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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Friesen eifrig Partei für die deutsche Sache genommen. Der erste, der für die¬
selbe auftrat und litt, Uwe Jens Lornsen, war ein Friese. An der Erhebung
von 1848 beteiligte man sich in den Festlandskögen zwischen Husum und
Tondern mit vieler Energie, jedenfalls mehr als in den Marschen von Holstein,
und auch die Inseln zeigten, so weit es die Umstände erlaubten, fast durchweg,
daß sie dem Süden den Sieg wünschten. Und als im vorigen Herbst die Stunde
der Befreiung sich ankündigte, als der Herzog sich in sein Land begab, gerieth
auch das Volk der Friesen bis zu dem entlegnen Sylt hinauf in freudige Be¬
wegung, die sich, als der Entfernung der dänischen Truppen aus Holstein die
Erlösung Schleswigs von der Fremdherrschaft folgte, sofort in den entsprechenden
Kundgebungen äußerte.

Sieben Tage schon nach dem Uebergang der Verbündeten über die Eider
und wenige Stunden nach Eintreffen der Nachricht vom Fall des Danncwerkcs
proclamirten Husum, Bredstedt und Tondern jubelnd den Herzog. Am 7. Februar
unterschrieben 304 Eingesessene des Fleckens Bredstedt eine Ergebcnheitsadresse
an denselben, welche bald nachher durch eine Deputation in Kiel überreicht wurde.
Am 8. folgten 163 Friesen aus Niebüll und dessen Umgebung diesem Beispiel.
Am 13. versammelten sich die patriotisch gesinnten Bewohner der Karrharde in
Leck, um desgleichen zu thun, und um dieselbe Zeit ging eine mit mehr als
dritthalbtausend Namen südfriesischer Männer bedeckte Adresse an den Herzog
von Husum ab. Auch das große Kirchspiel Bordelum blieb nicht zurück, und
selbst das ferne und noch dänischer Willkür und Nachsucht ausgesetzte Sylt sandte
am 18. Februar schon eine Ergebenhcitsertlärung nach Kiel, die mit 208 Unter¬
schriften versehen war. Nur der starke Eisgang zwischen der Insel und dem
Festland war Ursache, daß dieselbe erst am 27. Februar in die Hände des Herzogs
gelangte. Sehr zahlreich endlich betheiligte sich das ganze Friesenland bei
Unterzcichung der Nechtsverwahrung, welche für die londoner Conferenz bestimmt
war. Mehr als drei Viertheile sämmtlicher Friese" aus dem Festland, so sagte
uns einer der Sammler, gaben ihre Unterschrift, und der Eifer, mit dem man
sich herzudrängte, war hier sogar größer als in Angeln, welches sonst den Ruf
hatte, am gründlichsten für die Schleswig-holsteinische Sache gewonnen zu sein
-- ein Umstand, der um so mehr auffällt und den Patriotismus der Friesen
in um so günstigerem Lichte erscheinen läßt, als vielleicht kein District Schles¬
wigs sich so wenig über die dänische Herrschaft zu beklagen, namentlich so wenig
von der Sucht zu danisiren zu leiden gehabt hatte, als die Kirchspiele der
Friesen. Keinem der Stämme Schleswigs würde, wenn der Volkswille die
Grenze zwischen Dänemark und Deutschland nicht bestimmen und die Diplomatie
eine Linie, die das Land nördlich von Husum den Dänen zuspräche, zu ziehen
Miene machen sollte, so schweres Unrecht angethan als diesen wackern Marsch-
und Geestleuten der Westsecküstc,


Friesen eifrig Partei für die deutsche Sache genommen. Der erste, der für die¬
selbe auftrat und litt, Uwe Jens Lornsen, war ein Friese. An der Erhebung
von 1848 beteiligte man sich in den Festlandskögen zwischen Husum und
Tondern mit vieler Energie, jedenfalls mehr als in den Marschen von Holstein,
und auch die Inseln zeigten, so weit es die Umstände erlaubten, fast durchweg,
daß sie dem Süden den Sieg wünschten. Und als im vorigen Herbst die Stunde
der Befreiung sich ankündigte, als der Herzog sich in sein Land begab, gerieth
auch das Volk der Friesen bis zu dem entlegnen Sylt hinauf in freudige Be¬
wegung, die sich, als der Entfernung der dänischen Truppen aus Holstein die
Erlösung Schleswigs von der Fremdherrschaft folgte, sofort in den entsprechenden
Kundgebungen äußerte.

Sieben Tage schon nach dem Uebergang der Verbündeten über die Eider
und wenige Stunden nach Eintreffen der Nachricht vom Fall des Danncwerkcs
proclamirten Husum, Bredstedt und Tondern jubelnd den Herzog. Am 7. Februar
unterschrieben 304 Eingesessene des Fleckens Bredstedt eine Ergebcnheitsadresse
an denselben, welche bald nachher durch eine Deputation in Kiel überreicht wurde.
Am 8. folgten 163 Friesen aus Niebüll und dessen Umgebung diesem Beispiel.
Am 13. versammelten sich die patriotisch gesinnten Bewohner der Karrharde in
Leck, um desgleichen zu thun, und um dieselbe Zeit ging eine mit mehr als
dritthalbtausend Namen südfriesischer Männer bedeckte Adresse an den Herzog
von Husum ab. Auch das große Kirchspiel Bordelum blieb nicht zurück, und
selbst das ferne und noch dänischer Willkür und Nachsucht ausgesetzte Sylt sandte
am 18. Februar schon eine Ergebenhcitsertlärung nach Kiel, die mit 208 Unter¬
schriften versehen war. Nur der starke Eisgang zwischen der Insel und dem
Festland war Ursache, daß dieselbe erst am 27. Februar in die Hände des Herzogs
gelangte. Sehr zahlreich endlich betheiligte sich das ganze Friesenland bei
Unterzcichung der Nechtsverwahrung, welche für die londoner Conferenz bestimmt
war. Mehr als drei Viertheile sämmtlicher Friese» aus dem Festland, so sagte
uns einer der Sammler, gaben ihre Unterschrift, und der Eifer, mit dem man
sich herzudrängte, war hier sogar größer als in Angeln, welches sonst den Ruf
hatte, am gründlichsten für die Schleswig-holsteinische Sache gewonnen zu sein
— ein Umstand, der um so mehr auffällt und den Patriotismus der Friesen
in um so günstigerem Lichte erscheinen läßt, als vielleicht kein District Schles¬
wigs sich so wenig über die dänische Herrschaft zu beklagen, namentlich so wenig
von der Sucht zu danisiren zu leiden gehabt hatte, als die Kirchspiele der
Friesen. Keinem der Stämme Schleswigs würde, wenn der Volkswille die
Grenze zwischen Dänemark und Deutschland nicht bestimmen und die Diplomatie
eine Linie, die das Land nördlich von Husum den Dänen zuspräche, zu ziehen
Miene machen sollte, so schweres Unrecht angethan als diesen wackern Marsch-
und Geestleuten der Westsecküstc,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/28>, abgerufen am 28.09.2024.