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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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zeichnet, mit allen Vorzügen der Bewaffnung und Ausbildung, deren sich die
preußische rühmen darf, gestützt auf das wiedcrbefcstigte Rendsburg und eine
genügende Küsienbcfesiigung, wäre in der That eine so wesentliche Verstärkung
der norddeutschen Wehrkraft, daß es nur des Hinweises darauf bedarf, um die
Vortheile eines Anschlusses an Preußen in militärischer Beziehung einleuchtend
zu machen."




Andreas Hofer.
2.

Während Hofer und seine Genossen so Tag für Tag ohne irgendeine Ahnung
dessen, was bevorstand, dahinlebten, verbreitete sich' plötzlich am 12. October
ein Friedensgerücht, wornach Tirol und Salzburg an den Erzherzog Ferdinand
kommen sollten. Diesem widersprachen aber andere Nachrichten, namentlich eine
Mittheilung aus dem Hoflager zu Todis, daß zwei Deputirte um Suvsidien
nach England abgereist seien und Oberstlieutenant Leiningen sich die Rückkehr nach
Tirol beim Kaiser erbeten habe.

Gleichwohl wurde der Friede am 14. zu Wien abgeschlossen, und schon am
16. rückte der französische Divisionsgeneral Graf Drouet d'Erlon von Reichen-
Hall über Meleck, wo seine Truppen Speckbacher umringten und in die Flucht
trieben, gegen das Unterinnthal vor. Der eben angelangte östreichische Kriegs-
commissär v. Roschmann, der vom Friedensabschluß keine Kunde hatte, rieth
noch immer zur Fortsetzung der Feindseligkeiten, allein das flüchtige Sturmvolk
wollte nicht mehr Stand halten. Alles floh nach dem vielbewährten Stützpunkt
am Berg Isel, und Hofer selbst zog sich dahin aus Innsbruck am 21. October
zurück.

Getrennt von den Räthen der Landesadministration, welche in Innsbruck
zurückblieben, wurde er nun der Spielball der widersprechendsten Einflüsse.
Haspinger und Donei kämpften wechselweise um die Herrschaft. Der Kapuziner
war soeben von einem mißglückter Zuge gegen General Rusca aus Kärnthen
zurückgekehrt und stachelte Hofer fortwährend zu nutzlosen Feindseligkeiten.
Donei. dem der Obercommandant am 14. October "die unumschränkte Voll¬
macht ertheilte, bei allen Grevzcompagnicn, Oberleiter und Decanaten durch
brüderliche Eintracht die gute Sache zu fördern/ war anfänglich nach Unter-


zeichnet, mit allen Vorzügen der Bewaffnung und Ausbildung, deren sich die
preußische rühmen darf, gestützt auf das wiedcrbefcstigte Rendsburg und eine
genügende Küsienbcfesiigung, wäre in der That eine so wesentliche Verstärkung
der norddeutschen Wehrkraft, daß es nur des Hinweises darauf bedarf, um die
Vortheile eines Anschlusses an Preußen in militärischer Beziehung einleuchtend
zu machen."




Andreas Hofer.
2.

Während Hofer und seine Genossen so Tag für Tag ohne irgendeine Ahnung
dessen, was bevorstand, dahinlebten, verbreitete sich' plötzlich am 12. October
ein Friedensgerücht, wornach Tirol und Salzburg an den Erzherzog Ferdinand
kommen sollten. Diesem widersprachen aber andere Nachrichten, namentlich eine
Mittheilung aus dem Hoflager zu Todis, daß zwei Deputirte um Suvsidien
nach England abgereist seien und Oberstlieutenant Leiningen sich die Rückkehr nach
Tirol beim Kaiser erbeten habe.

Gleichwohl wurde der Friede am 14. zu Wien abgeschlossen, und schon am
16. rückte der französische Divisionsgeneral Graf Drouet d'Erlon von Reichen-
Hall über Meleck, wo seine Truppen Speckbacher umringten und in die Flucht
trieben, gegen das Unterinnthal vor. Der eben angelangte östreichische Kriegs-
commissär v. Roschmann, der vom Friedensabschluß keine Kunde hatte, rieth
noch immer zur Fortsetzung der Feindseligkeiten, allein das flüchtige Sturmvolk
wollte nicht mehr Stand halten. Alles floh nach dem vielbewährten Stützpunkt
am Berg Isel, und Hofer selbst zog sich dahin aus Innsbruck am 21. October
zurück.

Getrennt von den Räthen der Landesadministration, welche in Innsbruck
zurückblieben, wurde er nun der Spielball der widersprechendsten Einflüsse.
Haspinger und Donei kämpften wechselweise um die Herrschaft. Der Kapuziner
war soeben von einem mißglückter Zuge gegen General Rusca aus Kärnthen
zurückgekehrt und stachelte Hofer fortwährend zu nutzlosen Feindseligkeiten.
Donei. dem der Obercommandant am 14. October „die unumschränkte Voll¬
macht ertheilte, bei allen Grevzcompagnicn, Oberleiter und Decanaten durch
brüderliche Eintracht die gute Sache zu fördern/ war anfänglich nach Unter-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/69>, abgerufen am 28.09.2024.