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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Holzstücke von allen Farben und Formen, die übernatürliche Kräfte haben sol¬
len, und gefärbte Erden, die gleiche Eigenschaften besitzen, werden von den
Hofmagiern dargebracht. Der Wildmeister legt seine Jagdbeute vor, die ge¬
wöhnlich in Antilopen, Leopardkatzen, Stachelschweinen, merkwürdigen Ratten,
bisweilen auch in Vögeln besteht und in Netzen oder Körben herbeigeschafft
wird. Dazu kommen Zebra-, Büffel- und Löwenhäute. Desgleichen bringen
Fischer ihren Fang und Gärtner ihre Producte. Die Messerschmiede zeigen
Messer und Gabeln von Eisen, die mit Messing oder Kupfer verziert sind, die
Kürschner vorzüglich sauber gemähte Pelze von Antilopenfcllchen, die Schneider
Tücher und Kleider von Bastzeug, hier Mbugu genannt, der Schmied präsentirt
Speere, der Schildmacher die Erzeugnisse seiner Arbeit u. s. w. Niemand aber
reicht etwas dar. ohne es vorher abzureiben und an sein Gesicht zu streichen
und dann eine lange Bcgrüßungs- und Danksagungscercmvnie für die Gnade
durchzumachen, die der König ihm durch Annahmen des Geschenks erweist.

Ist der König der Geschäfte überdrüßig, so steht er ohne Weiteres aus.
nimmt den Speer, der sein Scepter bildet, in die Hand, seinen Hund an die
Leine und geht ohne Abschied und Gruß mit dem oben erwähnten Löwenschritt
von bannen, "seine Gesellschaft wie Hunde zurücklassend".

Wie es mit der Religion von Uganda steht, wird aus Spekes Berichten nicht
recht klar. Doch geht so viel daraus hervor, daß man eine Art Dämonen- und
Geistcrcultus hat, in welchem der obengenannte Lubari eine Hauptrolle spielt, und
daß auch der Nyanzasce als von einem Gotte oder Geiste bewohnt gedacht wird.
Ferner giebt es am Hofe allerlei Zauber, den Glauben an Omma, an den
bösen Blick, an vorbedcutcnde Träume, endlich auch Todtcnorakel, die man sich
an dem Grabe des letztverstorbenen Königs zu holen pflegt. Die Könige werden
mit allerlei seltsamen Bräuchen bestattet. Der Leichnam wird der Sorge und
Obhut des am meisten begünstigt gewesenen Begleiters des Verstorbenen über¬
geben, welchem die Pflicht obliegt, denselben zu trocknen, was dadurch bewirkt
wird, daß man ihn auf ein Bret legt, welches über die Oeffnung eines von
unten durch Feuer erhitzten großen Krugs gedeckt ist. Ist dieser Proceß beendigt,
was im Verlauf von drei Monaten zu geschehen pflegt, so wird dem Todten
der Unterkiefer ausgeschnitten und zur Aufbewahrung hübsch mit Perlen über¬
arbeitet. Den Körper aber übergiebt man einem Grabe, welches von da an
von dem erwähnten Günstling und den Lieblingsfraucn des Verstorbenen be¬
wacht und durch Anlegung von Gärten geschmückt wird. Kurz vor der Krönung
des neuen Herrschers begiebt sich die Frau, welche demselben den Nabelstrang
abzuschneiden die Ehre gehabt hat. an das Grab, beobachtet gewisse dorthin
gepflanzte Bäume und sieht darin die Zukunft Ugandas, worauf sie an den
Hof zurückkehrt und hier dem König auf Grund ihrer Observationen gebietet,
was er fortan zunächst vorzunehmen hat. Mag sie ihm ein gemüthliches Zu-


Holzstücke von allen Farben und Formen, die übernatürliche Kräfte haben sol¬
len, und gefärbte Erden, die gleiche Eigenschaften besitzen, werden von den
Hofmagiern dargebracht. Der Wildmeister legt seine Jagdbeute vor, die ge¬
wöhnlich in Antilopen, Leopardkatzen, Stachelschweinen, merkwürdigen Ratten,
bisweilen auch in Vögeln besteht und in Netzen oder Körben herbeigeschafft
wird. Dazu kommen Zebra-, Büffel- und Löwenhäute. Desgleichen bringen
Fischer ihren Fang und Gärtner ihre Producte. Die Messerschmiede zeigen
Messer und Gabeln von Eisen, die mit Messing oder Kupfer verziert sind, die
Kürschner vorzüglich sauber gemähte Pelze von Antilopenfcllchen, die Schneider
Tücher und Kleider von Bastzeug, hier Mbugu genannt, der Schmied präsentirt
Speere, der Schildmacher die Erzeugnisse seiner Arbeit u. s. w. Niemand aber
reicht etwas dar. ohne es vorher abzureiben und an sein Gesicht zu streichen
und dann eine lange Bcgrüßungs- und Danksagungscercmvnie für die Gnade
durchzumachen, die der König ihm durch Annahmen des Geschenks erweist.

Ist der König der Geschäfte überdrüßig, so steht er ohne Weiteres aus.
nimmt den Speer, der sein Scepter bildet, in die Hand, seinen Hund an die
Leine und geht ohne Abschied und Gruß mit dem oben erwähnten Löwenschritt
von bannen, „seine Gesellschaft wie Hunde zurücklassend".

Wie es mit der Religion von Uganda steht, wird aus Spekes Berichten nicht
recht klar. Doch geht so viel daraus hervor, daß man eine Art Dämonen- und
Geistcrcultus hat, in welchem der obengenannte Lubari eine Hauptrolle spielt, und
daß auch der Nyanzasce als von einem Gotte oder Geiste bewohnt gedacht wird.
Ferner giebt es am Hofe allerlei Zauber, den Glauben an Omma, an den
bösen Blick, an vorbedcutcnde Träume, endlich auch Todtcnorakel, die man sich
an dem Grabe des letztverstorbenen Königs zu holen pflegt. Die Könige werden
mit allerlei seltsamen Bräuchen bestattet. Der Leichnam wird der Sorge und
Obhut des am meisten begünstigt gewesenen Begleiters des Verstorbenen über¬
geben, welchem die Pflicht obliegt, denselben zu trocknen, was dadurch bewirkt
wird, daß man ihn auf ein Bret legt, welches über die Oeffnung eines von
unten durch Feuer erhitzten großen Krugs gedeckt ist. Ist dieser Proceß beendigt,
was im Verlauf von drei Monaten zu geschehen pflegt, so wird dem Todten
der Unterkiefer ausgeschnitten und zur Aufbewahrung hübsch mit Perlen über¬
arbeitet. Den Körper aber übergiebt man einem Grabe, welches von da an
von dem erwähnten Günstling und den Lieblingsfraucn des Verstorbenen be¬
wacht und durch Anlegung von Gärten geschmückt wird. Kurz vor der Krönung
des neuen Herrschers begiebt sich die Frau, welche demselben den Nabelstrang
abzuschneiden die Ehre gehabt hat. an das Grab, beobachtet gewisse dorthin
gepflanzte Bäume und sieht darin die Zukunft Ugandas, worauf sie an den
Hof zurückkehrt und hier dem König auf Grund ihrer Observationen gebietet,
was er fortan zunächst vorzunehmen hat. Mag sie ihm ein gemüthliches Zu-


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[0394] Holzstücke von allen Farben und Formen, die übernatürliche Kräfte haben sol¬ len, und gefärbte Erden, die gleiche Eigenschaften besitzen, werden von den Hofmagiern dargebracht. Der Wildmeister legt seine Jagdbeute vor, die ge¬ wöhnlich in Antilopen, Leopardkatzen, Stachelschweinen, merkwürdigen Ratten, bisweilen auch in Vögeln besteht und in Netzen oder Körben herbeigeschafft wird. Dazu kommen Zebra-, Büffel- und Löwenhäute. Desgleichen bringen Fischer ihren Fang und Gärtner ihre Producte. Die Messerschmiede zeigen Messer und Gabeln von Eisen, die mit Messing oder Kupfer verziert sind, die Kürschner vorzüglich sauber gemähte Pelze von Antilopenfcllchen, die Schneider Tücher und Kleider von Bastzeug, hier Mbugu genannt, der Schmied präsentirt Speere, der Schildmacher die Erzeugnisse seiner Arbeit u. s. w. Niemand aber reicht etwas dar. ohne es vorher abzureiben und an sein Gesicht zu streichen und dann eine lange Bcgrüßungs- und Danksagungscercmvnie für die Gnade durchzumachen, die der König ihm durch Annahmen des Geschenks erweist. Ist der König der Geschäfte überdrüßig, so steht er ohne Weiteres aus. nimmt den Speer, der sein Scepter bildet, in die Hand, seinen Hund an die Leine und geht ohne Abschied und Gruß mit dem oben erwähnten Löwenschritt von bannen, „seine Gesellschaft wie Hunde zurücklassend". Wie es mit der Religion von Uganda steht, wird aus Spekes Berichten nicht recht klar. Doch geht so viel daraus hervor, daß man eine Art Dämonen- und Geistcrcultus hat, in welchem der obengenannte Lubari eine Hauptrolle spielt, und daß auch der Nyanzasce als von einem Gotte oder Geiste bewohnt gedacht wird. Ferner giebt es am Hofe allerlei Zauber, den Glauben an Omma, an den bösen Blick, an vorbedcutcnde Träume, endlich auch Todtcnorakel, die man sich an dem Grabe des letztverstorbenen Königs zu holen pflegt. Die Könige werden mit allerlei seltsamen Bräuchen bestattet. Der Leichnam wird der Sorge und Obhut des am meisten begünstigt gewesenen Begleiters des Verstorbenen über¬ geben, welchem die Pflicht obliegt, denselben zu trocknen, was dadurch bewirkt wird, daß man ihn auf ein Bret legt, welches über die Oeffnung eines von unten durch Feuer erhitzten großen Krugs gedeckt ist. Ist dieser Proceß beendigt, was im Verlauf von drei Monaten zu geschehen pflegt, so wird dem Todten der Unterkiefer ausgeschnitten und zur Aufbewahrung hübsch mit Perlen über¬ arbeitet. Den Körper aber übergiebt man einem Grabe, welches von da an von dem erwähnten Günstling und den Lieblingsfraucn des Verstorbenen be¬ wacht und durch Anlegung von Gärten geschmückt wird. Kurz vor der Krönung des neuen Herrschers begiebt sich die Frau, welche demselben den Nabelstrang abzuschneiden die Ehre gehabt hat. an das Grab, beobachtet gewisse dorthin gepflanzte Bäume und sieht darin die Zukunft Ugandas, worauf sie an den Hof zurückkehrt und hier dem König auf Grund ihrer Observationen gebietet, was er fortan zunächst vorzunehmen hat. Mag sie ihm ein gemüthliches Zu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/394>, abgerufen am 28.09.2024.