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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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war für die Fechtweise der Marokkaner ausnehmend günstig. Sie vertheidigten
es mit großer Tapferkeit und gingen selbst wiederholt, die Gumia (eine Art
Uatagan) in der Faust, stürmisch zum Angriff über, wobei sie fortwährend
Mal,, Allah! schrieen, oder das spanische Schimpfwort: Perros! Perros!
(Hunde!) mit fremdartigem Accent herüberriefen. Ein spanisches Bataillon, in
dessen Reihen sich die Marokkaner wie verzweifelt stürzten und mit blanker
Waffe alles niederstießen, bis sie selbst niedergestoßen wurden, gerieth sogar
vorübergehend in Unordnung, wurde aber von den herbeieilenden Offizieren des
Hauptquartiers rasch wieder gesammelt. Ein von zwei frischen Bataillonen
unterstützter Bajonnctangriff jagte nun die Feinde den Abhang hinunter und
über die jenseitige Schlucht, den dahinter liegenden Rücken hinauf, wo sie von
neuen Schaaren aufgenommen wurden.

Da dem mittlerweile über den Fluß gegangenen Detachement hatte Ver¬
stärkung gesandt werden müssen, fand man es rathsam, das Vorrücken bis
zum Eintreffen des dritten Corps einzustellen, das dann die zweite Linie bildete,
während General Prim links in der Niederung vorging und das Centrum unter
Echague gegen die Höhen vordrang. Sie machten aber nicht eher erhebliche
Fortschritte, als bis es gelang, die zweite Gebirgsbatterie aus der Marsch-
colonne herauszuziehen und gegen die Flußniederung aufzufahren. Die platzenden
Granaten scheuchten die hinter die Felsblöcke versteckten Marokkaner bald aus
dem vor Flintenschüssen sicheren Versteck, und haufenweise sah man sie in ihren
weißen, flatternden Gewändern das Weite suchen. Eine noch drastischere
Wirkung brachte die Raketenbatteric hervor. So wie die ersten Geschosse sausend
und Feuer sprühend über die Marokkaner hin und zwischen ihnen hindurch flogen,
schien erst eine Minute lang alle die Tausende, die sich auf der weiten Ebene
tummelten, stummes Entsetzen gefesselt zu halten, dann flohen sie in wildester
Hast und verschwanden in dem Gestrüpp der das Thal einfassenden Höhen.

Wären jetzt die Spanier rasch nachgerückt, so wäre das Gefecht beendigt
gewesen. So aber amüsirten sie sich damit, mit Raketen in das Blaue hincin-
zuschießen, und da sie damit keinen Schaden anrichteten, so erholten sich die
Marokkaner von ihrem ersten Schrecken und kamen wieder vor. Allerdings
wagten sie keinen Angriff, aber sie zogen sich in geordneten Haufen zurück und
besetzten die jenseitige Höhe, welche die Spanier ersteigen mußten, um nach
dem Uad-Nah zu gelangen.

Weniger heftig war das Gefecht im Centrum gewesen, das, ohne auf nach¬
drücklichen Widerstand zu stoßen, bis an den Busfecha vorgedrungen war.
Anders ging es dem General Rios, dessen Ausgabe war, sich der Berge von
Gualdras zu bemächtigen. Das schwierige Terrain erlaubte ihm nur sehr lang¬
sam vorzurücken und hatte ihm nicht gestattet Artillerie mitzunehmen. Doch
stieß er auf keinen Feind, bis er sich dem Duar Saddina näherte, wo er sich


war für die Fechtweise der Marokkaner ausnehmend günstig. Sie vertheidigten
es mit großer Tapferkeit und gingen selbst wiederholt, die Gumia (eine Art
Uatagan) in der Faust, stürmisch zum Angriff über, wobei sie fortwährend
Mal,, Allah! schrieen, oder das spanische Schimpfwort: Perros! Perros!
(Hunde!) mit fremdartigem Accent herüberriefen. Ein spanisches Bataillon, in
dessen Reihen sich die Marokkaner wie verzweifelt stürzten und mit blanker
Waffe alles niederstießen, bis sie selbst niedergestoßen wurden, gerieth sogar
vorübergehend in Unordnung, wurde aber von den herbeieilenden Offizieren des
Hauptquartiers rasch wieder gesammelt. Ein von zwei frischen Bataillonen
unterstützter Bajonnctangriff jagte nun die Feinde den Abhang hinunter und
über die jenseitige Schlucht, den dahinter liegenden Rücken hinauf, wo sie von
neuen Schaaren aufgenommen wurden.

Da dem mittlerweile über den Fluß gegangenen Detachement hatte Ver¬
stärkung gesandt werden müssen, fand man es rathsam, das Vorrücken bis
zum Eintreffen des dritten Corps einzustellen, das dann die zweite Linie bildete,
während General Prim links in der Niederung vorging und das Centrum unter
Echague gegen die Höhen vordrang. Sie machten aber nicht eher erhebliche
Fortschritte, als bis es gelang, die zweite Gebirgsbatterie aus der Marsch-
colonne herauszuziehen und gegen die Flußniederung aufzufahren. Die platzenden
Granaten scheuchten die hinter die Felsblöcke versteckten Marokkaner bald aus
dem vor Flintenschüssen sicheren Versteck, und haufenweise sah man sie in ihren
weißen, flatternden Gewändern das Weite suchen. Eine noch drastischere
Wirkung brachte die Raketenbatteric hervor. So wie die ersten Geschosse sausend
und Feuer sprühend über die Marokkaner hin und zwischen ihnen hindurch flogen,
schien erst eine Minute lang alle die Tausende, die sich auf der weiten Ebene
tummelten, stummes Entsetzen gefesselt zu halten, dann flohen sie in wildester
Hast und verschwanden in dem Gestrüpp der das Thal einfassenden Höhen.

Wären jetzt die Spanier rasch nachgerückt, so wäre das Gefecht beendigt
gewesen. So aber amüsirten sie sich damit, mit Raketen in das Blaue hincin-
zuschießen, und da sie damit keinen Schaden anrichteten, so erholten sich die
Marokkaner von ihrem ersten Schrecken und kamen wieder vor. Allerdings
wagten sie keinen Angriff, aber sie zogen sich in geordneten Haufen zurück und
besetzten die jenseitige Höhe, welche die Spanier ersteigen mußten, um nach
dem Uad-Nah zu gelangen.

Weniger heftig war das Gefecht im Centrum gewesen, das, ohne auf nach¬
drücklichen Widerstand zu stoßen, bis an den Busfecha vorgedrungen war.
Anders ging es dem General Rios, dessen Ausgabe war, sich der Berge von
Gualdras zu bemächtigen. Das schwierige Terrain erlaubte ihm nur sehr lang¬
sam vorzurücken und hatte ihm nicht gestattet Artillerie mitzunehmen. Doch
stieß er auf keinen Feind, bis er sich dem Duar Saddina näherte, wo er sich


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[0152] war für die Fechtweise der Marokkaner ausnehmend günstig. Sie vertheidigten es mit großer Tapferkeit und gingen selbst wiederholt, die Gumia (eine Art Uatagan) in der Faust, stürmisch zum Angriff über, wobei sie fortwährend Mal,, Allah! schrieen, oder das spanische Schimpfwort: Perros! Perros! (Hunde!) mit fremdartigem Accent herüberriefen. Ein spanisches Bataillon, in dessen Reihen sich die Marokkaner wie verzweifelt stürzten und mit blanker Waffe alles niederstießen, bis sie selbst niedergestoßen wurden, gerieth sogar vorübergehend in Unordnung, wurde aber von den herbeieilenden Offizieren des Hauptquartiers rasch wieder gesammelt. Ein von zwei frischen Bataillonen unterstützter Bajonnctangriff jagte nun die Feinde den Abhang hinunter und über die jenseitige Schlucht, den dahinter liegenden Rücken hinauf, wo sie von neuen Schaaren aufgenommen wurden. Da dem mittlerweile über den Fluß gegangenen Detachement hatte Ver¬ stärkung gesandt werden müssen, fand man es rathsam, das Vorrücken bis zum Eintreffen des dritten Corps einzustellen, das dann die zweite Linie bildete, während General Prim links in der Niederung vorging und das Centrum unter Echague gegen die Höhen vordrang. Sie machten aber nicht eher erhebliche Fortschritte, als bis es gelang, die zweite Gebirgsbatterie aus der Marsch- colonne herauszuziehen und gegen die Flußniederung aufzufahren. Die platzenden Granaten scheuchten die hinter die Felsblöcke versteckten Marokkaner bald aus dem vor Flintenschüssen sicheren Versteck, und haufenweise sah man sie in ihren weißen, flatternden Gewändern das Weite suchen. Eine noch drastischere Wirkung brachte die Raketenbatteric hervor. So wie die ersten Geschosse sausend und Feuer sprühend über die Marokkaner hin und zwischen ihnen hindurch flogen, schien erst eine Minute lang alle die Tausende, die sich auf der weiten Ebene tummelten, stummes Entsetzen gefesselt zu halten, dann flohen sie in wildester Hast und verschwanden in dem Gestrüpp der das Thal einfassenden Höhen. Wären jetzt die Spanier rasch nachgerückt, so wäre das Gefecht beendigt gewesen. So aber amüsirten sie sich damit, mit Raketen in das Blaue hincin- zuschießen, und da sie damit keinen Schaden anrichteten, so erholten sich die Marokkaner von ihrem ersten Schrecken und kamen wieder vor. Allerdings wagten sie keinen Angriff, aber sie zogen sich in geordneten Haufen zurück und besetzten die jenseitige Höhe, welche die Spanier ersteigen mußten, um nach dem Uad-Nah zu gelangen. Weniger heftig war das Gefecht im Centrum gewesen, das, ohne auf nach¬ drücklichen Widerstand zu stoßen, bis an den Busfecha vorgedrungen war. Anders ging es dem General Rios, dessen Ausgabe war, sich der Berge von Gualdras zu bemächtigen. Das schwierige Terrain erlaubte ihm nur sehr lang¬ sam vorzurücken und hatte ihm nicht gestattet Artillerie mitzunehmen. Doch stieß er auf keinen Feind, bis er sich dem Duar Saddina näherte, wo er sich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/152>, abgerufen am 20.10.2024.