Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.der Sheriffsgewalt, die mehr und mehr den Charakter eines sehr kostspieligen Die Friedensrichter sind Organe des Staates, nicht eines Parteiministeriums. Die Grafschaften hatten ihre politische Bedeutung besonders dem Umstände ") Dies sind die Quorum, so genannt von einer königlichen Verordnung, in der bestimmt wurde, daß unter der !Zahl der für einen gewissen Zweck bevollmächtigte" Friedensrichter einige namentlich bezeichnete Rechtskundige sein sollten: yuorum Alle^uem vostruw ^. L. V. I). unum LLLL voluwus, "' Daß in früherer Zeit die Friedensrichterdurch Volkswahl ernannt seien, weist Gneist
als durchaus unbegründet zurück; ebenso ist es unrichtig, daß es Patrimonialfriedensrichter gegeben habe. Als Heinrich der Siebente dem Abt von Se. Albans das Recht, Friedens¬ richter zu ernennen, ertheilt hatte, erklärte der Gerichtshof der Xiugs Lsru-Il, daß der König nicht befugt sei, durch solche Art der Verleihung einer Person das Recht zur Ernennung königlicher Richter zuzugestehen, da die" eine von der Krone untrennbare Prärogative sei. der Sheriffsgewalt, die mehr und mehr den Charakter eines sehr kostspieligen Die Friedensrichter sind Organe des Staates, nicht eines Parteiministeriums. Die Grafschaften hatten ihre politische Bedeutung besonders dem Umstände ") Dies sind die Quorum, so genannt von einer königlichen Verordnung, in der bestimmt wurde, daß unter der !Zahl der für einen gewissen Zweck bevollmächtigte» Friedensrichter einige namentlich bezeichnete Rechtskundige sein sollten: yuorum Alle^uem vostruw ^. L. V. I). unum LLLL voluwus, "' Daß in früherer Zeit die Friedensrichterdurch Volkswahl ernannt seien, weist Gneist
als durchaus unbegründet zurück; ebenso ist es unrichtig, daß es Patrimonialfriedensrichter gegeben habe. Als Heinrich der Siebente dem Abt von Se. Albans das Recht, Friedens¬ richter zu ernennen, ertheilt hatte, erklärte der Gerichtshof der Xiugs Lsru-Il, daß der König nicht befugt sei, durch solche Art der Verleihung einer Person das Recht zur Ernennung königlicher Richter zuzugestehen, da die« eine von der Krone untrennbare Prärogative sei. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0136" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189760"/> <p xml:id="ID_532" prev="#ID_531"> der Sheriffsgewalt, die mehr und mehr den Charakter eines sehr kostspieligen<lb/> und verhältnißmäßig wenig einflußreichen Ehrenamtes annahm; 3) das syste¬<lb/> matische, durchgreifende Heranziehen der begüterten Classen zum Staatsdienst,<lb/> da vorzugsweise wohlhabende Personen aus der Grafschaft mit diesem wich¬<lb/> tigen Amte betraut wurden, wie sich denn auch noch heutigen Tages Lords<lb/> unter den Friedensrichtern befinden. Uebrigens befanden sich neben den Guts¬<lb/> besitzern auch Rechtsgelehrte*) unter den Friedensrichtern, deren Mitwirkung<lb/> bei gewissen Functionen obligatorisch war. Stets aber war der große Grund¬<lb/> besitz, nicht immer den Wünschen der Könige entsprechend, das vorherr¬<lb/> schende Element in diesen Collegien. Die Grafschaft war der heimische<lb/> Boden des Friedensrichters; seine Berührung mit der Grafschaft und den Ge¬<lb/> meinden, mit den unteren Localbeamten wie mit den großen Gemeindeaus¬<lb/> schüssen der Juries war eine ununterbrochene und lebendige, während die fast<lb/> immer ohne politische Tendenz erfolgende königliche Ernennung**) ihn vor der<lb/> Gefahr bewahrte — welcher Localbehörden so leicht verfallen — vor der Gefcchr,!M)<lb/> als Parteiorgan anzusehen. Es ist ein glänzendes Beispiel von dem politischen<lb/> Takte der Engländer, daß sie es verstanden haben, das wichtigste Organ ihres<lb/> Selfgovernmenis dem Parteibereiche zu entziehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_533"> Die Friedensrichter sind Organe des Staates, nicht eines Parteiministeriums.<lb/> Es fehlt im englischen Staate an Organen, zu deren Attributen die Ueber-<lb/> wachung und Lenkung der politischen Gesinnungen gehörte. Könnte das ent¬<lb/> gegengesetzte Regierungssystem in England festen Boden gewinnen, so würden<lb/> auch „französische Zustände" nicht auf sich warten lassen. Denn der conser-<lb/> vative Sinn einer Nation ist zum großen Theil das Product des Vertrauens<lb/> zu den dem Volksleben am nächsten stehenden und mit den zu öffentlicher<lb/> Thätigkeit berufenen Classen des Volkes zusammenwirkenden Obrigkeiten. Das<lb/> Vertrauen zu lokalen Behörden reicht aber genau so weit als der Glaube an<lb/> die Unabhängigkeit derselben.</p><lb/> <p xml:id="ID_534" next="#ID_535"> Die Grafschaften hatten ihre politische Bedeutung besonders dem Umstände<lb/> zu verdanken, daß sie sich früh zu besonderen Steuerkörpern ausbildeten: die</p><lb/> <note xml:id="FID_12" place="foot"> ") Dies sind die Quorum, so genannt von einer königlichen Verordnung, in der bestimmt<lb/> wurde, daß unter der !Zahl der für einen gewissen Zweck bevollmächtigte» Friedensrichter<lb/> einige namentlich bezeichnete Rechtskundige sein sollten: yuorum Alle^uem vostruw ^. L. V.<lb/> I). unum LLLL voluwus, "'</note><lb/> <note xml:id="FID_13" place="foot"> Daß in früherer Zeit die Friedensrichterdurch Volkswahl ernannt seien, weist Gneist<lb/> als durchaus unbegründet zurück; ebenso ist es unrichtig, daß es Patrimonialfriedensrichter<lb/> gegeben habe. Als Heinrich der Siebente dem Abt von Se. Albans das Recht, Friedens¬<lb/> richter zu ernennen, ertheilt hatte, erklärte der Gerichtshof der Xiugs Lsru-Il, daß der König<lb/> nicht befugt sei, durch solche Art der Verleihung einer Person das Recht zur Ernennung<lb/> königlicher Richter zuzugestehen, da die« eine von der Krone untrennbare Prärogative sei.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0136]
der Sheriffsgewalt, die mehr und mehr den Charakter eines sehr kostspieligen
und verhältnißmäßig wenig einflußreichen Ehrenamtes annahm; 3) das syste¬
matische, durchgreifende Heranziehen der begüterten Classen zum Staatsdienst,
da vorzugsweise wohlhabende Personen aus der Grafschaft mit diesem wich¬
tigen Amte betraut wurden, wie sich denn auch noch heutigen Tages Lords
unter den Friedensrichtern befinden. Uebrigens befanden sich neben den Guts¬
besitzern auch Rechtsgelehrte*) unter den Friedensrichtern, deren Mitwirkung
bei gewissen Functionen obligatorisch war. Stets aber war der große Grund¬
besitz, nicht immer den Wünschen der Könige entsprechend, das vorherr¬
schende Element in diesen Collegien. Die Grafschaft war der heimische
Boden des Friedensrichters; seine Berührung mit der Grafschaft und den Ge¬
meinden, mit den unteren Localbeamten wie mit den großen Gemeindeaus¬
schüssen der Juries war eine ununterbrochene und lebendige, während die fast
immer ohne politische Tendenz erfolgende königliche Ernennung**) ihn vor der
Gefahr bewahrte — welcher Localbehörden so leicht verfallen — vor der Gefcchr,!M)
als Parteiorgan anzusehen. Es ist ein glänzendes Beispiel von dem politischen
Takte der Engländer, daß sie es verstanden haben, das wichtigste Organ ihres
Selfgovernmenis dem Parteibereiche zu entziehen.
Die Friedensrichter sind Organe des Staates, nicht eines Parteiministeriums.
Es fehlt im englischen Staate an Organen, zu deren Attributen die Ueber-
wachung und Lenkung der politischen Gesinnungen gehörte. Könnte das ent¬
gegengesetzte Regierungssystem in England festen Boden gewinnen, so würden
auch „französische Zustände" nicht auf sich warten lassen. Denn der conser-
vative Sinn einer Nation ist zum großen Theil das Product des Vertrauens
zu den dem Volksleben am nächsten stehenden und mit den zu öffentlicher
Thätigkeit berufenen Classen des Volkes zusammenwirkenden Obrigkeiten. Das
Vertrauen zu lokalen Behörden reicht aber genau so weit als der Glaube an
die Unabhängigkeit derselben.
Die Grafschaften hatten ihre politische Bedeutung besonders dem Umstände
zu verdanken, daß sie sich früh zu besonderen Steuerkörpern ausbildeten: die
") Dies sind die Quorum, so genannt von einer königlichen Verordnung, in der bestimmt
wurde, daß unter der !Zahl der für einen gewissen Zweck bevollmächtigte» Friedensrichter
einige namentlich bezeichnete Rechtskundige sein sollten: yuorum Alle^uem vostruw ^. L. V.
I). unum LLLL voluwus, "'
Daß in früherer Zeit die Friedensrichterdurch Volkswahl ernannt seien, weist Gneist
als durchaus unbegründet zurück; ebenso ist es unrichtig, daß es Patrimonialfriedensrichter
gegeben habe. Als Heinrich der Siebente dem Abt von Se. Albans das Recht, Friedens¬
richter zu ernennen, ertheilt hatte, erklärte der Gerichtshof der Xiugs Lsru-Il, daß der König
nicht befugt sei, durch solche Art der Verleihung einer Person das Recht zur Ernennung
königlicher Richter zuzugestehen, da die« eine von der Krone untrennbare Prärogative sei.
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