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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Wir ließen bisher die gesammtstaatliche Finanzpolitik im Princip gelten
und beschränkten uns darauf, zu zeigen, daß Schleswig-Holstein in dem eben
erwähnten Zeitraum, selbst angenommen, alle gesamtstaatlichen Einnahmen
seien mit Ausnahme der Domänen-Julräder und der Zuschüsse genau der Kopf¬
zahl entsprechend vertheilt gewesen, in diesen beiden Posten allein schon die
bedeutende Summe von mehr als acht Millionen Thalern Reichsmünze verloren hat.
Die Verluste der Herzogthümer schwellen aber zu weit größeren Summen an,
wenn wir bedenken, daß die Politik, welche denselben eine Realunion mit dem
Königreich aufnöthigte, sie infolge dessen an Ausgaben theilzunehmen zwang,
die überwiegend dem dänischen Theil der Monarchie und vor allem der Stadt
Kopenhagen zu Gute kamen.

Betrachten wir die sogenannten Gesammtausgaben nach ihrer wahren Be¬
ziehung zu den einzelnen Landestheilen, so wird sich das Ergebniß, zu dem
wir gelangen werden, allerdings nicht in einer runden Zahl ausdrücken lassen.
Denn während wir bei obiger Kritik der Einnahmen schließlich genau wußten,
um wie viele Millionen Bankthaler weniger die Herzogthümer im Lauf von zehn
Jahren hätten besteuert werden sollen, zerfallen die A u s g a b e n in verschiedene
Classen, und die Natur einiger derselben schließt eine Nachrechnung bis auf
Thaler und Schilling aus.

Die Ausgaben theilen sich:

1) in solche, für die von Rechtswegen die Schleswig-Holsteincr gar nicht
oder nur in geringerem Maße, als es geschah, besteuert werden durften, wie
z. B. die Pensionsbeiträge, die ohne Schaden nach den Landestheilen gesondert
werden konnten; die hierauf sich gründende Benachteiligung der Herzogthümer
läßt sich in runden Summen angeben;

2) in solche, welche die Herzogthümer als selbständige Staaten zwar auch
hätten tragen müssen, aber mit dem sehr wesentlichen Unterschiede, daß die be¬
treffenden Summen großentheils im Lande verzehrt worden wären; dahin ge¬
hören z. B. die Civilliste, die Apanagen, die Ministerien und zum Theil das
Heer; die wirthschaftliche Prägravation Schleswig-Holsteins dadurch, daß
die Quote, welche es zu diesen Ausgaben steuerte, nicht dem Lande (oder doch
nur zu einem sehr kleinen Theil dem Lande) wieder zufloß, sondern in Däne¬
mark verausgabt wurde, läßt sich nur annähernd in Zahlen ausdrücken und
nur indirect zu einer Forderung formuliren;

3) in solche, die unter allen Umständen von den Herzogthümern. gleich¬
viel wie weit sie selbständig gemacht werden, aufzubringen sind. Dahin gehört
die Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld.

Nach diesen Gesichtspunkten prüfen wir in der Kürze die elf Rubriken des
Contos der gemeinschaftlichen Ausgaben in der Staatsrechnung des Finanz¬
jahres 1862/63. ,


Wir ließen bisher die gesammtstaatliche Finanzpolitik im Princip gelten
und beschränkten uns darauf, zu zeigen, daß Schleswig-Holstein in dem eben
erwähnten Zeitraum, selbst angenommen, alle gesamtstaatlichen Einnahmen
seien mit Ausnahme der Domänen-Julräder und der Zuschüsse genau der Kopf¬
zahl entsprechend vertheilt gewesen, in diesen beiden Posten allein schon die
bedeutende Summe von mehr als acht Millionen Thalern Reichsmünze verloren hat.
Die Verluste der Herzogthümer schwellen aber zu weit größeren Summen an,
wenn wir bedenken, daß die Politik, welche denselben eine Realunion mit dem
Königreich aufnöthigte, sie infolge dessen an Ausgaben theilzunehmen zwang,
die überwiegend dem dänischen Theil der Monarchie und vor allem der Stadt
Kopenhagen zu Gute kamen.

Betrachten wir die sogenannten Gesammtausgaben nach ihrer wahren Be¬
ziehung zu den einzelnen Landestheilen, so wird sich das Ergebniß, zu dem
wir gelangen werden, allerdings nicht in einer runden Zahl ausdrücken lassen.
Denn während wir bei obiger Kritik der Einnahmen schließlich genau wußten,
um wie viele Millionen Bankthaler weniger die Herzogthümer im Lauf von zehn
Jahren hätten besteuert werden sollen, zerfallen die A u s g a b e n in verschiedene
Classen, und die Natur einiger derselben schließt eine Nachrechnung bis auf
Thaler und Schilling aus.

Die Ausgaben theilen sich:

1) in solche, für die von Rechtswegen die Schleswig-Holsteincr gar nicht
oder nur in geringerem Maße, als es geschah, besteuert werden durften, wie
z. B. die Pensionsbeiträge, die ohne Schaden nach den Landestheilen gesondert
werden konnten; die hierauf sich gründende Benachteiligung der Herzogthümer
läßt sich in runden Summen angeben;

2) in solche, welche die Herzogthümer als selbständige Staaten zwar auch
hätten tragen müssen, aber mit dem sehr wesentlichen Unterschiede, daß die be¬
treffenden Summen großentheils im Lande verzehrt worden wären; dahin ge¬
hören z. B. die Civilliste, die Apanagen, die Ministerien und zum Theil das
Heer; die wirthschaftliche Prägravation Schleswig-Holsteins dadurch, daß
die Quote, welche es zu diesen Ausgaben steuerte, nicht dem Lande (oder doch
nur zu einem sehr kleinen Theil dem Lande) wieder zufloß, sondern in Däne¬
mark verausgabt wurde, läßt sich nur annähernd in Zahlen ausdrücken und
nur indirect zu einer Forderung formuliren;

3) in solche, die unter allen Umständen von den Herzogthümern. gleich¬
viel wie weit sie selbständig gemacht werden, aufzubringen sind. Dahin gehört
die Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld.

Nach diesen Gesichtspunkten prüfen wir in der Kürze die elf Rubriken des
Contos der gemeinschaftlichen Ausgaben in der Staatsrechnung des Finanz¬
jahres 1862/63. ,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/378>, abgerufen am 23.07.2024.