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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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frinjank hat. Hat wuk man an ha. Grat Ehlki nam sannar Miät an sannar
an Thonkin tu thenkan fan al det Guts so sol, us hat man treg lud, hat
sung a" dial Baru.

Man hart! Nu hiärd hat an Roulin a" al det Guts fort weg. Mvddar
an Slobbar würd a Grünj annar sin Fee. Hat wui singt, man fort weg so
jip de! an kam nimmar weddar ub a Welt.

Das heißt wörtlich auf Hochdeutsch:

Klein-Ehlchen und Groß-Ehlcben saßen beim Brunnen zu spinnen. Da
fiel Groß-Ehlchen sein Rocke" in den Brunnen und Klein-Ehlchen sprang hinten-
nach. Da war der Brunnen unten so weit und hatte viel schmücke Steglein.

Klein-Ehlchen ging fürder. Es kam zu einem offnen Backofen. Der Back¬
ofen sagte: "Leere (eigentlich reche) mich einmal aus, ich thu dir so viel
warmes Brod als nur essen magst. Klein-Esteban nahm beinahe (bald) nichts
und dankte. Es nahm nichts mit zurück. Da kam es zu einem Apfelbaum,
der hing voll schmucke Früchte und sagte: "Schüttle mich nur und iß, so viel
als (du) nur magst. Nimm auch mit so viel als (du) willst." Klein-Ehlchen
dankte und nahm nur einen kleinen Apfel. Nun kam es zu einer Kuh. Die
Kuh sagte: "Meile mich einmal, du sollst so viel warme Milch haben, als
(du) nur trinken magst." Es dankte und nahm nur wenig für den ärgsten
Durst; denn je weiter (fürder) es kam, desto heißer es wurde. In der Ferne
sah es "och viel Schönes, das allzumal es locken wollte. Aber es dachte:
"Ich bin ja reich genug und brauche um'r wenig. Es kam zurück mit dem
Rocken zu seiner Schwester. Es (diese) fluchte auf es, daß es aus dem Wunder¬
brunnen nicht mehr genommen hätte.

Groß-Ehlchen sprang selbst in den Brunnen. Es kam zu dem Backofen,
es kam zu dein Baum, es kam zu der Kuh. Der Backofen sagte: "Leer mich
einmal aus, ich thu dir so viel warmes Brod, als (du) nur essen magst."
Der Apfelbaum sagte: "Schüttle mich nur und iß so viel als (du) nur magst."
Die Kuh sagte: "Meile mich einmal, du sollst so viel warme Milch haben als
(du) nur trinken magst." Es fand noch mehr Schmuckes, das es lockte und
freundlich bat. Es wollte aber alles haben. Groß-Ehlchen nahm ohne (sonder)
Maß und ohne an Danken zu deuten von alt dein Guten so viel als es nur
tragen konnte; es nahm eine ganze Last.

Aber horch!. Jetzt Hort es ein Rumpeln, und all das Gute sank weg.
Moder und Morast wurde der Grund unter seinen Füßen. Es wollte flüchten,
aber sank weg, so tief hinunter und kam nimmer wieder auf die Welt.

Die Sagen der Friesen sind ebenso wie ihre Kinderreime mit den deutschen
vielfach verwandt, doch on>rathen die von den Inseln meist eine gewisse Melan¬
cholie, auch ist der friesische Hexcnglaube finstrer und dämonischer als das ihm
Verwandte bei den Nachbarn. Der oft zu hörende Satz: I>wen, nein es>reg.t


frinjank hat. Hat wuk man an ha. Grat Ehlki nam sannar Miät an sannar
an Thonkin tu thenkan fan al det Guts so sol, us hat man treg lud, hat
sung a» dial Baru.

Man hart! Nu hiärd hat an Roulin a» al det Guts fort weg. Mvddar
an Slobbar würd a Grünj annar sin Fee. Hat wui singt, man fort weg so
jip de! an kam nimmar weddar ub a Welt.

Das heißt wörtlich auf Hochdeutsch:

Klein-Ehlchen und Groß-Ehlcben saßen beim Brunnen zu spinnen. Da
fiel Groß-Ehlchen sein Rocke» in den Brunnen und Klein-Ehlchen sprang hinten-
nach. Da war der Brunnen unten so weit und hatte viel schmücke Steglein.

Klein-Ehlchen ging fürder. Es kam zu einem offnen Backofen. Der Back¬
ofen sagte: „Leere (eigentlich reche) mich einmal aus, ich thu dir so viel
warmes Brod als nur essen magst. Klein-Esteban nahm beinahe (bald) nichts
und dankte. Es nahm nichts mit zurück. Da kam es zu einem Apfelbaum,
der hing voll schmucke Früchte und sagte: „Schüttle mich nur und iß, so viel
als (du) nur magst. Nimm auch mit so viel als (du) willst." Klein-Ehlchen
dankte und nahm nur einen kleinen Apfel. Nun kam es zu einer Kuh. Die
Kuh sagte: „Meile mich einmal, du sollst so viel warme Milch haben, als
(du) nur trinken magst." Es dankte und nahm nur wenig für den ärgsten
Durst; denn je weiter (fürder) es kam, desto heißer es wurde. In der Ferne
sah es »och viel Schönes, das allzumal es locken wollte. Aber es dachte:
„Ich bin ja reich genug und brauche um'r wenig. Es kam zurück mit dem
Rocken zu seiner Schwester. Es (diese) fluchte auf es, daß es aus dem Wunder¬
brunnen nicht mehr genommen hätte.

Groß-Ehlchen sprang selbst in den Brunnen. Es kam zu dem Backofen,
es kam zu dein Baum, es kam zu der Kuh. Der Backofen sagte: „Leer mich
einmal aus, ich thu dir so viel warmes Brod, als (du) nur essen magst."
Der Apfelbaum sagte: „Schüttle mich nur und iß so viel als (du) nur magst."
Die Kuh sagte: „Meile mich einmal, du sollst so viel warme Milch haben als
(du) nur trinken magst." Es fand noch mehr Schmuckes, das es lockte und
freundlich bat. Es wollte aber alles haben. Groß-Ehlchen nahm ohne (sonder)
Maß und ohne an Danken zu deuten von alt dein Guten so viel als es nur
tragen konnte; es nahm eine ganze Last.

Aber horch!. Jetzt Hort es ein Rumpeln, und all das Gute sank weg.
Moder und Morast wurde der Grund unter seinen Füßen. Es wollte flüchten,
aber sank weg, so tief hinunter und kam nimmer wieder auf die Welt.

Die Sagen der Friesen sind ebenso wie ihre Kinderreime mit den deutschen
vielfach verwandt, doch on>rathen die von den Inseln meist eine gewisse Melan¬
cholie, auch ist der friesische Hexcnglaube finstrer und dämonischer als das ihm
Verwandte bei den Nachbarn. Der oft zu hörende Satz: I>wen, nein es>reg.t


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/30>, abgerufen am 28.09.2024.