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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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Die Bevölkerung andrerseits betrug nach der letzten Zählung für die
gesammte Monarchie mit Einschluß der Kolonien und Nebenländer 2,724,507
Seelen, und so würden auf Schleswig-Holstein mit seinen 954,326 Einwohnern
ungefähr 35 Procent kommen. Würde dagegen lediglich die Einwohnerschaft
des Königreichs und der drei Herzogthümer in Betracht gezogen, so hätte
Schleswig-Holstein mit obiger Bevölkerungsmenge gegenüber den 2,605,024 Ein¬
wohnern Dänemarks und Lauenburgs 36^/z Procent zu übernehmen. Der
Auseinandersetzung nach der Volkszahl steht zur Seite, daß die Bevölkerung
den zweiten Factor des Staats ausmacht. Ueberdies aber ist dieser Maßstab
angemessener als der des Areals, weil die relative Volkszahl oder die Dichtheit
der Bevölkerung in der Regel mit dem Culturzustande und somit dem National¬
reichthum im Verhältniß steht. Gegen die Annahme dieses Maßstabes läßt sich
die Thatsache anführen, daß Dänemark sich auf einer niedrigeren Stufe der
Entwickelung befindet als die Herzogthümer, und daß daher dort eine größere
Zunahme der Bevölkerung zu erwarten ist als hier. Eine Vertheilung der
Lasten nach dem jetzigen Stande der Population würde also die kommenden
Geschlechter im Königreich zu leicht treffen oder die Productivkraft unberücksich¬
tigt lassen.

Mag man aber trotzdem nach dem Maßstab der Bevölkerung theilen wollen,
eine gerechte Ausscheidung der einzelnen Bestandtheile der finanziellen Fusion
ist unter allen Umständen erforderlich, und hier ist daran zu erinnern, daß die
Herzogthümer Schleswig-Holstein eine weit bedeutendere Summe von Domänen-
intraden in die Gemeinschaft werfen mußten, als das Königreich Dänemark
beizusteuern vermochte.

Einen dritten Maßstab liefert die Betrachtung der Revenuen. In der
letzten Staatsrechnung befindet sich eine Uebersicht über die Einnahmen der
Monarchie in den zehn Jahren von Anfang April 1853 bis Ende März 1863,
nach welcher

die gemeinschaftlichen Einnahmen in dieser Zeit . 135,486,790 Nbthlr.
die Einnahmen des Königreichs Dänemark . . . 66.981,969 "
die Einnahmen des Herzogthums Schleswig . . 14,877,363 "
die Einnahmen des Herzogthums Holstein . . . 18,284,393 "

betragen haben. Bei Ermittelung des Maßstabes nach den Revenuen dürfen
diese Zahlen nicht zu Grunde gelegt werden, vielmehr müssen die gemeinschaft¬
lichen Einnahmen in ihre einzelnen Bestandtheile ausgelöst und jedem der be¬
treffenden Länder nach Gebühr zugeschrieben werden. Bei correcter Berechnung
der Einnahmen ohne Beachtung der bisherigen Fusion fallen nach der officiellen
Rechnungsablage für das Jahr 1862/63, um einmal bei letzterer stehen zu
bleiben, an Ertrag der directen Steuern, des Domänen-, Forst- und Jagd¬
wesens, der Zölle, der Brennsteuer, der Schiffsabgaben, des Eiderkcmals, an-


Die Bevölkerung andrerseits betrug nach der letzten Zählung für die
gesammte Monarchie mit Einschluß der Kolonien und Nebenländer 2,724,507
Seelen, und so würden auf Schleswig-Holstein mit seinen 954,326 Einwohnern
ungefähr 35 Procent kommen. Würde dagegen lediglich die Einwohnerschaft
des Königreichs und der drei Herzogthümer in Betracht gezogen, so hätte
Schleswig-Holstein mit obiger Bevölkerungsmenge gegenüber den 2,605,024 Ein¬
wohnern Dänemarks und Lauenburgs 36^/z Procent zu übernehmen. Der
Auseinandersetzung nach der Volkszahl steht zur Seite, daß die Bevölkerung
den zweiten Factor des Staats ausmacht. Ueberdies aber ist dieser Maßstab
angemessener als der des Areals, weil die relative Volkszahl oder die Dichtheit
der Bevölkerung in der Regel mit dem Culturzustande und somit dem National¬
reichthum im Verhältniß steht. Gegen die Annahme dieses Maßstabes läßt sich
die Thatsache anführen, daß Dänemark sich auf einer niedrigeren Stufe der
Entwickelung befindet als die Herzogthümer, und daß daher dort eine größere
Zunahme der Bevölkerung zu erwarten ist als hier. Eine Vertheilung der
Lasten nach dem jetzigen Stande der Population würde also die kommenden
Geschlechter im Königreich zu leicht treffen oder die Productivkraft unberücksich¬
tigt lassen.

Mag man aber trotzdem nach dem Maßstab der Bevölkerung theilen wollen,
eine gerechte Ausscheidung der einzelnen Bestandtheile der finanziellen Fusion
ist unter allen Umständen erforderlich, und hier ist daran zu erinnern, daß die
Herzogthümer Schleswig-Holstein eine weit bedeutendere Summe von Domänen-
intraden in die Gemeinschaft werfen mußten, als das Königreich Dänemark
beizusteuern vermochte.

Einen dritten Maßstab liefert die Betrachtung der Revenuen. In der
letzten Staatsrechnung befindet sich eine Uebersicht über die Einnahmen der
Monarchie in den zehn Jahren von Anfang April 1853 bis Ende März 1863,
nach welcher

die gemeinschaftlichen Einnahmen in dieser Zeit . 135,486,790 Nbthlr.
die Einnahmen des Königreichs Dänemark . . . 66.981,969 „
die Einnahmen des Herzogthums Schleswig . . 14,877,363 „
die Einnahmen des Herzogthums Holstein . . . 18,284,393 „

betragen haben. Bei Ermittelung des Maßstabes nach den Revenuen dürfen
diese Zahlen nicht zu Grunde gelegt werden, vielmehr müssen die gemeinschaft¬
lichen Einnahmen in ihre einzelnen Bestandtheile ausgelöst und jedem der be¬
treffenden Länder nach Gebühr zugeschrieben werden. Bei correcter Berechnung
der Einnahmen ohne Beachtung der bisherigen Fusion fallen nach der officiellen
Rechnungsablage für das Jahr 1862/63, um einmal bei letzterer stehen zu
bleiben, an Ertrag der directen Steuern, des Domänen-, Forst- und Jagd¬
wesens, der Zölle, der Brennsteuer, der Schiffsabgaben, des Eiderkcmals, an-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/14>, abgerufen am 01.07.2024.