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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Controlebehörden sind noch zahlreicher vertreten, als bei der Landarmee, dafür
aber blüht die Vielschreibern und der langsame Geschäftsgang so wie dort, und
Unterschiede wurden wiederholt mit derselben Unverschämtheit und in ähnlicher
Ausdehnung verübt, wie nur unter Eynattens Verwaltung in der Armee. Die
Schiffsgeistlichkeit würde für eine dreimal größere Marine genügen, wogegen
das ärztliche Personal nicht überzahlreich ist. Das Bauwesen steht unter der
Leitung von etwa vierzig Ingenieuren und höheren Beamten, für deren Talente
und Erfahrung mehre von ihnen gebaute Schiffe, sowie einige Arsenal- und
Hafenbauten nicht das günstigste Zeugniß abgeben. Jedenfalls sind die besten
Schiffe und die zweckmäßigsten Land- und Wasserbauten von ausländischen oder
Civilingenieuren gebaut oder wenigstens entworfen worden. Die Verpflegung
der Schiffsequipagen ist sehr mangelhaft, und auch die meisten andern Bedürfnisse
werden trotz des an zweihundert Köpfe zählenden Personals der Magazin-
und Arsenalverwaltung durchschnittlich so schlecht und theuer als möglich ge¬
liefert.

Der Haushalt der östreichischen Marine ist also mangelhaft, und es kann
schon darum nicht befremden, daß selbst bei dem besten Willen des Chefs und
der höheren Offiziere das Ganze noch weit von jenem Standpunkte entfernt
ist, welchen es unter andern Umständen schon erreicht haben könnte.

Indessen sind auch die Marinetruppen nicht recht zweckmäßig organisirt.
und es könnten theils zahlreiche Ersparungen gemacht, theils viele Aenderungen
in dem Wirkungskreise mancher Stellen getroffen werden.

Der Marincstab, aus der Admiralität und den Schiffsofsizieren bestehend,
würde für eine dreimal größere Marine vollständig genügen. Es giebt Vice-
und Contrcadmiräle. Lächerlich genug existirt auch eine eigene Adjustirungs-
vorschrift für Admiräle, welchen Grad bis jetzt noch Niemand erreicht hat und
auch nicht sobald erreichen dürfte, -- ja diese Vorschrift wurde sogar schon
wiederholt abgeändert.

Die nicht eingeschiffte Marineinfanterie und Artillerie steht unter der speciellen
Inspection eines Generals, dessen Stelle mit vollem Rechte eine Sinecure ge¬
nannt werden kann. Ebenso giebt es außer den im Oberstenrange stehenden
Linienscbiffscapitänen noch mehre Obersten, welche dem Namen nach als Comman¬
danten des Matrosencorps, der Infanterie und Artillerie fungiren und nicht
in der Rangliste der zur Armee gehörenden Obersten, sondern in jener der
Schiffscapiläne stehen. Gegenwärtig zählt die östreichische Flotte nicht weniger
als 7 angestellte und 9 unangcstelltc Vice- und Contreadmirale und Generale,
L0 angestellte und unangestcllte Linienschiffscapitäne und Obersten und 26 an¬
gestellte Fregattencapitäne und Oberstlieutenants. Gewiß nur zu deutlich
sprechende Zahlen! Nach unten herab vermindert sich jedoch die Menge der
denselben Rang Bekleidenden, und so ist die Zahl der Subalternoffizierc ver-


Controlebehörden sind noch zahlreicher vertreten, als bei der Landarmee, dafür
aber blüht die Vielschreibern und der langsame Geschäftsgang so wie dort, und
Unterschiede wurden wiederholt mit derselben Unverschämtheit und in ähnlicher
Ausdehnung verübt, wie nur unter Eynattens Verwaltung in der Armee. Die
Schiffsgeistlichkeit würde für eine dreimal größere Marine genügen, wogegen
das ärztliche Personal nicht überzahlreich ist. Das Bauwesen steht unter der
Leitung von etwa vierzig Ingenieuren und höheren Beamten, für deren Talente
und Erfahrung mehre von ihnen gebaute Schiffe, sowie einige Arsenal- und
Hafenbauten nicht das günstigste Zeugniß abgeben. Jedenfalls sind die besten
Schiffe und die zweckmäßigsten Land- und Wasserbauten von ausländischen oder
Civilingenieuren gebaut oder wenigstens entworfen worden. Die Verpflegung
der Schiffsequipagen ist sehr mangelhaft, und auch die meisten andern Bedürfnisse
werden trotz des an zweihundert Köpfe zählenden Personals der Magazin-
und Arsenalverwaltung durchschnittlich so schlecht und theuer als möglich ge¬
liefert.

Der Haushalt der östreichischen Marine ist also mangelhaft, und es kann
schon darum nicht befremden, daß selbst bei dem besten Willen des Chefs und
der höheren Offiziere das Ganze noch weit von jenem Standpunkte entfernt
ist, welchen es unter andern Umständen schon erreicht haben könnte.

Indessen sind auch die Marinetruppen nicht recht zweckmäßig organisirt.
und es könnten theils zahlreiche Ersparungen gemacht, theils viele Aenderungen
in dem Wirkungskreise mancher Stellen getroffen werden.

Der Marincstab, aus der Admiralität und den Schiffsofsizieren bestehend,
würde für eine dreimal größere Marine vollständig genügen. Es giebt Vice-
und Contrcadmiräle. Lächerlich genug existirt auch eine eigene Adjustirungs-
vorschrift für Admiräle, welchen Grad bis jetzt noch Niemand erreicht hat und
auch nicht sobald erreichen dürfte, — ja diese Vorschrift wurde sogar schon
wiederholt abgeändert.

Die nicht eingeschiffte Marineinfanterie und Artillerie steht unter der speciellen
Inspection eines Generals, dessen Stelle mit vollem Rechte eine Sinecure ge¬
nannt werden kann. Ebenso giebt es außer den im Oberstenrange stehenden
Linienscbiffscapitänen noch mehre Obersten, welche dem Namen nach als Comman¬
danten des Matrosencorps, der Infanterie und Artillerie fungiren und nicht
in der Rangliste der zur Armee gehörenden Obersten, sondern in jener der
Schiffscapiläne stehen. Gegenwärtig zählt die östreichische Flotte nicht weniger
als 7 angestellte und 9 unangcstelltc Vice- und Contreadmirale und Generale,
L0 angestellte und unangestcllte Linienschiffscapitäne und Obersten und 26 an¬
gestellte Fregattencapitäne und Oberstlieutenants. Gewiß nur zu deutlich
sprechende Zahlen! Nach unten herab vermindert sich jedoch die Menge der
denselben Rang Bekleidenden, und so ist die Zahl der Subalternoffizierc ver-


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[0342] Controlebehörden sind noch zahlreicher vertreten, als bei der Landarmee, dafür aber blüht die Vielschreibern und der langsame Geschäftsgang so wie dort, und Unterschiede wurden wiederholt mit derselben Unverschämtheit und in ähnlicher Ausdehnung verübt, wie nur unter Eynattens Verwaltung in der Armee. Die Schiffsgeistlichkeit würde für eine dreimal größere Marine genügen, wogegen das ärztliche Personal nicht überzahlreich ist. Das Bauwesen steht unter der Leitung von etwa vierzig Ingenieuren und höheren Beamten, für deren Talente und Erfahrung mehre von ihnen gebaute Schiffe, sowie einige Arsenal- und Hafenbauten nicht das günstigste Zeugniß abgeben. Jedenfalls sind die besten Schiffe und die zweckmäßigsten Land- und Wasserbauten von ausländischen oder Civilingenieuren gebaut oder wenigstens entworfen worden. Die Verpflegung der Schiffsequipagen ist sehr mangelhaft, und auch die meisten andern Bedürfnisse werden trotz des an zweihundert Köpfe zählenden Personals der Magazin- und Arsenalverwaltung durchschnittlich so schlecht und theuer als möglich ge¬ liefert. Der Haushalt der östreichischen Marine ist also mangelhaft, und es kann schon darum nicht befremden, daß selbst bei dem besten Willen des Chefs und der höheren Offiziere das Ganze noch weit von jenem Standpunkte entfernt ist, welchen es unter andern Umständen schon erreicht haben könnte. Indessen sind auch die Marinetruppen nicht recht zweckmäßig organisirt. und es könnten theils zahlreiche Ersparungen gemacht, theils viele Aenderungen in dem Wirkungskreise mancher Stellen getroffen werden. Der Marincstab, aus der Admiralität und den Schiffsofsizieren bestehend, würde für eine dreimal größere Marine vollständig genügen. Es giebt Vice- und Contrcadmiräle. Lächerlich genug existirt auch eine eigene Adjustirungs- vorschrift für Admiräle, welchen Grad bis jetzt noch Niemand erreicht hat und auch nicht sobald erreichen dürfte, — ja diese Vorschrift wurde sogar schon wiederholt abgeändert. Die nicht eingeschiffte Marineinfanterie und Artillerie steht unter der speciellen Inspection eines Generals, dessen Stelle mit vollem Rechte eine Sinecure ge¬ nannt werden kann. Ebenso giebt es außer den im Oberstenrange stehenden Linienscbiffscapitänen noch mehre Obersten, welche dem Namen nach als Comman¬ danten des Matrosencorps, der Infanterie und Artillerie fungiren und nicht in der Rangliste der zur Armee gehörenden Obersten, sondern in jener der Schiffscapiläne stehen. Gegenwärtig zählt die östreichische Flotte nicht weniger als 7 angestellte und 9 unangcstelltc Vice- und Contreadmirale und Generale, L0 angestellte und unangestcllte Linienschiffscapitäne und Obersten und 26 an¬ gestellte Fregattencapitäne und Oberstlieutenants. Gewiß nur zu deutlich sprechende Zahlen! Nach unten herab vermindert sich jedoch die Menge der denselben Rang Bekleidenden, und so ist die Zahl der Subalternoffizierc ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/342>, abgerufen am 28.09.2024.