den theoretischen Forderungen, welche vom Nativnalverein zu
einer anderen Zeit und unter' anderen Verhältnissen aufgestellt wurden, Herr
werden zu können; auf der anderen (und hier denken wir besonders an Baden)
will man dem ermatteten Leben der Partei durch Demokratisirung des Vereins,
durch Heranziehung der Massen aufhelfen, denen man jene unbefangene Frische
und Harmlosigkeit noch zutraut, welche die Mittelclassen bereits verloren haben.



") Für die Versammlung uns zu spät zugekommen; für den Verein und seine Freunde
b D, Red. ehalten die Bemerkungen ihren Werth.
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[0237] Niederelbe, eine Stellung, welche den Machteinfluß der norddeutschen Gro߬ macht auf die Hansestädte, auf Mecklenburg und auf den neuen Staat Schles¬ wig-Holstein erheblich steigern müßte. Zur Generalversammlung des Nationalvereins (Von einem Mitglieds des Vereins.) Alle Welt sieht der diesjährigen Generalversammlung des Nationalvcreins mit unbestrittener Gleichgültigkeit entgegen. Zum Theil mag sich dieselbe aus der naturgemäßen Reaction erklären, welche der Aufregung zu Ende des ver¬ flossenen und zu Anfang dieses Jahres gefolgt ist: ihren Hauptgrund hat sie sicherlich in dem gesunkenen Ansehen des Vereines, dem zur Zeit kaum irgend- jemand bedeutenden Einfluß auf die Entwickelung der deutschen Dinge zutraut. Die erste und dringendste Aufgabe der Generalversammlung wird also sein müssen, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie es der.Verein anzufangen habe, um wieder denjenigen Einfluß auf die öffentliche Meinung zu gewinnen, dessen er bedarf, wenn von einer ersprießlichen Wirksamkeit fernerhin die Rede sein soll. Weiche Maßregeln die Leiter des Vereins vorzuschlagen gedenke», um der Lage gerecht zu werden, wissen wir nicht; wohl aber liegt uns eine Reihe von Kundgebungen aus der Mitte der Partei vor, aus denen sich ein Urtheil über die Auffassung der Situation von Seiten einer nicht unbedeutenden Anzahl von Vereinsgenossen beiden läßt. Auf der einen Seite (wir haben hier vorzugsweise die sächsischen und thüringischen Mitglieder des Vereins im Auge) glaubt man durch standhaftes Festhalten an den theoretischen Forderungen, welche vom Nativnalverein zu einer anderen Zeit und unter' anderen Verhältnissen aufgestellt wurden, Herr werden zu können; auf der anderen (und hier denken wir besonders an Baden) will man dem ermatteten Leben der Partei durch Demokratisirung des Vereins, durch Heranziehung der Massen aufhelfen, denen man jene unbefangene Frische und Harmlosigkeit noch zutraut, welche die Mittelclassen bereits verloren haben. ") Für die Versammlung uns zu spät zugekommen; für den Verein und seine Freunde b D, Red. ehalten die Bemerkungen ihren Werth. Grenzboten IV. 1864. 30

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/237>, abgerufen am 03.07.2024.