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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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am besten geführten. Nur ausnahmsweise wurde der Seeverkehr im Mittel¬
meer durch Piraten gestört, dagegen vermochte die römische Weltmacht nicht,
entlegene Gewässer wie den Nordosten des Pontus Euxinus und den indischen
Ocean vor solchen zu schützen.

Bei Reisen über Land zogen einfache Reisende hochgeschürzt zu Fuß oder
mit geringem Gepäck auf einem Maulthier oder auch zu Pferd im Regenmantel
ihre Straße, aber selbst weniger wohlhabende wohl selten ohne Sklavenbeglei¬
tung. Personen der höheren Stände reisten nicht leicht ohne einen oder mehre
Gesellschafter, zahlreiche Dienerschaft und umfangreiches Gepäck. Milo nahm
bei einer Tour, die er mit seiner Frau nach Lanuvium machte, ein großes Ge¬
folge männlicher und weiblicher Sklaven und seine ganze Hauskapelle mit; die
Reisen Marc Antons mit ihrem ungeheuren Troß, ihren mit Löwen bespannten
Wagen und der Menge von Goldgefäßen, die wie in einer Prozession getragen
wurden, erinnern bereits an orientalische Pracht, und dieser Luxus wurde in
der Kaiserzeit noch überboten. Nero soll nie anders als mit tausend Karossen
gereist sein, die Hufeisen der Maulthiere vor denselben waren von Silber, die
Maulthiertreiber trugen rothe Livree, vorweg gingen Läufer und Vorreiter,
die auf das Reichste geschmückt waren. Poppcia ließ ihre Zugthiere sogar mit
Gold beschlagen, und in ihrem Reisezüge befanden sich fünfhundert Eselinnen,
damit die Fürstin täglich in Milch baden könne. Vornehme Privatleute eiferten
dem Beispiele der Herrscher so viel als möglich nach. Buntgekleidete Mohren
eröffneten ihren Reisezug, um jeden Aufenthalt im Voraus zu beseitigen. Die
Zugthiere, die man gern gleichfarbig wählte, waren mit purpurnen oder ge¬
stickten Decken behängen und trugen vergoldete Gebisse, die Reisewagen zierten
Beschläge aus edlem Metall, so daß sie den Werth eines Landguts haben konnten,
die Vorhänge waren von" Seide oder andern kostbaren Stoffen. Tafelgeschirr
aus Gold, Krystall oder Murrha. Gefäße von hohem Kunstwerth wurden mit¬
genommen. Die Wagen waren so bequem eingerichtet, daß man in ihnen lesen
und schreiben konnte. Auch Schlafwagen fehlten nicht. Claudius besaß Karossen
mit befestigten Würfelbrettern, Commodus hatte deren mit Vorrichtungen zum
Drehen der Sitze, um sich von den Sonnenstrahlen abwenden oder einen kühlenden
Luftzug auffangen zu können, und andere, an denen Apparate zur Messung
des zurückgelegten Wegs angebracht waren.

Der Umfang und die Ueppigkeit der Reiseanstalten erklären sich theils aus
dem Sklavenwesen, theils aus der Mangelhaftigkeit der Gasthäuser. Die Gast-
Wirthe kamen selten in die Lage, den Bedürfnissen verwöhnter Reisender zu
genügen, um so seltner, als das Klima meist das Uebernachten in mitgebrachten
Zelten gestattete, und je weniger sie von Vornehmen in Anspruch genommen wur¬
den, desto weniger waren sie auf solchen Besuch eingerichtet. Allerdings gab es.


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am besten geführten. Nur ausnahmsweise wurde der Seeverkehr im Mittel¬
meer durch Piraten gestört, dagegen vermochte die römische Weltmacht nicht,
entlegene Gewässer wie den Nordosten des Pontus Euxinus und den indischen
Ocean vor solchen zu schützen.

Bei Reisen über Land zogen einfache Reisende hochgeschürzt zu Fuß oder
mit geringem Gepäck auf einem Maulthier oder auch zu Pferd im Regenmantel
ihre Straße, aber selbst weniger wohlhabende wohl selten ohne Sklavenbeglei¬
tung. Personen der höheren Stände reisten nicht leicht ohne einen oder mehre
Gesellschafter, zahlreiche Dienerschaft und umfangreiches Gepäck. Milo nahm
bei einer Tour, die er mit seiner Frau nach Lanuvium machte, ein großes Ge¬
folge männlicher und weiblicher Sklaven und seine ganze Hauskapelle mit; die
Reisen Marc Antons mit ihrem ungeheuren Troß, ihren mit Löwen bespannten
Wagen und der Menge von Goldgefäßen, die wie in einer Prozession getragen
wurden, erinnern bereits an orientalische Pracht, und dieser Luxus wurde in
der Kaiserzeit noch überboten. Nero soll nie anders als mit tausend Karossen
gereist sein, die Hufeisen der Maulthiere vor denselben waren von Silber, die
Maulthiertreiber trugen rothe Livree, vorweg gingen Läufer und Vorreiter,
die auf das Reichste geschmückt waren. Poppcia ließ ihre Zugthiere sogar mit
Gold beschlagen, und in ihrem Reisezüge befanden sich fünfhundert Eselinnen,
damit die Fürstin täglich in Milch baden könne. Vornehme Privatleute eiferten
dem Beispiele der Herrscher so viel als möglich nach. Buntgekleidete Mohren
eröffneten ihren Reisezug, um jeden Aufenthalt im Voraus zu beseitigen. Die
Zugthiere, die man gern gleichfarbig wählte, waren mit purpurnen oder ge¬
stickten Decken behängen und trugen vergoldete Gebisse, die Reisewagen zierten
Beschläge aus edlem Metall, so daß sie den Werth eines Landguts haben konnten,
die Vorhänge waren von« Seide oder andern kostbaren Stoffen. Tafelgeschirr
aus Gold, Krystall oder Murrha. Gefäße von hohem Kunstwerth wurden mit¬
genommen. Die Wagen waren so bequem eingerichtet, daß man in ihnen lesen
und schreiben konnte. Auch Schlafwagen fehlten nicht. Claudius besaß Karossen
mit befestigten Würfelbrettern, Commodus hatte deren mit Vorrichtungen zum
Drehen der Sitze, um sich von den Sonnenstrahlen abwenden oder einen kühlenden
Luftzug auffangen zu können, und andere, an denen Apparate zur Messung
des zurückgelegten Wegs angebracht waren.

Der Umfang und die Ueppigkeit der Reiseanstalten erklären sich theils aus
dem Sklavenwesen, theils aus der Mangelhaftigkeit der Gasthäuser. Die Gast-
Wirthe kamen selten in die Lage, den Bedürfnissen verwöhnter Reisender zu
genügen, um so seltner, als das Klima meist das Uebernachten in mitgebrachten
Zelten gestattete, und je weniger sie von Vornehmen in Anspruch genommen wur¬
den, desto weniger waren sie auf solchen Besuch eingerichtet. Allerdings gab es.


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[0291] am besten geführten. Nur ausnahmsweise wurde der Seeverkehr im Mittel¬ meer durch Piraten gestört, dagegen vermochte die römische Weltmacht nicht, entlegene Gewässer wie den Nordosten des Pontus Euxinus und den indischen Ocean vor solchen zu schützen. Bei Reisen über Land zogen einfache Reisende hochgeschürzt zu Fuß oder mit geringem Gepäck auf einem Maulthier oder auch zu Pferd im Regenmantel ihre Straße, aber selbst weniger wohlhabende wohl selten ohne Sklavenbeglei¬ tung. Personen der höheren Stände reisten nicht leicht ohne einen oder mehre Gesellschafter, zahlreiche Dienerschaft und umfangreiches Gepäck. Milo nahm bei einer Tour, die er mit seiner Frau nach Lanuvium machte, ein großes Ge¬ folge männlicher und weiblicher Sklaven und seine ganze Hauskapelle mit; die Reisen Marc Antons mit ihrem ungeheuren Troß, ihren mit Löwen bespannten Wagen und der Menge von Goldgefäßen, die wie in einer Prozession getragen wurden, erinnern bereits an orientalische Pracht, und dieser Luxus wurde in der Kaiserzeit noch überboten. Nero soll nie anders als mit tausend Karossen gereist sein, die Hufeisen der Maulthiere vor denselben waren von Silber, die Maulthiertreiber trugen rothe Livree, vorweg gingen Läufer und Vorreiter, die auf das Reichste geschmückt waren. Poppcia ließ ihre Zugthiere sogar mit Gold beschlagen, und in ihrem Reisezüge befanden sich fünfhundert Eselinnen, damit die Fürstin täglich in Milch baden könne. Vornehme Privatleute eiferten dem Beispiele der Herrscher so viel als möglich nach. Buntgekleidete Mohren eröffneten ihren Reisezug, um jeden Aufenthalt im Voraus zu beseitigen. Die Zugthiere, die man gern gleichfarbig wählte, waren mit purpurnen oder ge¬ stickten Decken behängen und trugen vergoldete Gebisse, die Reisewagen zierten Beschläge aus edlem Metall, so daß sie den Werth eines Landguts haben konnten, die Vorhänge waren von« Seide oder andern kostbaren Stoffen. Tafelgeschirr aus Gold, Krystall oder Murrha. Gefäße von hohem Kunstwerth wurden mit¬ genommen. Die Wagen waren so bequem eingerichtet, daß man in ihnen lesen und schreiben konnte. Auch Schlafwagen fehlten nicht. Claudius besaß Karossen mit befestigten Würfelbrettern, Commodus hatte deren mit Vorrichtungen zum Drehen der Sitze, um sich von den Sonnenstrahlen abwenden oder einen kühlenden Luftzug auffangen zu können, und andere, an denen Apparate zur Messung des zurückgelegten Wegs angebracht waren. Der Umfang und die Ueppigkeit der Reiseanstalten erklären sich theils aus dem Sklavenwesen, theils aus der Mangelhaftigkeit der Gasthäuser. Die Gast- Wirthe kamen selten in die Lage, den Bedürfnissen verwöhnter Reisender zu genügen, um so seltner, als das Klima meist das Uebernachten in mitgebrachten Zelten gestattete, und je weniger sie von Vornehmen in Anspruch genommen wur¬ den, desto weniger waren sie auf solchen Besuch eingerichtet. Allerdings gab es. 36*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/291>, abgerufen am 28.09.2024.