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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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gerufen ansehen mög. Leider waren auch diese beiden Unternehmungen nutzlos;
denn Luxhcim wurde von dem Franzosen geschlagen, und sein 'Corps theils ge¬
fangen, theils zerstreut, ebenso mißlang der Feldzug gegen den nach Trient
herausrückenden General Pcyri und zwar anfangs wegen der Führung des
unfähigen Torgler, später aber durch die Fahrlässigkeit der Schützen selbst, die am
10. October von den Franzosen im Schlafe überfallen und zurückgejagt wurden.

Kaiser Franz unterhielt mittlerweile den Glauben an die Wiederbesetzung
Tirols durch eine Auszeichnung, die Hofer in seinen überspannten Erwartungen
nur bestärken konnte. Am 28. September trafen in Innsbruck sicherer und
Eisenstecken aus dem kaiserlichen Hoflager ein, die für ihn nebst 3000 Ducaten
die große goldene Gnadenkette, für den Kapuziner Haspinger das geistliche Ver-
dienstkreuz, für Speckbacher und andere Anführer ansehnliche Geschenke über¬
brachten. Sie kündeten zugleich die nahe Ankunft eines Oberlandes- und
Kriegöcommissärs, v. Roschmann, a", der noch weitere Geldmittel und Aufträge
bringen sollte. Sogleich befahl der Obercommandant allen Pfarrern, am
4. October, dem Namensfeste des Kaisers, Andachten zu halten und das 1e v"um
In,u<iÄMus zu singen. Er selbst empfing in der Hofkirche zu Innsbruck voll
andächtiger Inbrunst das Ehrenkleinod aus den Händen des Prälaten von
Willen, nachdem ein Exjesuit in der Predigt den Sieg der tiroler Stutzen nur
der wunderbaren Fügung des Himmels zugeschrieben.

Die Hofhaltung des Obercommandanten war übrigens ganz nach bäuer¬
lichen Geschmacke: ein Crucifix nebst einem Madonnenbilde schmückte seinen
Speisesaal, Morgens und Abends besuchte er regelmäßig die nahe Pfarrkirche,
betete Nachts den Rosenkranz und sang geistliche Lieder. Nur auf guten Wein,
den er sich aus dem Etschlande kommen ließ, legte er einiges Gewicht, sonst war
seine Tafel einfach bestellt, seine Wachen, die mitunter auf Stühlen saßen,
ließen sich ihren Bedarf an Getränk aus der nächsten Schenke holen.




Die Friesen in Schleswig.

Die Friesen Schleswigs sind ein Nest des großen Küsten- und Inselvolkes
deutschen Stammes, welches in der Zeit, wo unsre Geschichte beginnt, ver¬
muthlich den ganzen Nordseestrand von der Gegend des Zuijdersecs bis zur
jütischen Grenze nebst allen ihm vorliegenden Eilanden innehatte, später aber


Grciijbote" III, 18V4. 3

gerufen ansehen mög. Leider waren auch diese beiden Unternehmungen nutzlos;
denn Luxhcim wurde von dem Franzosen geschlagen, und sein 'Corps theils ge¬
fangen, theils zerstreut, ebenso mißlang der Feldzug gegen den nach Trient
herausrückenden General Pcyri und zwar anfangs wegen der Führung des
unfähigen Torgler, später aber durch die Fahrlässigkeit der Schützen selbst, die am
10. October von den Franzosen im Schlafe überfallen und zurückgejagt wurden.

Kaiser Franz unterhielt mittlerweile den Glauben an die Wiederbesetzung
Tirols durch eine Auszeichnung, die Hofer in seinen überspannten Erwartungen
nur bestärken konnte. Am 28. September trafen in Innsbruck sicherer und
Eisenstecken aus dem kaiserlichen Hoflager ein, die für ihn nebst 3000 Ducaten
die große goldene Gnadenkette, für den Kapuziner Haspinger das geistliche Ver-
dienstkreuz, für Speckbacher und andere Anführer ansehnliche Geschenke über¬
brachten. Sie kündeten zugleich die nahe Ankunft eines Oberlandes- und
Kriegöcommissärs, v. Roschmann, a», der noch weitere Geldmittel und Aufträge
bringen sollte. Sogleich befahl der Obercommandant allen Pfarrern, am
4. October, dem Namensfeste des Kaisers, Andachten zu halten und das 1e v«um
In,u<iÄMus zu singen. Er selbst empfing in der Hofkirche zu Innsbruck voll
andächtiger Inbrunst das Ehrenkleinod aus den Händen des Prälaten von
Willen, nachdem ein Exjesuit in der Predigt den Sieg der tiroler Stutzen nur
der wunderbaren Fügung des Himmels zugeschrieben.

Die Hofhaltung des Obercommandanten war übrigens ganz nach bäuer¬
lichen Geschmacke: ein Crucifix nebst einem Madonnenbilde schmückte seinen
Speisesaal, Morgens und Abends besuchte er regelmäßig die nahe Pfarrkirche,
betete Nachts den Rosenkranz und sang geistliche Lieder. Nur auf guten Wein,
den er sich aus dem Etschlande kommen ließ, legte er einiges Gewicht, sonst war
seine Tafel einfach bestellt, seine Wachen, die mitunter auf Stühlen saßen,
ließen sich ihren Bedarf an Getränk aus der nächsten Schenke holen.




Die Friesen in Schleswig.

Die Friesen Schleswigs sind ein Nest des großen Küsten- und Inselvolkes
deutschen Stammes, welches in der Zeit, wo unsre Geschichte beginnt, ver¬
muthlich den ganzen Nordseestrand von der Gegend des Zuijdersecs bis zur
jütischen Grenze nebst allen ihm vorliegenden Eilanden innehatte, später aber


Grciijbote» III, 18V4. 3
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/25>, abgerufen am 28.09.2024.