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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Nachfolger setzten sein Regierungssystem fort, und das Land Uganda wurde ein
mächtiges Reich.

Infolge ihres großen Weiberhaushalts hinterlassen die Könige von Uganda
gewöhnlich eine Menge von Prinzen. Aus diesen Wahlen die obersten Beamten
denjenigen zum Thronfolger, der ihnen am geeignetsten erscheint, wozu gehört,
daß derselbe nicht von einer zu vornehmen Mutter stamme, weil er sonst zu
stolz werden und sie alle vor Uebermuth tödten könnte. Die übrigen Prinzen
werden mit Frauen in eine Reihe von Hütten gebracht, hier bis der Erwählte
die gehörige Reife erlangt und die Regierung angetreten hat, streng bewacht
und dann bis auf zwei, die man für alle Zufälle aufbewahrt, verbrannt.
Herrscherin des Landes ist nach dem Tode eines Königs bis zum Majorennwerden
des erwählten neuen die Mutter des letzteren.

Beide, Mutter und Sohn, haben jedes einen Kamravirona oder Grvj)-
wessir, ebenso andere Minister und oberste Beamte. Eine besonders hohe
Stellung nimmt die Jlmas ein, eine Frau, die das Glück gehabt hat, dem
König den Nabelstrang abzuschneiden; nach ihr folgt im Range die Schwester
der Königin, welche den Barbier Sr. Majestät macht und den Titel Sawaganzi
führt. Ferner ist zu nennen die Reihe der Provinzialgouverneure, der Jumva
oder Admiral der Nyanzaflvtte, der Mkuenda oder Hosfactor, der Mgemma
oder Aufseher über die königlichen Gräber, die beiden Hosscharfrichter, der
Seruli oder Hosbrauer, der Mfumbiro oder Mundkoch und zahlreiche Pagen,
die als Eilboten dienen und die Frauenpolizei bilden; andre Palastpolizeibeamte,
eine Schaar von Trommlern, Erbsenkürbisrasselern, Flöten- und Klarinettenbläsern,
Spielern von Holzharmonitas und Schooßharfen, Männern, die auf den Fingern
pfeifen, machen den übrigen Hofhalt aus. Hält der König Lever, so dürfen die
Wabandwa, Frauen, welche durch Kreischen von Zaubersprüchcn den bösen
Blick von der Majestät fernhalten und ihm zugleich seinen Pisangwein zu
kredenzen haben, nicht fehlen.

Die Beamten haben die Pflicht, fleißig bei Hose zu erscheinen. Unterlassen
sie dies oder zeigen sie sich bei dem durch das Herkommen vorgeschriebnen Cere-
moniel nicht sorgfältig oder unterwürfig genug, so wird dies als Zeichen von
Unverschämtheit oder Abneigung mit Todesstrafe oder mit Vermögensconfis¬
cation geahndet. Infolge dieses strengen Etiquettcnzwangs giebt es am Hofe
mehr Ceremoniel als Geschäft, doch hat der König beständig ein Auge auf
seinen Schatz, und so findet er stets Gelegenheit zu verurtheilen und damit seine
Einnahmen im Gange zu erhalten.

Braucht er eine besonders starke Ergänzung seines Besitzes, so läßt er sich
seinen Großen gegenüber etwa folgendermaßen vernehmen: "Rinder, Weiber
und Kinder sind knapp in Uganda, ein Heer von einem oder zwei tausend Mann
muß gebildet werden, um Unyvro zu plündern. Die Wasoga serner haben


Nachfolger setzten sein Regierungssystem fort, und das Land Uganda wurde ein
mächtiges Reich.

Infolge ihres großen Weiberhaushalts hinterlassen die Könige von Uganda
gewöhnlich eine Menge von Prinzen. Aus diesen Wahlen die obersten Beamten
denjenigen zum Thronfolger, der ihnen am geeignetsten erscheint, wozu gehört,
daß derselbe nicht von einer zu vornehmen Mutter stamme, weil er sonst zu
stolz werden und sie alle vor Uebermuth tödten könnte. Die übrigen Prinzen
werden mit Frauen in eine Reihe von Hütten gebracht, hier bis der Erwählte
die gehörige Reife erlangt und die Regierung angetreten hat, streng bewacht
und dann bis auf zwei, die man für alle Zufälle aufbewahrt, verbrannt.
Herrscherin des Landes ist nach dem Tode eines Königs bis zum Majorennwerden
des erwählten neuen die Mutter des letzteren.

Beide, Mutter und Sohn, haben jedes einen Kamravirona oder Grvj)-
wessir, ebenso andere Minister und oberste Beamte. Eine besonders hohe
Stellung nimmt die Jlmas ein, eine Frau, die das Glück gehabt hat, dem
König den Nabelstrang abzuschneiden; nach ihr folgt im Range die Schwester
der Königin, welche den Barbier Sr. Majestät macht und den Titel Sawaganzi
führt. Ferner ist zu nennen die Reihe der Provinzialgouverneure, der Jumva
oder Admiral der Nyanzaflvtte, der Mkuenda oder Hosfactor, der Mgemma
oder Aufseher über die königlichen Gräber, die beiden Hosscharfrichter, der
Seruli oder Hosbrauer, der Mfumbiro oder Mundkoch und zahlreiche Pagen,
die als Eilboten dienen und die Frauenpolizei bilden; andre Palastpolizeibeamte,
eine Schaar von Trommlern, Erbsenkürbisrasselern, Flöten- und Klarinettenbläsern,
Spielern von Holzharmonitas und Schooßharfen, Männern, die auf den Fingern
pfeifen, machen den übrigen Hofhalt aus. Hält der König Lever, so dürfen die
Wabandwa, Frauen, welche durch Kreischen von Zaubersprüchcn den bösen
Blick von der Majestät fernhalten und ihm zugleich seinen Pisangwein zu
kredenzen haben, nicht fehlen.

Die Beamten haben die Pflicht, fleißig bei Hose zu erscheinen. Unterlassen
sie dies oder zeigen sie sich bei dem durch das Herkommen vorgeschriebnen Cere-
moniel nicht sorgfältig oder unterwürfig genug, so wird dies als Zeichen von
Unverschämtheit oder Abneigung mit Todesstrafe oder mit Vermögensconfis¬
cation geahndet. Infolge dieses strengen Etiquettcnzwangs giebt es am Hofe
mehr Ceremoniel als Geschäft, doch hat der König beständig ein Auge auf
seinen Schatz, und so findet er stets Gelegenheit zu verurtheilen und damit seine
Einnahmen im Gange zu erhalten.

Braucht er eine besonders starke Ergänzung seines Besitzes, so läßt er sich
seinen Großen gegenüber etwa folgendermaßen vernehmen: „Rinder, Weiber
und Kinder sind knapp in Uganda, ein Heer von einem oder zwei tausend Mann
muß gebildet werden, um Unyvro zu plündern. Die Wasoga serner haben


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/390>, abgerufen am 28.09.2024.