Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.wieder hatte dieser ihm zu berichten, daß mit Zaschwitz nichts anzufangen sei. "Weil ich nun nichts mehr als meinen Leib und mein Leben vorzusetzen Dieser Brief versetzte die in ihm Bedrohten in die größte Unruhe. Was Joachim aber war dazu nicht zu vermögen. Er hatte überhaupt keine Inzwischen brannte es am 9. April 1534 an zwei Stellen in Wittenberg wieder hatte dieser ihm zu berichten, daß mit Zaschwitz nichts anzufangen sei. „Weil ich nun nichts mehr als meinen Leib und mein Leben vorzusetzen Dieser Brief versetzte die in ihm Bedrohten in die größte Unruhe. Was Joachim aber war dazu nicht zu vermögen. Er hatte überhaupt keine Inzwischen brannte es am 9. April 1534 an zwei Stellen in Wittenberg <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0093" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189188"/> <p xml:id="ID_272" prev="#ID_271"> wieder hatte dieser ihm zu berichten, daß mit Zaschwitz nichts anzufangen sei.<lb/> Wüthend eilte jener hinweg, und wenige Wochen nachher las man in Sachsen<lb/> seinen berühmten vom Tage „Schlagzu" datirten Fehdebrief, der nach einer<lb/> Darstellung des von ihm erlittenen Unrechts mit dem 'Worten schloß:</p><lb/> <p xml:id="ID_273"> „Weil ich nun nichts mehr als meinen Leib und mein Leben vorzusetzen<lb/> habe, so will sich gebühren, daß ich meine Ehre und meinen Glimpf, wie das<lb/> einem Ehrliebenden zustehet, zur Nothdurft vertheidige. Ich will aller Welt<lb/> List und Behendigkeit gebrauchen, will sein Gottes und aller Welt Freund,<lb/> allein Günther v. Zaschwitz und dem Lande zu Sachsen abgesagter Feind, wo<lb/> ich sie bekomme, an Händen und Füßen lahmen, auch rauben und brennen, sie<lb/> hinwegführen und schätzen, bis mir Günther v. Zaschwitz Abtrag thut und<lb/> meinen Schaden, so ich allenthalben darüber genommen, zur Billigkeit erstattet."</p><lb/> <p xml:id="ID_274"> Dieser Brief versetzte die in ihm Bedrohten in die größte Unruhe. Was<lb/> damals die Polizei vertrat, war wach, die Warten des Landes wurden mit<lb/> Spähern besetzt, die Thore der Städte sorgfältiger bewacht, überall ließ der<lb/> Landvogt zur Vorsicht mahnen. Hals über Kopf jagte ein Eilbote nach Berlin,<lb/> um den Kurfürsten Joachim von dem Unternehmen Kohlhases zu benachrichtigen<lb/> und um sein Einschreiten gegen den Fester zu ersuchen.</p><lb/> <p xml:id="ID_275"> Joachim aber war dazu nicht zu vermögen. Er hatte überhaupt keine<lb/> Neigung für den wittenberger Hof, er erinnerte sich der Unbill, die er einst<lb/> von sächsischem Gebiet aus durch den Raubritter Nickel v. Minkwitz hatte er¬<lb/> tragen müssen, und er fand, daß Kohlhase in der That durch die schlechte „sächsische<lb/> Justiz um seinen Glauben und ins Verderben gekommen". Ueberdies könne<lb/> er, so ließ er sich vernehmen, gegen Kohlhase. der sein Bürgerrecht aufgegeben,<lb/> nichts beginnen, auch sei er nicht verpflichtet dazu.</p><lb/> <p xml:id="ID_276" next="#ID_277"> Inzwischen brannte es am 9. April 1534 an zwei Stellen in Wittenberg<lb/> und in dem Dorfe Schützderg und Tags nachher nochmals in Wittenberg, und<lb/> selbstverständlich nahm man an, daß Kohlhase dies angerichtet habe. Ein zwei¬<lb/> ter Versuch des sächsischen Landvogts, den brandenburger Kurfürsten zu bewegen,<lb/> den Fester unschädlich zu machen, schlug wieder fehl. Dagegen gelang es einem<lb/> auf der Grenze wohnenden Edelmann, dem Eustachius v. Schlichen, denselben<lb/> aufzufinden und zu friedlichem Austrag der Sache zu bestimmen. Allein<lb/> jetzt wollte wieder der sächsische Kurfürst das erforderliche freie Geleit für Kohl¬<lb/> hase, obwohl er ihn für unschuldig hielt, nicht bewilligen, und so mühte man<lb/> sich bis in den October hinein mit fruchtlose» Versuchen zur Beilegung des<lb/> Streites ab. Endlich gab der Kurfürst Johann Friedrich insofern nach, als<lb/> er das verlangte Geleit unter der Bedingung zusagte, daß Kohlhase sich eidlich<lb/> von dem Verdacht reinige, die Brände in Wittenberg veranlaßt zu haben, und<lb/> am 6. December wurde ein neuer Rcchtstag in Jüterbock abgehalten, zu dem<lb/> Kohlhase mit einer zahlreichen Verwandtschaft und auf der andern Seite die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0093]
wieder hatte dieser ihm zu berichten, daß mit Zaschwitz nichts anzufangen sei.
Wüthend eilte jener hinweg, und wenige Wochen nachher las man in Sachsen
seinen berühmten vom Tage „Schlagzu" datirten Fehdebrief, der nach einer
Darstellung des von ihm erlittenen Unrechts mit dem 'Worten schloß:
„Weil ich nun nichts mehr als meinen Leib und mein Leben vorzusetzen
habe, so will sich gebühren, daß ich meine Ehre und meinen Glimpf, wie das
einem Ehrliebenden zustehet, zur Nothdurft vertheidige. Ich will aller Welt
List und Behendigkeit gebrauchen, will sein Gottes und aller Welt Freund,
allein Günther v. Zaschwitz und dem Lande zu Sachsen abgesagter Feind, wo
ich sie bekomme, an Händen und Füßen lahmen, auch rauben und brennen, sie
hinwegführen und schätzen, bis mir Günther v. Zaschwitz Abtrag thut und
meinen Schaden, so ich allenthalben darüber genommen, zur Billigkeit erstattet."
Dieser Brief versetzte die in ihm Bedrohten in die größte Unruhe. Was
damals die Polizei vertrat, war wach, die Warten des Landes wurden mit
Spähern besetzt, die Thore der Städte sorgfältiger bewacht, überall ließ der
Landvogt zur Vorsicht mahnen. Hals über Kopf jagte ein Eilbote nach Berlin,
um den Kurfürsten Joachim von dem Unternehmen Kohlhases zu benachrichtigen
und um sein Einschreiten gegen den Fester zu ersuchen.
Joachim aber war dazu nicht zu vermögen. Er hatte überhaupt keine
Neigung für den wittenberger Hof, er erinnerte sich der Unbill, die er einst
von sächsischem Gebiet aus durch den Raubritter Nickel v. Minkwitz hatte er¬
tragen müssen, und er fand, daß Kohlhase in der That durch die schlechte „sächsische
Justiz um seinen Glauben und ins Verderben gekommen". Ueberdies könne
er, so ließ er sich vernehmen, gegen Kohlhase. der sein Bürgerrecht aufgegeben,
nichts beginnen, auch sei er nicht verpflichtet dazu.
Inzwischen brannte es am 9. April 1534 an zwei Stellen in Wittenberg
und in dem Dorfe Schützderg und Tags nachher nochmals in Wittenberg, und
selbstverständlich nahm man an, daß Kohlhase dies angerichtet habe. Ein zwei¬
ter Versuch des sächsischen Landvogts, den brandenburger Kurfürsten zu bewegen,
den Fester unschädlich zu machen, schlug wieder fehl. Dagegen gelang es einem
auf der Grenze wohnenden Edelmann, dem Eustachius v. Schlichen, denselben
aufzufinden und zu friedlichem Austrag der Sache zu bestimmen. Allein
jetzt wollte wieder der sächsische Kurfürst das erforderliche freie Geleit für Kohl¬
hase, obwohl er ihn für unschuldig hielt, nicht bewilligen, und so mühte man
sich bis in den October hinein mit fruchtlose» Versuchen zur Beilegung des
Streites ab. Endlich gab der Kurfürst Johann Friedrich insofern nach, als
er das verlangte Geleit unter der Bedingung zusagte, daß Kohlhase sich eidlich
von dem Verdacht reinige, die Brände in Wittenberg veranlaßt zu haben, und
am 6. December wurde ein neuer Rcchtstag in Jüterbock abgehalten, zu dem
Kohlhase mit einer zahlreichen Verwandtschaft und auf der andern Seite die
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