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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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jenen, welche "freiwillig, mit besonderer Herzhaftigkeit und Umfubt ganz außer¬
ordentliche und von den vortheilhaftesten Folgen begleitete Handlungen voll¬
führt haben", ertheilt werden, und kein nüchterner wird behaupten können,
daß ein mehrstündiges Dahertraben in einer von den Nachfolgenden zu immer
größerer Eile getriebenen Colonne und der Aufenthalt unter den Plänkler-
schwärmen, so anstrengend und gefährlich auch Beides gewesen sein mag, zu
den erwähnten Handlungen gehören, und daß ein großer Vortheil damit erlangt
worden ist.

Für die wirklich erreichten sehr mäßigen Erfolge wurden der Opfer wirk¬
lich mehr als zu viele gebracht. Das brave Regiment Belgien verlor nahezu
den dritten Theil seiner Mannschaft und mehr als die Hälfte der Offiziere.
Diese außerordentliche Einbuße an Offizieren ist aber nicht blos aus der her¬
vorragenden Bravour der Offiziere, sondern vielleicht ebenso sehr aus einem
andern Umstände zu erklären. Der alte Radetzky hatte glücklich alle Parade¬
anhängsel, durch welche der Offizier schon von Weitem kenntlich gemacht wurde,
beseitigt. Nun aber wurde angeordnet, daß die Offiziere die Feldbinde über
dem Mantel von der Schulter zur Hüfte hinabhängend tragen sollten. Das
vier Zoll breite Band und die anderthalb Schuh langen armdicken Quasten der
Hochcitronengelben weithin schimmernden Feldbinde anf dem schwarzgrauen
Mantel markirten den Offizier auf eine alle Zweifel beseitigende Weise und
machten ihn zu einem fast nicht zu verfehlenden Zielpunkte. Seither ist aller¬
dings diese Vorschrift wieder abgeschafft worden; aber es bleibt immerhin
traurig, daß es erst der nutzlosen Verschwendung mehrer Menschenleben be¬
dürfte, ehe man eine von der krassesten Unvernunft dictirte Anordnung aufzu¬
heben sich bequemte.

Bemerkenswerth ist noch, daß General v. Nostiz, welcher sich bemühte, die
Leitung der ihren Offizieren fast ganz aus der Hand gekommenen Truppen zu
behalten, sich gerade hierdurch die Ungnade des commandirenden Generals zu¬
gezogen zu haben scheint; wenigstens war er nahe daran, das Schicksal des
Obersten v. Baselli zu theilen.




jenen, welche „freiwillig, mit besonderer Herzhaftigkeit und Umfubt ganz außer¬
ordentliche und von den vortheilhaftesten Folgen begleitete Handlungen voll¬
führt haben", ertheilt werden, und kein nüchterner wird behaupten können,
daß ein mehrstündiges Dahertraben in einer von den Nachfolgenden zu immer
größerer Eile getriebenen Colonne und der Aufenthalt unter den Plänkler-
schwärmen, so anstrengend und gefährlich auch Beides gewesen sein mag, zu
den erwähnten Handlungen gehören, und daß ein großer Vortheil damit erlangt
worden ist.

Für die wirklich erreichten sehr mäßigen Erfolge wurden der Opfer wirk¬
lich mehr als zu viele gebracht. Das brave Regiment Belgien verlor nahezu
den dritten Theil seiner Mannschaft und mehr als die Hälfte der Offiziere.
Diese außerordentliche Einbuße an Offizieren ist aber nicht blos aus der her¬
vorragenden Bravour der Offiziere, sondern vielleicht ebenso sehr aus einem
andern Umstände zu erklären. Der alte Radetzky hatte glücklich alle Parade¬
anhängsel, durch welche der Offizier schon von Weitem kenntlich gemacht wurde,
beseitigt. Nun aber wurde angeordnet, daß die Offiziere die Feldbinde über
dem Mantel von der Schulter zur Hüfte hinabhängend tragen sollten. Das
vier Zoll breite Band und die anderthalb Schuh langen armdicken Quasten der
Hochcitronengelben weithin schimmernden Feldbinde anf dem schwarzgrauen
Mantel markirten den Offizier auf eine alle Zweifel beseitigende Weise und
machten ihn zu einem fast nicht zu verfehlenden Zielpunkte. Seither ist aller¬
dings diese Vorschrift wieder abgeschafft worden; aber es bleibt immerhin
traurig, daß es erst der nutzlosen Verschwendung mehrer Menschenleben be¬
dürfte, ehe man eine von der krassesten Unvernunft dictirte Anordnung aufzu¬
heben sich bequemte.

Bemerkenswerth ist noch, daß General v. Nostiz, welcher sich bemühte, die
Leitung der ihren Offizieren fast ganz aus der Hand gekommenen Truppen zu
behalten, sich gerade hierdurch die Ungnade des commandirenden Generals zu¬
gezogen zu haben scheint; wenigstens war er nahe daran, das Schicksal des
Obersten v. Baselli zu theilen.




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[0221] jenen, welche „freiwillig, mit besonderer Herzhaftigkeit und Umfubt ganz außer¬ ordentliche und von den vortheilhaftesten Folgen begleitete Handlungen voll¬ führt haben", ertheilt werden, und kein nüchterner wird behaupten können, daß ein mehrstündiges Dahertraben in einer von den Nachfolgenden zu immer größerer Eile getriebenen Colonne und der Aufenthalt unter den Plänkler- schwärmen, so anstrengend und gefährlich auch Beides gewesen sein mag, zu den erwähnten Handlungen gehören, und daß ein großer Vortheil damit erlangt worden ist. Für die wirklich erreichten sehr mäßigen Erfolge wurden der Opfer wirk¬ lich mehr als zu viele gebracht. Das brave Regiment Belgien verlor nahezu den dritten Theil seiner Mannschaft und mehr als die Hälfte der Offiziere. Diese außerordentliche Einbuße an Offizieren ist aber nicht blos aus der her¬ vorragenden Bravour der Offiziere, sondern vielleicht ebenso sehr aus einem andern Umstände zu erklären. Der alte Radetzky hatte glücklich alle Parade¬ anhängsel, durch welche der Offizier schon von Weitem kenntlich gemacht wurde, beseitigt. Nun aber wurde angeordnet, daß die Offiziere die Feldbinde über dem Mantel von der Schulter zur Hüfte hinabhängend tragen sollten. Das vier Zoll breite Band und die anderthalb Schuh langen armdicken Quasten der Hochcitronengelben weithin schimmernden Feldbinde anf dem schwarzgrauen Mantel markirten den Offizier auf eine alle Zweifel beseitigende Weise und machten ihn zu einem fast nicht zu verfehlenden Zielpunkte. Seither ist aller¬ dings diese Vorschrift wieder abgeschafft worden; aber es bleibt immerhin traurig, daß es erst der nutzlosen Verschwendung mehrer Menschenleben be¬ dürfte, ehe man eine von der krassesten Unvernunft dictirte Anordnung aufzu¬ heben sich bequemte. Bemerkenswerth ist noch, daß General v. Nostiz, welcher sich bemühte, die Leitung der ihren Offizieren fast ganz aus der Hand gekommenen Truppen zu behalten, sich gerade hierdurch die Ungnade des commandirenden Generals zu¬ gezogen zu haben scheint; wenigstens war er nahe daran, das Schicksal des Obersten v. Baselli zu theilen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/221>, abgerufen am 28.09.2024.