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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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"Endlich erreichten wir einen Thorcingang, es war das Petersthor. Als
wir hier die Straße verfolgten, gewahrten wir vor dem Thorwege eines großen
Hauses -- des jetzt noch in seiner damaligen Verfassung bestehenden Gasthofs
zum "großen Reiter" -- einen Hornisten unsres Bataillons. Dieser theilte
uns mit. daß er hier für den erkrankten Hauptmann X, Quartier gemacht
habe; wir möchten doch auch hier einkehren."

"Der Wirth des Hauses führte uns einen den ganzen Hos umgebenden
offenen Corridor entlang auf ein Zimmer, dessen Thüre und Fenster auf den
Corridor mündeten. Als dies geschah, war es bereits dunkel, so daß man uns
ein Licht brachte; bald darauf wurden auch Speisen und Getränke aufgetragen.
Indem wir drei, nämlich der Chirurg, der Hornist und ich, uns an dem Dar¬
gereichten labten, bemerkten wir draußen auf dem Gange vor unsrem Fenster
hastiges Hin- und Hergehen verschiedener Personen. Sie verkehrten mit einem
weiterhin auf demselben Corridor gelegenen Zimmer und brachten ebenfalls Licht
und Eßwaaren vorüber."

"Hierdurch in den Glauben versetzt, daß noch andere Kameraden in diesem
Gasthofe Unterkommen gefunden, trieb uns Neugier und Antheil, hierüber
nähere Kenntniß zu erlangen. Ich folgte daher diesen Personen nach und ge¬
wahrte durch das Fenster des betreffenden Gemachs drei besetzte Betten; neben¬
bei lagen verschiedene Kleidungsstücke, Mantelsäcke, Waffen und dergl. umher."

"Die in den Betten aufrecht sitzenden Männer aber sprachen untereinander
französisch und suchten sich dem Hausknecht, welcher Licht und Speise über¬
brachte, flüsternd und gesticulirend verständlich zu machen."

"Sofort eilte ich mit dieser Wahrnehmung zu meinen Kameraden zurück
und es wurde kurzweg beschlossen, die drei Franzosen zu Gefangnen zu machen.
Wir gingen also mit den Säbeln in der Hand zu ihnen ins Zimmer; sie
sprangen halbangeklcioet aus den Betten und wollten "ach ihren Waffen grei¬
fen, woran sie jedoch verhindert wurden. Wir erklärten sie zu unsern Pri-
sonniers, bemächtigten uns ihrer auf einem Tisch liegenden Säbel und Pistolen,
und dabei stellte es sich heraus, daß es Gardes d'honneur waren, die wir er¬
wischt hatten."

"In einem von mir erbeuteten Mantelsacke fand ich 300 Francs theils in
Goldstücken, theils in Fünffrankthalern, wovon ich dem Eigenthümer einen Theil
beließ, wie ich ihm auch die Wäsche und andere Habseligkeiten, worunter sich
Freimaurerabzeichen befanden, zurückerstattete."

"Da nun die Franzosen Kavalleristen waren, so erkundigten wir uns, um
nichts halb zu thun, nach ihren Pferden, nahmen dieselben in Beschlag und
lieferten die Gefangnen am andern Morgen an die nahe Thorwache ab. Gestärkt
und befriedigt begaben wir uns darauf wieder in den rcichelschen Garten zurück,
woselbst wir unsere Bataillone im Bivouak vorfanden. --" Soweit der Pommer.


„Endlich erreichten wir einen Thorcingang, es war das Petersthor. Als
wir hier die Straße verfolgten, gewahrten wir vor dem Thorwege eines großen
Hauses — des jetzt noch in seiner damaligen Verfassung bestehenden Gasthofs
zum „großen Reiter" — einen Hornisten unsres Bataillons. Dieser theilte
uns mit. daß er hier für den erkrankten Hauptmann X, Quartier gemacht
habe; wir möchten doch auch hier einkehren."

„Der Wirth des Hauses führte uns einen den ganzen Hos umgebenden
offenen Corridor entlang auf ein Zimmer, dessen Thüre und Fenster auf den
Corridor mündeten. Als dies geschah, war es bereits dunkel, so daß man uns
ein Licht brachte; bald darauf wurden auch Speisen und Getränke aufgetragen.
Indem wir drei, nämlich der Chirurg, der Hornist und ich, uns an dem Dar¬
gereichten labten, bemerkten wir draußen auf dem Gange vor unsrem Fenster
hastiges Hin- und Hergehen verschiedener Personen. Sie verkehrten mit einem
weiterhin auf demselben Corridor gelegenen Zimmer und brachten ebenfalls Licht
und Eßwaaren vorüber."

„Hierdurch in den Glauben versetzt, daß noch andere Kameraden in diesem
Gasthofe Unterkommen gefunden, trieb uns Neugier und Antheil, hierüber
nähere Kenntniß zu erlangen. Ich folgte daher diesen Personen nach und ge¬
wahrte durch das Fenster des betreffenden Gemachs drei besetzte Betten; neben¬
bei lagen verschiedene Kleidungsstücke, Mantelsäcke, Waffen und dergl. umher."

„Die in den Betten aufrecht sitzenden Männer aber sprachen untereinander
französisch und suchten sich dem Hausknecht, welcher Licht und Speise über¬
brachte, flüsternd und gesticulirend verständlich zu machen."

„Sofort eilte ich mit dieser Wahrnehmung zu meinen Kameraden zurück
und es wurde kurzweg beschlossen, die drei Franzosen zu Gefangnen zu machen.
Wir gingen also mit den Säbeln in der Hand zu ihnen ins Zimmer; sie
sprangen halbangeklcioet aus den Betten und wollten »ach ihren Waffen grei¬
fen, woran sie jedoch verhindert wurden. Wir erklärten sie zu unsern Pri-
sonniers, bemächtigten uns ihrer auf einem Tisch liegenden Säbel und Pistolen,
und dabei stellte es sich heraus, daß es Gardes d'honneur waren, die wir er¬
wischt hatten."

„In einem von mir erbeuteten Mantelsacke fand ich 300 Francs theils in
Goldstücken, theils in Fünffrankthalern, wovon ich dem Eigenthümer einen Theil
beließ, wie ich ihm auch die Wäsche und andere Habseligkeiten, worunter sich
Freimaurerabzeichen befanden, zurückerstattete."

„Da nun die Franzosen Kavalleristen waren, so erkundigten wir uns, um
nichts halb zu thun, nach ihren Pferden, nahmen dieselben in Beschlag und
lieferten die Gefangnen am andern Morgen an die nahe Thorwache ab. Gestärkt
und befriedigt begaben wir uns darauf wieder in den rcichelschen Garten zurück,
woselbst wir unsere Bataillone im Bivouak vorfanden. —" Soweit der Pommer.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/118>, abgerufen am 01.10.2024.