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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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die gestreifte Dschilabia mit kurzen Beinkleidern und um den Kopf ein farbiges
Tuch, als Waffe aber die landesübliche Espingarda und ein Dolchmesser von
vielfach wechselnder Form.

Die Preußen ritten nach dem Lager zurück, wo sie ihren letzten Abend
zubringen wollten. Sie hatten einen kurzen, aber interessanten Feldzug mit¬
gemacht; doppelt interessant, durch die Fremdartigkeit des Landes, das der
Schauplatz des Krieges war, und die Fremdartigkeit des Heeres, gegen das sie
angekämpft hatten. Auch in der spanischen Armee war ihre Stellung eine
andere, als sie wahrscheinlich in jedem anderen europäischen Heere gewesen
wäre. Von dem Oberbefehlshaber und den Generalen wurden sie zwar mit
großer Aufmerksamkeit und Zuvorkommenheit behandelt; mit den Offizieren ent¬
spann sich aber nicht das kameradschaftliche Verhältniß, das sich unter 'Offizieren
verschiedener Armeen sonst leicht herstellt; denn der Spanier ist sehr zurück¬
haltend, selbst mißtrauisch gegen Fremde, und es dauert lange, ehe man mit
ihm bekannt wird. Am weitesten kommt man noch mit ihm, je weniger man
bei aller Höflichkeit im Umgang selbst die Annäherung sucht. Die preußischen,
wie die anderen fremden Offiziere im Hauptquartiere -- denn es waren noch
Bayern, Franzosen, Nüssen und Schweden anwesend-- blieben daher auf sich
angewiesen und hatten nur vertrauten Umgang mit wenigen höheren spanischen
Offizieren, unter denen Oberst Peralta vom Generalstabe sich ihnen besonders
gefällig zeigte. Daß diese Fremden schon im ersten Gefecht über die bloße
Zuschauerrolle hinausgingen und sich dem Angriff anschlössen, konnten die
Spanier gar nicht begreifen, und als der Oberbefehlshaber das Verhalten der
Fremden in seinem Bericht hervorhob, wollten einige höhere Offiziere darin
eine Beleidigung für die Spanier sehen, welche die Sache schon allein machen
würden. Noch Seltsameres mußten die Preußen nach der Schlacht vom
23. März hören, wo ein spanischer Stabsoffizier äußerte: er habe, als er die
ganze Truppe der Preußen mit gezogenen Säbeln auf die Marokkaner ein-
reiten gesehen, einen Augenblick geglaubt, daß sie zu diesen übergehen wollte"!
Der spanische Offizier, gegen den dieses geäußert wurde, der schon erwähnte
Oberst Peralta, schnitt weitere Ergüsse durch die Bemerkung ab, daß Oberst
Goeben spanisch verstehe.

Als die preußischen Osiziere ihre Vorbereitungen zur Reise beendet hatten und
vom Lager Abschied nahmen, zeigten ihre bisherigen Kriegskameraden jedoch
mehr Wärme gegen sie, als man nach diesen einzelnen Sonderbarkeiten hätte
meinen sollen; und viele drückten ihnen herzlich die Hand, mit denen sie fast
gar nicht in Berührung gekommen waren. O'Donnell aber und Garcia, sein
Chef des Generalstabes, überhäuften die sich Verabschiedenden mit freundlichen
und ehrenden Worten, und letzterer sprach die Hoffnung aus, daß "die tapferen
Spanier mit den tapferen Preußen" fortan oft und auch in größeren Ver-


die gestreifte Dschilabia mit kurzen Beinkleidern und um den Kopf ein farbiges
Tuch, als Waffe aber die landesübliche Espingarda und ein Dolchmesser von
vielfach wechselnder Form.

Die Preußen ritten nach dem Lager zurück, wo sie ihren letzten Abend
zubringen wollten. Sie hatten einen kurzen, aber interessanten Feldzug mit¬
gemacht; doppelt interessant, durch die Fremdartigkeit des Landes, das der
Schauplatz des Krieges war, und die Fremdartigkeit des Heeres, gegen das sie
angekämpft hatten. Auch in der spanischen Armee war ihre Stellung eine
andere, als sie wahrscheinlich in jedem anderen europäischen Heere gewesen
wäre. Von dem Oberbefehlshaber und den Generalen wurden sie zwar mit
großer Aufmerksamkeit und Zuvorkommenheit behandelt; mit den Offizieren ent¬
spann sich aber nicht das kameradschaftliche Verhältniß, das sich unter 'Offizieren
verschiedener Armeen sonst leicht herstellt; denn der Spanier ist sehr zurück¬
haltend, selbst mißtrauisch gegen Fremde, und es dauert lange, ehe man mit
ihm bekannt wird. Am weitesten kommt man noch mit ihm, je weniger man
bei aller Höflichkeit im Umgang selbst die Annäherung sucht. Die preußischen,
wie die anderen fremden Offiziere im Hauptquartiere — denn es waren noch
Bayern, Franzosen, Nüssen und Schweden anwesend— blieben daher auf sich
angewiesen und hatten nur vertrauten Umgang mit wenigen höheren spanischen
Offizieren, unter denen Oberst Peralta vom Generalstabe sich ihnen besonders
gefällig zeigte. Daß diese Fremden schon im ersten Gefecht über die bloße
Zuschauerrolle hinausgingen und sich dem Angriff anschlössen, konnten die
Spanier gar nicht begreifen, und als der Oberbefehlshaber das Verhalten der
Fremden in seinem Bericht hervorhob, wollten einige höhere Offiziere darin
eine Beleidigung für die Spanier sehen, welche die Sache schon allein machen
würden. Noch Seltsameres mußten die Preußen nach der Schlacht vom
23. März hören, wo ein spanischer Stabsoffizier äußerte: er habe, als er die
ganze Truppe der Preußen mit gezogenen Säbeln auf die Marokkaner ein-
reiten gesehen, einen Augenblick geglaubt, daß sie zu diesen übergehen wollte»!
Der spanische Offizier, gegen den dieses geäußert wurde, der schon erwähnte
Oberst Peralta, schnitt weitere Ergüsse durch die Bemerkung ab, daß Oberst
Goeben spanisch verstehe.

Als die preußischen Osiziere ihre Vorbereitungen zur Reise beendet hatten und
vom Lager Abschied nahmen, zeigten ihre bisherigen Kriegskameraden jedoch
mehr Wärme gegen sie, als man nach diesen einzelnen Sonderbarkeiten hätte
meinen sollen; und viele drückten ihnen herzlich die Hand, mit denen sie fast
gar nicht in Berührung gekommen waren. O'Donnell aber und Garcia, sein
Chef des Generalstabes, überhäuften die sich Verabschiedenden mit freundlichen
und ehrenden Worten, und letzterer sprach die Hoffnung aus, daß „die tapferen
Spanier mit den tapferen Preußen" fortan oft und auch in größeren Ver-


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[0157] die gestreifte Dschilabia mit kurzen Beinkleidern und um den Kopf ein farbiges Tuch, als Waffe aber die landesübliche Espingarda und ein Dolchmesser von vielfach wechselnder Form. Die Preußen ritten nach dem Lager zurück, wo sie ihren letzten Abend zubringen wollten. Sie hatten einen kurzen, aber interessanten Feldzug mit¬ gemacht; doppelt interessant, durch die Fremdartigkeit des Landes, das der Schauplatz des Krieges war, und die Fremdartigkeit des Heeres, gegen das sie angekämpft hatten. Auch in der spanischen Armee war ihre Stellung eine andere, als sie wahrscheinlich in jedem anderen europäischen Heere gewesen wäre. Von dem Oberbefehlshaber und den Generalen wurden sie zwar mit großer Aufmerksamkeit und Zuvorkommenheit behandelt; mit den Offizieren ent¬ spann sich aber nicht das kameradschaftliche Verhältniß, das sich unter 'Offizieren verschiedener Armeen sonst leicht herstellt; denn der Spanier ist sehr zurück¬ haltend, selbst mißtrauisch gegen Fremde, und es dauert lange, ehe man mit ihm bekannt wird. Am weitesten kommt man noch mit ihm, je weniger man bei aller Höflichkeit im Umgang selbst die Annäherung sucht. Die preußischen, wie die anderen fremden Offiziere im Hauptquartiere — denn es waren noch Bayern, Franzosen, Nüssen und Schweden anwesend— blieben daher auf sich angewiesen und hatten nur vertrauten Umgang mit wenigen höheren spanischen Offizieren, unter denen Oberst Peralta vom Generalstabe sich ihnen besonders gefällig zeigte. Daß diese Fremden schon im ersten Gefecht über die bloße Zuschauerrolle hinausgingen und sich dem Angriff anschlössen, konnten die Spanier gar nicht begreifen, und als der Oberbefehlshaber das Verhalten der Fremden in seinem Bericht hervorhob, wollten einige höhere Offiziere darin eine Beleidigung für die Spanier sehen, welche die Sache schon allein machen würden. Noch Seltsameres mußten die Preußen nach der Schlacht vom 23. März hören, wo ein spanischer Stabsoffizier äußerte: er habe, als er die ganze Truppe der Preußen mit gezogenen Säbeln auf die Marokkaner ein- reiten gesehen, einen Augenblick geglaubt, daß sie zu diesen übergehen wollte»! Der spanische Offizier, gegen den dieses geäußert wurde, der schon erwähnte Oberst Peralta, schnitt weitere Ergüsse durch die Bemerkung ab, daß Oberst Goeben spanisch verstehe. Als die preußischen Osiziere ihre Vorbereitungen zur Reise beendet hatten und vom Lager Abschied nahmen, zeigten ihre bisherigen Kriegskameraden jedoch mehr Wärme gegen sie, als man nach diesen einzelnen Sonderbarkeiten hätte meinen sollen; und viele drückten ihnen herzlich die Hand, mit denen sie fast gar nicht in Berührung gekommen waren. O'Donnell aber und Garcia, sein Chef des Generalstabes, überhäuften die sich Verabschiedenden mit freundlichen und ehrenden Worten, und letzterer sprach die Hoffnung aus, daß „die tapferen Spanier mit den tapferen Preußen" fortan oft und auch in größeren Ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/157>, abgerufen am 28.09.2024.