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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Ausbiidungsweise eine dreijährige Zeit nothwendig ist, um einen disciplinirten
Soldaten zu machen. Die jetzigen Ersahrungen im Kriege in Schleswig füh¬
ren entschieden zu demselben Resultat. Allerdings, glänzende Tapferkeit, eine
hervorstechende militärische Haltung sind unabhängig von der soldatischen
Zucht; die besonders belobten Soldaten finden wir deshalb unter den Rekruten
sowohl, als unter den ältesten Reservisten. Die stetige Vciffung aber, die
Ausdauer in der Gefahr sowohl, als auch in den Mühen des Dienstes, die
Gefechtdisciplin, das Eingehen in die Befehle des Vorgesetzten finden wir
überall vertreten durch die drei und mehr Jahre gedient habenden Leute. sta¬
tistisch weist sich die Richtigkeit dieser Behauptung unzweifelhaft nach in der
viel geringeren Zahl Kugeln, welche der alte Soldat im Verhältniß zum Re¬
kruten verschießt, und in der Zahl von Unglücksfällen, welche die jungen Ar¬
tilleristen in der Handhabung der Munition herbeigeführt haben. Außerdem
zeigt sich dasselbe in der Ausdauer bei Märschen, bei Arbeiten und zumal im
Wachdienst.

Wenn aber durch Erfahrungen bewiesen ist, daß bei der jetzigen Methode
der Ausbildung die Disciplin eine mindestens dreijährige Dienstzeit erfordert,
so ist damit noch nicht gesagt, daß diese Dienstzeit überhaupt unvermeidlich ist.
Will man die Dienstzeit aus nationalökonomischen Rücksichten vermindern, so
"ruß die Ausbildung verbessert werden, so bedarf es der schärfern Ausbildung
von Charakteren nnter den Vorgesetzten, eines anhaltenderen Verkehrs zwischen
Vorgesetzten und Untergebenen und einer größeren Anforderung an die Leistungs¬
fähigkeit des Soldaten und der kürzern Dienstzeit als bisher.

Die schärferen Charaktere unter dem Offizierstandc werden vor allen Din¬
gen durch Reibung entwickelt. Man mache den Offizier selbständiger, gebe ihm
militärisch einen größern Wirkungskreis als der Cz'ercierplatz bietet, zumal für
die Generalität, löse das Band der Disciplin nnter Offiziere", sobald sie nicht
im Dienst sind, und "räche die Generalität durch ein Altersgesetz jünger und
unduldsamer.

Die Aufstellung großer ^ager wird diese Aufgaben durchgehend leichter
lösen lassen, als das die Offiziere aller Classen im Privatleben isolirende Gar-
nisonlebcn.

Noch mehr fördert das Lagerleben den nähern Umgang des Vorgesetzten
mit dem genieinen Soldaten, nicht den vertrauliche", sondern den erziehenden


Ausbiidungsweise eine dreijährige Zeit nothwendig ist, um einen disciplinirten
Soldaten zu machen. Die jetzigen Ersahrungen im Kriege in Schleswig füh¬
ren entschieden zu demselben Resultat. Allerdings, glänzende Tapferkeit, eine
hervorstechende militärische Haltung sind unabhängig von der soldatischen
Zucht; die besonders belobten Soldaten finden wir deshalb unter den Rekruten
sowohl, als unter den ältesten Reservisten. Die stetige Vciffung aber, die
Ausdauer in der Gefahr sowohl, als auch in den Mühen des Dienstes, die
Gefechtdisciplin, das Eingehen in die Befehle des Vorgesetzten finden wir
überall vertreten durch die drei und mehr Jahre gedient habenden Leute. sta¬
tistisch weist sich die Richtigkeit dieser Behauptung unzweifelhaft nach in der
viel geringeren Zahl Kugeln, welche der alte Soldat im Verhältniß zum Re¬
kruten verschießt, und in der Zahl von Unglücksfällen, welche die jungen Ar¬
tilleristen in der Handhabung der Munition herbeigeführt haben. Außerdem
zeigt sich dasselbe in der Ausdauer bei Märschen, bei Arbeiten und zumal im
Wachdienst.

Wenn aber durch Erfahrungen bewiesen ist, daß bei der jetzigen Methode
der Ausbildung die Disciplin eine mindestens dreijährige Dienstzeit erfordert,
so ist damit noch nicht gesagt, daß diese Dienstzeit überhaupt unvermeidlich ist.
Will man die Dienstzeit aus nationalökonomischen Rücksichten vermindern, so
»ruß die Ausbildung verbessert werden, so bedarf es der schärfern Ausbildung
von Charakteren nnter den Vorgesetzten, eines anhaltenderen Verkehrs zwischen
Vorgesetzten und Untergebenen und einer größeren Anforderung an die Leistungs¬
fähigkeit des Soldaten und der kürzern Dienstzeit als bisher.

Die schärferen Charaktere unter dem Offizierstandc werden vor allen Din¬
gen durch Reibung entwickelt. Man mache den Offizier selbständiger, gebe ihm
militärisch einen größern Wirkungskreis als der Cz'ercierplatz bietet, zumal für
die Generalität, löse das Band der Disciplin nnter Offiziere», sobald sie nicht
im Dienst sind, und »räche die Generalität durch ein Altersgesetz jünger und
unduldsamer.

Die Aufstellung großer ^ager wird diese Aufgaben durchgehend leichter
lösen lassen, als das die Offiziere aller Classen im Privatleben isolirende Gar-
nisonlebcn.

Noch mehr fördert das Lagerleben den nähern Umgang des Vorgesetzten
mit dem genieinen Soldaten, nicht den vertrauliche», sondern den erziehenden


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[0282] Ausbiidungsweise eine dreijährige Zeit nothwendig ist, um einen disciplinirten Soldaten zu machen. Die jetzigen Ersahrungen im Kriege in Schleswig füh¬ ren entschieden zu demselben Resultat. Allerdings, glänzende Tapferkeit, eine hervorstechende militärische Haltung sind unabhängig von der soldatischen Zucht; die besonders belobten Soldaten finden wir deshalb unter den Rekruten sowohl, als unter den ältesten Reservisten. Die stetige Vciffung aber, die Ausdauer in der Gefahr sowohl, als auch in den Mühen des Dienstes, die Gefechtdisciplin, das Eingehen in die Befehle des Vorgesetzten finden wir überall vertreten durch die drei und mehr Jahre gedient habenden Leute. sta¬ tistisch weist sich die Richtigkeit dieser Behauptung unzweifelhaft nach in der viel geringeren Zahl Kugeln, welche der alte Soldat im Verhältniß zum Re¬ kruten verschießt, und in der Zahl von Unglücksfällen, welche die jungen Ar¬ tilleristen in der Handhabung der Munition herbeigeführt haben. Außerdem zeigt sich dasselbe in der Ausdauer bei Märschen, bei Arbeiten und zumal im Wachdienst. Wenn aber durch Erfahrungen bewiesen ist, daß bei der jetzigen Methode der Ausbildung die Disciplin eine mindestens dreijährige Dienstzeit erfordert, so ist damit noch nicht gesagt, daß diese Dienstzeit überhaupt unvermeidlich ist. Will man die Dienstzeit aus nationalökonomischen Rücksichten vermindern, so »ruß die Ausbildung verbessert werden, so bedarf es der schärfern Ausbildung von Charakteren nnter den Vorgesetzten, eines anhaltenderen Verkehrs zwischen Vorgesetzten und Untergebenen und einer größeren Anforderung an die Leistungs¬ fähigkeit des Soldaten und der kürzern Dienstzeit als bisher. Die schärferen Charaktere unter dem Offizierstandc werden vor allen Din¬ gen durch Reibung entwickelt. Man mache den Offizier selbständiger, gebe ihm militärisch einen größern Wirkungskreis als der Cz'ercierplatz bietet, zumal für die Generalität, löse das Band der Disciplin nnter Offiziere», sobald sie nicht im Dienst sind, und »räche die Generalität durch ein Altersgesetz jünger und unduldsamer. Die Aufstellung großer ^ager wird diese Aufgaben durchgehend leichter lösen lassen, als das die Offiziere aller Classen im Privatleben isolirende Gar- nisonlebcn. Noch mehr fördert das Lagerleben den nähern Umgang des Vorgesetzten mit dem genieinen Soldaten, nicht den vertrauliche», sondern den erziehenden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/282>, abgerufen am 23.07.2024.