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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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plötzlich von starken Haufen angegriffen sah, die durch die Abwesenheit der
Geschütze ermuthigt, die Spanier auf beiden Flügeln zu umfassen suchten.
Daraus entspann sich ein sehr hartnäckig"r Kampf, während dem Saddina in
Flammen aufging. Die Marokkaner schlugen sich wie Verzweifelte, und es kam
vor, daß Einzelne von ihnen sich den stürmenden Spaniern aus dem brennenden
Dorfe entgegenstürzten, einen Mann umfaßten und rückwärts in die Flammen
schleuderten. Es bedürfte wiederholter Bajonnetangriffe, um den Duar und
die ihn beherrschenden Höhen vom Feinde zu säubern.

Es trat nun abermals eine Pause ein, theils durch die glühende Hitze der
Mittagsstunde veranlaßt, die es wünschenswert!) ^machte, die Truppen, die in
vollständiger Marschausrüstung seit vier Uhr früh in Bewegung gewesen waren,
ein wenig ausruhen zu lassen. Erst um zwei Uhr begann wieder das Gefecht,
und zwar auf dem linken Flügel, wo Prim, der bereits jenseits des Busfecha
stand, die vor ihm liegenden Höhen von Benider angriff. Die Arbeit wurde
ihm nicht leicht gemacht, und namentlich entstand ein harter Kampf um den
Duar Hanhai. Einmal hatten sich die Spanier schon darin festgesetzt, als die
Marokkaner mit großer Uebermacht aus dem weit zurückgelegenen Duar Beni¬
der hervorbrachen, Hanhai wieder einnahmen und ihre Gegner die Höhe wieder
hinabwarfen. Es kam dabei zum wüthenden Handgemenge, während dem die
Marokkaner einzelne Spanier aus den Gliedern herausrissen und ihnen sofort
den Kopf abschlugen. Der Angriff wurde erneuert, und man nahm den Duar,
verlor ihn aber nochmals, und nur mit großen Verlusten gelang es den spani¬
schen Kürassierer, den Abzug der Infanterie zu decken und die mit wildem Fana¬
tismus nachdringenden Feinde aufzuhalten. Erst als Prim selbst frische Bataillone
ins Gefecht brachte, vermochte er den unterdessen in Brand gerathenen Ort ein¬
zunehmen und sich darin zu behaupten. Aber selbst jetzt gelang es nicht, nur
einen Schritt weiter vorzudringen.

Nun ließ O'Donnell das Centrum vorgehen, das unten in der Flußniederung
keine Infanterie, sondern viele Tausend Mann Reiterei gegen sich hatte. Diese
war in beständiger Bewegung, indem fortwährend Einzelne oder kleine Trupps
gegen die spanischen Linien versprengten, ihre Gewehre abschossen und wieder
zurückjagten. Der Oberbefehlshaber befahl Artillerie gegen sie aufzufahren, die
auf sie mit Granaten feuerte. Er selbst ging mit den ersten Batterien vor.

Es entwickelte sich nun ein ausnehmend malerisches Schauspiel. Die feind¬
lichen Reiter, unter denen man die Anführer an ihrer rothen und blauen Klei¬
dung leicht erkannte, während die Masse in glänzend weiße Burnus gehüllt
war, hatten bis dahin lebhaft scharmutzirt. Von dem Augenblicke aber, wo
O'Donnell mit seinem Gefolge von etwa achtzig Offizieren, unter denen sich
auch die Preußen befanden, in ruhigem Schritt vorwärts ritt, stellten sie ihr
Feuer ganz ein und zogen sich ebenso langsam zurück, so daß zwischen den


Grenzboten III. 1864. 19

plötzlich von starken Haufen angegriffen sah, die durch die Abwesenheit der
Geschütze ermuthigt, die Spanier auf beiden Flügeln zu umfassen suchten.
Daraus entspann sich ein sehr hartnäckig»r Kampf, während dem Saddina in
Flammen aufging. Die Marokkaner schlugen sich wie Verzweifelte, und es kam
vor, daß Einzelne von ihnen sich den stürmenden Spaniern aus dem brennenden
Dorfe entgegenstürzten, einen Mann umfaßten und rückwärts in die Flammen
schleuderten. Es bedürfte wiederholter Bajonnetangriffe, um den Duar und
die ihn beherrschenden Höhen vom Feinde zu säubern.

Es trat nun abermals eine Pause ein, theils durch die glühende Hitze der
Mittagsstunde veranlaßt, die es wünschenswert!) ^machte, die Truppen, die in
vollständiger Marschausrüstung seit vier Uhr früh in Bewegung gewesen waren,
ein wenig ausruhen zu lassen. Erst um zwei Uhr begann wieder das Gefecht,
und zwar auf dem linken Flügel, wo Prim, der bereits jenseits des Busfecha
stand, die vor ihm liegenden Höhen von Benider angriff. Die Arbeit wurde
ihm nicht leicht gemacht, und namentlich entstand ein harter Kampf um den
Duar Hanhai. Einmal hatten sich die Spanier schon darin festgesetzt, als die
Marokkaner mit großer Uebermacht aus dem weit zurückgelegenen Duar Beni¬
der hervorbrachen, Hanhai wieder einnahmen und ihre Gegner die Höhe wieder
hinabwarfen. Es kam dabei zum wüthenden Handgemenge, während dem die
Marokkaner einzelne Spanier aus den Gliedern herausrissen und ihnen sofort
den Kopf abschlugen. Der Angriff wurde erneuert, und man nahm den Duar,
verlor ihn aber nochmals, und nur mit großen Verlusten gelang es den spani¬
schen Kürassierer, den Abzug der Infanterie zu decken und die mit wildem Fana¬
tismus nachdringenden Feinde aufzuhalten. Erst als Prim selbst frische Bataillone
ins Gefecht brachte, vermochte er den unterdessen in Brand gerathenen Ort ein¬
zunehmen und sich darin zu behaupten. Aber selbst jetzt gelang es nicht, nur
einen Schritt weiter vorzudringen.

Nun ließ O'Donnell das Centrum vorgehen, das unten in der Flußniederung
keine Infanterie, sondern viele Tausend Mann Reiterei gegen sich hatte. Diese
war in beständiger Bewegung, indem fortwährend Einzelne oder kleine Trupps
gegen die spanischen Linien versprengten, ihre Gewehre abschossen und wieder
zurückjagten. Der Oberbefehlshaber befahl Artillerie gegen sie aufzufahren, die
auf sie mit Granaten feuerte. Er selbst ging mit den ersten Batterien vor.

Es entwickelte sich nun ein ausnehmend malerisches Schauspiel. Die feind¬
lichen Reiter, unter denen man die Anführer an ihrer rothen und blauen Klei¬
dung leicht erkannte, während die Masse in glänzend weiße Burnus gehüllt
war, hatten bis dahin lebhaft scharmutzirt. Von dem Augenblicke aber, wo
O'Donnell mit seinem Gefolge von etwa achtzig Offizieren, unter denen sich
auch die Preußen befanden, in ruhigem Schritt vorwärts ritt, stellten sie ihr
Feuer ganz ein und zogen sich ebenso langsam zurück, so daß zwischen den


Grenzboten III. 1864. 19
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[0153] plötzlich von starken Haufen angegriffen sah, die durch die Abwesenheit der Geschütze ermuthigt, die Spanier auf beiden Flügeln zu umfassen suchten. Daraus entspann sich ein sehr hartnäckig»r Kampf, während dem Saddina in Flammen aufging. Die Marokkaner schlugen sich wie Verzweifelte, und es kam vor, daß Einzelne von ihnen sich den stürmenden Spaniern aus dem brennenden Dorfe entgegenstürzten, einen Mann umfaßten und rückwärts in die Flammen schleuderten. Es bedürfte wiederholter Bajonnetangriffe, um den Duar und die ihn beherrschenden Höhen vom Feinde zu säubern. Es trat nun abermals eine Pause ein, theils durch die glühende Hitze der Mittagsstunde veranlaßt, die es wünschenswert!) ^machte, die Truppen, die in vollständiger Marschausrüstung seit vier Uhr früh in Bewegung gewesen waren, ein wenig ausruhen zu lassen. Erst um zwei Uhr begann wieder das Gefecht, und zwar auf dem linken Flügel, wo Prim, der bereits jenseits des Busfecha stand, die vor ihm liegenden Höhen von Benider angriff. Die Arbeit wurde ihm nicht leicht gemacht, und namentlich entstand ein harter Kampf um den Duar Hanhai. Einmal hatten sich die Spanier schon darin festgesetzt, als die Marokkaner mit großer Uebermacht aus dem weit zurückgelegenen Duar Beni¬ der hervorbrachen, Hanhai wieder einnahmen und ihre Gegner die Höhe wieder hinabwarfen. Es kam dabei zum wüthenden Handgemenge, während dem die Marokkaner einzelne Spanier aus den Gliedern herausrissen und ihnen sofort den Kopf abschlugen. Der Angriff wurde erneuert, und man nahm den Duar, verlor ihn aber nochmals, und nur mit großen Verlusten gelang es den spani¬ schen Kürassierer, den Abzug der Infanterie zu decken und die mit wildem Fana¬ tismus nachdringenden Feinde aufzuhalten. Erst als Prim selbst frische Bataillone ins Gefecht brachte, vermochte er den unterdessen in Brand gerathenen Ort ein¬ zunehmen und sich darin zu behaupten. Aber selbst jetzt gelang es nicht, nur einen Schritt weiter vorzudringen. Nun ließ O'Donnell das Centrum vorgehen, das unten in der Flußniederung keine Infanterie, sondern viele Tausend Mann Reiterei gegen sich hatte. Diese war in beständiger Bewegung, indem fortwährend Einzelne oder kleine Trupps gegen die spanischen Linien versprengten, ihre Gewehre abschossen und wieder zurückjagten. Der Oberbefehlshaber befahl Artillerie gegen sie aufzufahren, die auf sie mit Granaten feuerte. Er selbst ging mit den ersten Batterien vor. Es entwickelte sich nun ein ausnehmend malerisches Schauspiel. Die feind¬ lichen Reiter, unter denen man die Anführer an ihrer rothen und blauen Klei¬ dung leicht erkannte, während die Masse in glänzend weiße Burnus gehüllt war, hatten bis dahin lebhaft scharmutzirt. Von dem Augenblicke aber, wo O'Donnell mit seinem Gefolge von etwa achtzig Offizieren, unter denen sich auch die Preußen befanden, in ruhigem Schritt vorwärts ritt, stellten sie ihr Feuer ganz ein und zogen sich ebenso langsam zurück, so daß zwischen den Grenzboten III. 1864. 19

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/153>, abgerufen am 20.10.2024.