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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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an, beide in dem phantastischen Geschmacke der althochdeutscher Kaiserchroni?.
Tschudi hebt einige Stellen aus diesen Chronisten aus, um sie in seiner vallig,
comÄta, zu widerlegen.

Der dritte Herold erzählt, daß Kaiser Karl der Große die Urner von der
Abgötterei zum Christenglauben bekehrt habe, und springt schnell auf den Gra¬
fen Rudolf von Habsburg über, der 1243 die drei Länder beredet habe, sich
seiner Herrschaft gütlich zu untergeben:

Hierauf beginnt das Stück selbst. Der Landvogt, er führt im Stücke noch
keinen eignen Namen, redet zu der urner Gemeindeversammlung und erklärt,
Herzog Albrecht von Oestreich habe ihn als Vogt ins Land gesetzt; sie sollen
gehorsamen, oder er werde ihnen sonst die Räthe noch heftiger bestreichen. "Nun
geht Wilhelm Tell an ein Ort neben sich und ihm gefallt die Sach nicht."
Staufacher von Schwyz und Erni aus dem Melchthal in Unterwalden treten zu
ihm; letzterer erzählt, wie er eben daheim entflohen und sein Vater geblendet
worden sei. Tell giebt den Rath, man möge sich, sobald einem etwas anliege,
am "Rütteln" zur Versammlung einfinden.

Inzwischen hat der Vogt durch seinen Knecht Heinz Vögeli den Hut am
Platze aufstecken lassen. Tell begrüßt den Hut nicht und redet sich, vor den
Vogt gebracht, mit den Worten des Tellenliedes aus:

Dann im weiteren Verhör folgt jene etymologische Deutung des Namens Tell,
wie sie in Etterlins, Tschudis und der unterwaldner Chronik (Weißes Buch)
sich wiederholt:

Als dann der Vater dem Vogt gehorchen muß und sein Kind zum Ziele stellt,
reden beide über ihr Herzeleid in den Worten jenes Tellenspruches, den Bren¬
tano von einem arther Hausgiebel abschrieb und im Wunderhorn drucken ließ.
Das Tcllenlied und das Stück lassen schließlich den Vogt fragen, was Tell mit
jenem zweiten Pfeile im Goller "meine"; da Tell hieraus seine Absicht gesteht,
spricht der Vogt abermals mit den Worten des Liedes:


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an, beide in dem phantastischen Geschmacke der althochdeutscher Kaiserchroni?.
Tschudi hebt einige Stellen aus diesen Chronisten aus, um sie in seiner vallig,
comÄta, zu widerlegen.

Der dritte Herold erzählt, daß Kaiser Karl der Große die Urner von der
Abgötterei zum Christenglauben bekehrt habe, und springt schnell auf den Gra¬
fen Rudolf von Habsburg über, der 1243 die drei Länder beredet habe, sich
seiner Herrschaft gütlich zu untergeben:

Hierauf beginnt das Stück selbst. Der Landvogt, er führt im Stücke noch
keinen eignen Namen, redet zu der urner Gemeindeversammlung und erklärt,
Herzog Albrecht von Oestreich habe ihn als Vogt ins Land gesetzt; sie sollen
gehorsamen, oder er werde ihnen sonst die Räthe noch heftiger bestreichen. „Nun
geht Wilhelm Tell an ein Ort neben sich und ihm gefallt die Sach nicht."
Staufacher von Schwyz und Erni aus dem Melchthal in Unterwalden treten zu
ihm; letzterer erzählt, wie er eben daheim entflohen und sein Vater geblendet
worden sei. Tell giebt den Rath, man möge sich, sobald einem etwas anliege,
am „Rütteln" zur Versammlung einfinden.

Inzwischen hat der Vogt durch seinen Knecht Heinz Vögeli den Hut am
Platze aufstecken lassen. Tell begrüßt den Hut nicht und redet sich, vor den
Vogt gebracht, mit den Worten des Tellenliedes aus:

Dann im weiteren Verhör folgt jene etymologische Deutung des Namens Tell,
wie sie in Etterlins, Tschudis und der unterwaldner Chronik (Weißes Buch)
sich wiederholt:

Als dann der Vater dem Vogt gehorchen muß und sein Kind zum Ziele stellt,
reden beide über ihr Herzeleid in den Worten jenes Tellenspruches, den Bren¬
tano von einem arther Hausgiebel abschrieb und im Wunderhorn drucken ließ.
Das Tcllenlied und das Stück lassen schließlich den Vogt fragen, was Tell mit
jenem zweiten Pfeile im Goller „meine"; da Tell hieraus seine Absicht gesteht,
spricht der Vogt abermals mit den Worten des Liedes:


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[0139] an, beide in dem phantastischen Geschmacke der althochdeutscher Kaiserchroni?. Tschudi hebt einige Stellen aus diesen Chronisten aus, um sie in seiner vallig, comÄta, zu widerlegen. Der dritte Herold erzählt, daß Kaiser Karl der Große die Urner von der Abgötterei zum Christenglauben bekehrt habe, und springt schnell auf den Gra¬ fen Rudolf von Habsburg über, der 1243 die drei Länder beredet habe, sich seiner Herrschaft gütlich zu untergeben: Hierauf beginnt das Stück selbst. Der Landvogt, er führt im Stücke noch keinen eignen Namen, redet zu der urner Gemeindeversammlung und erklärt, Herzog Albrecht von Oestreich habe ihn als Vogt ins Land gesetzt; sie sollen gehorsamen, oder er werde ihnen sonst die Räthe noch heftiger bestreichen. „Nun geht Wilhelm Tell an ein Ort neben sich und ihm gefallt die Sach nicht." Staufacher von Schwyz und Erni aus dem Melchthal in Unterwalden treten zu ihm; letzterer erzählt, wie er eben daheim entflohen und sein Vater geblendet worden sei. Tell giebt den Rath, man möge sich, sobald einem etwas anliege, am „Rütteln" zur Versammlung einfinden. Inzwischen hat der Vogt durch seinen Knecht Heinz Vögeli den Hut am Platze aufstecken lassen. Tell begrüßt den Hut nicht und redet sich, vor den Vogt gebracht, mit den Worten des Tellenliedes aus: Dann im weiteren Verhör folgt jene etymologische Deutung des Namens Tell, wie sie in Etterlins, Tschudis und der unterwaldner Chronik (Weißes Buch) sich wiederholt: Als dann der Vater dem Vogt gehorchen muß und sein Kind zum Ziele stellt, reden beide über ihr Herzeleid in den Worten jenes Tellenspruches, den Bren¬ tano von einem arther Hausgiebel abschrieb und im Wunderhorn drucken ließ. Das Tcllenlied und das Stück lassen schließlich den Vogt fragen, was Tell mit jenem zweiten Pfeile im Goller „meine"; da Tell hieraus seine Absicht gesteht, spricht der Vogt abermals mit den Worten des Liedes: 17*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/139>, abgerufen am 20.10.2024.