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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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hältnißrncißig gering. Sowohl dieses Mißverhältnis; der Zahl der Befehlshaber
zu der Zahl der Untergebenen als auch die äußerst einfache Gliederung der
Rangleiter, und vorzüglich die bei den geringsten Anlässen eintretenden Ver¬
mehrungen des Ofsiziersstatus verursachen ein außerordentlich rasches Avance¬
ment. Der i" die Marine mit Aussicht auf Beförderung Eintretende beginnt,
nachdem er auf einem sogenannten Elevenschiffe den ersten Unterricht erhalten,
seine Laufbahn als Seeelcve oder auch sogleich als Seenadel, rückt von diesem
zum Schiffsfähnrich (im Range eines Oberlieutenants) und dann zum Schiffs¬
lieutenant (Hauptmann) auf. Es fallen also die in der Armee bestehenden
Zwischengrade des ersten und zweiten Lieutenants und des zweiten Hauptmanns
gänzlich hinweg. Der Schiffslieutenant (Hauptmann) rückt unmittelbar zum
Fregattencapitän (Oberstlieutenant) auf. Das schnelle Emporkommen mancher
östreichischen Marineoffiziere, z, B. Tegetthofs, welcher erst im Jahre 1848
Offizier wurde, kann also nicht überraschen und noch weniger als ein Beweis
der von den Betreffenden erworbenen außerordentlichen Verdienste angeführt
werden. Alle diese Männer wurden eben nur auf besondere Weise vom Glücke
begünstigt und gelangten, indem sie nur jeder ausfallenden Nachlässigkeit vor¬
beugten , ohne weiteres Zuthun einfach durch die Anciennetät zu ihrer Stellung.
Auch trugen die häufigen und frühzeitigen Pensionirungen zu den günstigen
Avancementsverhältnissen bei. Es wäre unrichtig, wenn man glauben wollte,
daß sich die Menschen im Dienste der kaiserlichen Marine so früh abnutzen.
Im Gegentheil sind zwei Drittheile der Pensionirten körperlich und geistig
ebenso diensttauglich, als sie es nur je zuvor gewesen sein mögen. Aber eine
Kleinigkeit genügt, um die Versetzung irgendeines rüstigen und vielleicht auch
verdienten Offiziers in den Ruhestand zu bewirken. Nicht etwa ein wirkliches
Vergehen; denn gegen solche ist man wieder sowohl in der Marine als in
der Landarmee oft auffallend ^nachsichtig; wohl aber soll ein kleiner Verstoß
gegen die Etikette, irgend eine im Mißmuthe ausgestoßene und "hohen Ohren"
hinterbrachte Aeußerung, ja bisweilen schon eine mißliebige Gesichtsvildung
unter vier Fällen dreimal die Ursache vorzeitiger von Amtswegen erfolgender
Pensionirungen gewesen sein. Andererseits aber wird es auch dem Offizier
leicht gemacht, sich trotz aller Rüstigkeit in den Ruhestand zu begeben. Irgend-
einem Capitän, welcher Gourmand ist, behagt die ihm angewiesene Küsten¬
station wegen der dort üblichen Kost oder des dort herrschenden Mangels an Ver¬
gnügungen nicht mehr, oder ein junger hochadeliger Lieutenant gewinnt auf eine
Art seines schnelleren Vorwärtskommens wegen seinen Vordermann, um seinen
Abschied zu bitten, und siehe da, es bedarf nur einer vorgeschützten achttägigen
Krankheit und einer aus dem geeigneten Wege an den rechten Mann gelangen¬
den Bitte, um die Pensionirung zu veranlassen. Daher ist die Zahl der
Pensionirten Marineoffiziere ungeachtet des kurzen Bestandes der östreichischen


hältnißrncißig gering. Sowohl dieses Mißverhältnis; der Zahl der Befehlshaber
zu der Zahl der Untergebenen als auch die äußerst einfache Gliederung der
Rangleiter, und vorzüglich die bei den geringsten Anlässen eintretenden Ver¬
mehrungen des Ofsiziersstatus verursachen ein außerordentlich rasches Avance¬
ment. Der i» die Marine mit Aussicht auf Beförderung Eintretende beginnt,
nachdem er auf einem sogenannten Elevenschiffe den ersten Unterricht erhalten,
seine Laufbahn als Seeelcve oder auch sogleich als Seenadel, rückt von diesem
zum Schiffsfähnrich (im Range eines Oberlieutenants) und dann zum Schiffs¬
lieutenant (Hauptmann) auf. Es fallen also die in der Armee bestehenden
Zwischengrade des ersten und zweiten Lieutenants und des zweiten Hauptmanns
gänzlich hinweg. Der Schiffslieutenant (Hauptmann) rückt unmittelbar zum
Fregattencapitän (Oberstlieutenant) auf. Das schnelle Emporkommen mancher
östreichischen Marineoffiziere, z, B. Tegetthofs, welcher erst im Jahre 1848
Offizier wurde, kann also nicht überraschen und noch weniger als ein Beweis
der von den Betreffenden erworbenen außerordentlichen Verdienste angeführt
werden. Alle diese Männer wurden eben nur auf besondere Weise vom Glücke
begünstigt und gelangten, indem sie nur jeder ausfallenden Nachlässigkeit vor¬
beugten , ohne weiteres Zuthun einfach durch die Anciennetät zu ihrer Stellung.
Auch trugen die häufigen und frühzeitigen Pensionirungen zu den günstigen
Avancementsverhältnissen bei. Es wäre unrichtig, wenn man glauben wollte,
daß sich die Menschen im Dienste der kaiserlichen Marine so früh abnutzen.
Im Gegentheil sind zwei Drittheile der Pensionirten körperlich und geistig
ebenso diensttauglich, als sie es nur je zuvor gewesen sein mögen. Aber eine
Kleinigkeit genügt, um die Versetzung irgendeines rüstigen und vielleicht auch
verdienten Offiziers in den Ruhestand zu bewirken. Nicht etwa ein wirkliches
Vergehen; denn gegen solche ist man wieder sowohl in der Marine als in
der Landarmee oft auffallend ^nachsichtig; wohl aber soll ein kleiner Verstoß
gegen die Etikette, irgend eine im Mißmuthe ausgestoßene und „hohen Ohren"
hinterbrachte Aeußerung, ja bisweilen schon eine mißliebige Gesichtsvildung
unter vier Fällen dreimal die Ursache vorzeitiger von Amtswegen erfolgender
Pensionirungen gewesen sein. Andererseits aber wird es auch dem Offizier
leicht gemacht, sich trotz aller Rüstigkeit in den Ruhestand zu begeben. Irgend-
einem Capitän, welcher Gourmand ist, behagt die ihm angewiesene Küsten¬
station wegen der dort üblichen Kost oder des dort herrschenden Mangels an Ver¬
gnügungen nicht mehr, oder ein junger hochadeliger Lieutenant gewinnt auf eine
Art seines schnelleren Vorwärtskommens wegen seinen Vordermann, um seinen
Abschied zu bitten, und siehe da, es bedarf nur einer vorgeschützten achttägigen
Krankheit und einer aus dem geeigneten Wege an den rechten Mann gelangen¬
den Bitte, um die Pensionirung zu veranlassen. Daher ist die Zahl der
Pensionirten Marineoffiziere ungeachtet des kurzen Bestandes der östreichischen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/343>, abgerufen am 28.09.2024.