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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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meine Unterthanen beleidigt und müssen gestraft werden, weshalb eine Armee
von gleicher Stärke aufzubieten ist. Die Wahaija endlich haben in der letzten
Zeit ihren Tribut nicht entrichtet und sind zu schätzen." Dann ruft der Kam-
ravirona die Divisionsofsiziere auf, und der König bestätigt sie, worauf sie sich
niedere Offiziere suchen und diese wieder die gemeine Mannschaft zusammen¬
bringen. Dann wird aufgebrochen, und die Plünderungszüge beginnen. Mi߬
lingt ein solcher, so folgen Verstärkungen nach. Die Ausreißer werden mit
dem Namen "Weiber" beschimpft und so lange mit rothglühenden Eisen ge¬
schlagen, "bis sie nicht mehr Menschen sind und wegen ihrer Feigheit sterben."
Dagegen wird tapferes Verhalten in der Schlacht mit Ehrenstellen, Weibern
und Rindern belohnt.

Speke wohnte am 25. Mai einer Parade aus dem Kriege zurückkehrender
Truppen Ugandas bei. Dieselbe fand auf einem großen Platz zwischen dem
Palast Mensah und den Hütten der Königin-Mutter und des Kamravirona statt,
und wurde über das Bataillon des Obersten Kongow abgehalten. Der König
erschien dazu mit Schild und Speer, sein Stab nahm kauernd um ihn Platz.
Das Bataillon, aus drei Compagnien, jede zu etwa 200 Mann, bestehend und
auf der linken Seite des Platzes aufgestellt, erhielt Befehl, einzeln von der
rechten Seite der Compagnien im Trabe vorbcizudesiliren und sich am entgegen¬
gesetzten Ende des Platzes wieder zu schließen.

"Man kann sich nichts Wilderes und Phantastischeres denken, als den An¬
blick, der nun folgte. Die Männer waren großentheils nackt bis aus den
Gürtel, von welchem Ziegen- oder Katzenfelle herabhingen. Die eine Hälfte
des Körpers war roth oder schwarz, die andere blau bemalt. Alle führten die¬
selben Waffen, zwei Speere und einen Schild, die sie so hielten, als ob sie
sich dem Feinde näherten, und so bewegten sie sich in drei Zügen fünfzehn bis
zwanzig Schritt von einander mit langen Schritten vorwärts, wobei nur das
Bein, welches aus dem Boden ruhte, gebogen wurde, um ihrem Schritt mehr
Schwung zu geben. Nachdem die Mannschaft vorübergeeilt, kamen die Haupt¬
leute der Compagnien, die noch phantastischer angethan waren, und ganz zuletzt
der große Oberst Kongow, ein vollständiger Robinson Krusoc mit seinem lang¬
haarigen weißen Ziegenfell, seinem gcigenförmigen, mit sechs Haarbüscheln ver¬
zierten Schilde, ähnlichen Haarbüscheln unter den Knieen und einem mit Perlen
geschmückten, von einem rothen Federbusch überragten Helm. Sie machten
compagnieweise verschiedene Angriffe durch, bis zuletzt die ältern Offiziere
heranstürmten und mit ihren Speeren nach dem König ausholten, was als
mimische Betheuerung heftigster Treue und Anhänglichkeit gegen den Monarchen
gilt und von den Zuschauern mit Beifallsbezeugungen belohnt wurde."

Interessant ist, wie der König sich über die Stärke seiner Truppen Gewi߬
heit verschafft. Unterm 3. Juni schreibt Speke in sein Tagebuch:


meine Unterthanen beleidigt und müssen gestraft werden, weshalb eine Armee
von gleicher Stärke aufzubieten ist. Die Wahaija endlich haben in der letzten
Zeit ihren Tribut nicht entrichtet und sind zu schätzen." Dann ruft der Kam-
ravirona die Divisionsofsiziere auf, und der König bestätigt sie, worauf sie sich
niedere Offiziere suchen und diese wieder die gemeine Mannschaft zusammen¬
bringen. Dann wird aufgebrochen, und die Plünderungszüge beginnen. Mi߬
lingt ein solcher, so folgen Verstärkungen nach. Die Ausreißer werden mit
dem Namen „Weiber" beschimpft und so lange mit rothglühenden Eisen ge¬
schlagen, „bis sie nicht mehr Menschen sind und wegen ihrer Feigheit sterben."
Dagegen wird tapferes Verhalten in der Schlacht mit Ehrenstellen, Weibern
und Rindern belohnt.

Speke wohnte am 25. Mai einer Parade aus dem Kriege zurückkehrender
Truppen Ugandas bei. Dieselbe fand auf einem großen Platz zwischen dem
Palast Mensah und den Hütten der Königin-Mutter und des Kamravirona statt,
und wurde über das Bataillon des Obersten Kongow abgehalten. Der König
erschien dazu mit Schild und Speer, sein Stab nahm kauernd um ihn Platz.
Das Bataillon, aus drei Compagnien, jede zu etwa 200 Mann, bestehend und
auf der linken Seite des Platzes aufgestellt, erhielt Befehl, einzeln von der
rechten Seite der Compagnien im Trabe vorbcizudesiliren und sich am entgegen¬
gesetzten Ende des Platzes wieder zu schließen.

„Man kann sich nichts Wilderes und Phantastischeres denken, als den An¬
blick, der nun folgte. Die Männer waren großentheils nackt bis aus den
Gürtel, von welchem Ziegen- oder Katzenfelle herabhingen. Die eine Hälfte
des Körpers war roth oder schwarz, die andere blau bemalt. Alle führten die¬
selben Waffen, zwei Speere und einen Schild, die sie so hielten, als ob sie
sich dem Feinde näherten, und so bewegten sie sich in drei Zügen fünfzehn bis
zwanzig Schritt von einander mit langen Schritten vorwärts, wobei nur das
Bein, welches aus dem Boden ruhte, gebogen wurde, um ihrem Schritt mehr
Schwung zu geben. Nachdem die Mannschaft vorübergeeilt, kamen die Haupt¬
leute der Compagnien, die noch phantastischer angethan waren, und ganz zuletzt
der große Oberst Kongow, ein vollständiger Robinson Krusoc mit seinem lang¬
haarigen weißen Ziegenfell, seinem gcigenförmigen, mit sechs Haarbüscheln ver¬
zierten Schilde, ähnlichen Haarbüscheln unter den Knieen und einem mit Perlen
geschmückten, von einem rothen Federbusch überragten Helm. Sie machten
compagnieweise verschiedene Angriffe durch, bis zuletzt die ältern Offiziere
heranstürmten und mit ihren Speeren nach dem König ausholten, was als
mimische Betheuerung heftigster Treue und Anhänglichkeit gegen den Monarchen
gilt und von den Zuschauern mit Beifallsbezeugungen belohnt wurde."

Interessant ist, wie der König sich über die Stärke seiner Truppen Gewi߬
heit verschafft. Unterm 3. Juni schreibt Speke in sein Tagebuch:


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[0391] meine Unterthanen beleidigt und müssen gestraft werden, weshalb eine Armee von gleicher Stärke aufzubieten ist. Die Wahaija endlich haben in der letzten Zeit ihren Tribut nicht entrichtet und sind zu schätzen." Dann ruft der Kam- ravirona die Divisionsofsiziere auf, und der König bestätigt sie, worauf sie sich niedere Offiziere suchen und diese wieder die gemeine Mannschaft zusammen¬ bringen. Dann wird aufgebrochen, und die Plünderungszüge beginnen. Mi߬ lingt ein solcher, so folgen Verstärkungen nach. Die Ausreißer werden mit dem Namen „Weiber" beschimpft und so lange mit rothglühenden Eisen ge¬ schlagen, „bis sie nicht mehr Menschen sind und wegen ihrer Feigheit sterben." Dagegen wird tapferes Verhalten in der Schlacht mit Ehrenstellen, Weibern und Rindern belohnt. Speke wohnte am 25. Mai einer Parade aus dem Kriege zurückkehrender Truppen Ugandas bei. Dieselbe fand auf einem großen Platz zwischen dem Palast Mensah und den Hütten der Königin-Mutter und des Kamravirona statt, und wurde über das Bataillon des Obersten Kongow abgehalten. Der König erschien dazu mit Schild und Speer, sein Stab nahm kauernd um ihn Platz. Das Bataillon, aus drei Compagnien, jede zu etwa 200 Mann, bestehend und auf der linken Seite des Platzes aufgestellt, erhielt Befehl, einzeln von der rechten Seite der Compagnien im Trabe vorbcizudesiliren und sich am entgegen¬ gesetzten Ende des Platzes wieder zu schließen. „Man kann sich nichts Wilderes und Phantastischeres denken, als den An¬ blick, der nun folgte. Die Männer waren großentheils nackt bis aus den Gürtel, von welchem Ziegen- oder Katzenfelle herabhingen. Die eine Hälfte des Körpers war roth oder schwarz, die andere blau bemalt. Alle führten die¬ selben Waffen, zwei Speere und einen Schild, die sie so hielten, als ob sie sich dem Feinde näherten, und so bewegten sie sich in drei Zügen fünfzehn bis zwanzig Schritt von einander mit langen Schritten vorwärts, wobei nur das Bein, welches aus dem Boden ruhte, gebogen wurde, um ihrem Schritt mehr Schwung zu geben. Nachdem die Mannschaft vorübergeeilt, kamen die Haupt¬ leute der Compagnien, die noch phantastischer angethan waren, und ganz zuletzt der große Oberst Kongow, ein vollständiger Robinson Krusoc mit seinem lang¬ haarigen weißen Ziegenfell, seinem gcigenförmigen, mit sechs Haarbüscheln ver¬ zierten Schilde, ähnlichen Haarbüscheln unter den Knieen und einem mit Perlen geschmückten, von einem rothen Federbusch überragten Helm. Sie machten compagnieweise verschiedene Angriffe durch, bis zuletzt die ältern Offiziere heranstürmten und mit ihren Speeren nach dem König ausholten, was als mimische Betheuerung heftigster Treue und Anhänglichkeit gegen den Monarchen gilt und von den Zuschauern mit Beifallsbezeugungen belohnt wurde." Interessant ist, wie der König sich über die Stärke seiner Truppen Gewi߬ heit verschafft. Unterm 3. Juni schreibt Speke in sein Tagebuch:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/391>, abgerufen am 28.09.2024.