Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Eintritt in die Handlung, durch dieses tragische in unzZjg," roh lApors nicht
von einer so gewaltigen, intensiven Wirkung, daß keine Aenderung, kein Zu¬
satz im Stande ist dieselbe zu übcrgipfeln?

In Richard dem Dritten hat die Bearbeitung Dingelstedts das von Shake¬
speare Gegebene ziemlich intact gelassen: doch wird einiges dieser Art zu er¬
wähnen sein, und im Uebrigen möchte ich das Stück gerne mit einigen dramatur¬
gischen Bemerkungen begleiten. I, 2 die Werbung um Anna, deren nächste
Angehörige Gloster umgebracht, spielte Herr Lehfcld sehr gut, wie er denn
überhaupt seine Rolle geistvoll auffaßte und mit großer Kraft durchführte: in Hein¬
rich dem Sechsten schien er nur in demselben Charakter nicht immer das schöne
Maß innezuhalten, welches das Allzuviel nach allen Seiten hin ausschließt,
und welches allerdings gerade von kräftigen Talenten leicht überschritten wird.
-- Aber trotz der vortrefflichen Leistung Lehfelds in dieser Scene, welche durch
die Darstellerin der Anna (Frl. Knaufs) sehr wacker unterstützt wurde, -- ich
muß gestehen, das Gelingen dieser Werbung wird auch das tüchtigste Spiel
niemals wahrscheinlich machen können: der Zuhörer wird immer ungläubig diese
Wandelung anstaunen, und alle Kunst Shakespeares und der Darsteller wird die
Unnatürlichkeit des Borgangs nicht vergessen machen. H,Il<zuNrel0 domus äcii'ung,t
Homerus: auch Shakespeare ist nicht ohne einiges, was man anders wünschen
möchte.

Den zweiten Act beginnt Dingelstedt mit I. 3 des gewöhnlichen Textes.
Daß in der Scene, wo Margarethe zwischen die streitenden Gegner tritt
(Shakespeare I, 3), bei der Aufführung die wirkungsvollen Reden Margarethens
aus dem Hintergrund weggelassen sind, sie vielmehr dort schweigend verharrt
und erst mit ihrem Vortreten spricht:


Hört mich, Piraten, die ihr hadcrnd zankt u. s. w.

vermag ich nicht zu billigen; denn wenn auch die durch die Zwischenreden Mar¬
garethens entstehenden Pausen in den, Disput der auf dem Proscenium Stehen¬
den einige Schwierigkeit bieten, so ist diese doch nicht so unüberwindlich, daß
man darüber jene vortrefflichen Reden aufgeben möchte, die wie die Stimme
der Nemesis in den Hader hineintönen. Sehr gut, wenn ich recht gehört
habe, mit einer sehr passenden Aenderung der schlegelschen Uebersetzung, wurde
die schwierige Stelle I. 3 gesprochen, wo Anna mitten in ihrem Fluche von
Gloster unterbrochen wird:


Hueen Narg.

^bon rg,F ok Iwnour! tvou äetestoä --


Kloster.

Margaret.


(Z. Narx.

liiebarä!


Eintritt in die Handlung, durch dieses tragische in unzZjg,» roh lApors nicht
von einer so gewaltigen, intensiven Wirkung, daß keine Aenderung, kein Zu¬
satz im Stande ist dieselbe zu übcrgipfeln?

In Richard dem Dritten hat die Bearbeitung Dingelstedts das von Shake¬
speare Gegebene ziemlich intact gelassen: doch wird einiges dieser Art zu er¬
wähnen sein, und im Uebrigen möchte ich das Stück gerne mit einigen dramatur¬
gischen Bemerkungen begleiten. I, 2 die Werbung um Anna, deren nächste
Angehörige Gloster umgebracht, spielte Herr Lehfcld sehr gut, wie er denn
überhaupt seine Rolle geistvoll auffaßte und mit großer Kraft durchführte: in Hein¬
rich dem Sechsten schien er nur in demselben Charakter nicht immer das schöne
Maß innezuhalten, welches das Allzuviel nach allen Seiten hin ausschließt,
und welches allerdings gerade von kräftigen Talenten leicht überschritten wird.
— Aber trotz der vortrefflichen Leistung Lehfelds in dieser Scene, welche durch
die Darstellerin der Anna (Frl. Knaufs) sehr wacker unterstützt wurde, — ich
muß gestehen, das Gelingen dieser Werbung wird auch das tüchtigste Spiel
niemals wahrscheinlich machen können: der Zuhörer wird immer ungläubig diese
Wandelung anstaunen, und alle Kunst Shakespeares und der Darsteller wird die
Unnatürlichkeit des Borgangs nicht vergessen machen. H,Il<zuNrel0 domus äcii'ung,t
Homerus: auch Shakespeare ist nicht ohne einiges, was man anders wünschen
möchte.

Den zweiten Act beginnt Dingelstedt mit I. 3 des gewöhnlichen Textes.
Daß in der Scene, wo Margarethe zwischen die streitenden Gegner tritt
(Shakespeare I, 3), bei der Aufführung die wirkungsvollen Reden Margarethens
aus dem Hintergrund weggelassen sind, sie vielmehr dort schweigend verharrt
und erst mit ihrem Vortreten spricht:


Hört mich, Piraten, die ihr hadcrnd zankt u. s. w.

vermag ich nicht zu billigen; denn wenn auch die durch die Zwischenreden Mar¬
garethens entstehenden Pausen in den, Disput der auf dem Proscenium Stehen¬
den einige Schwierigkeit bieten, so ist diese doch nicht so unüberwindlich, daß
man darüber jene vortrefflichen Reden aufgeben möchte, die wie die Stimme
der Nemesis in den Hader hineintönen. Sehr gut, wenn ich recht gehört
habe, mit einer sehr passenden Aenderung der schlegelschen Uebersetzung, wurde
die schwierige Stelle I. 3 gesprochen, wo Anna mitten in ihrem Fluche von
Gloster unterbrochen wird:


Hueen Narg.

^bon rg,F ok Iwnour! tvou äetestoä —


Kloster.

Margaret.


(Z. Narx.

liiebarä!


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0274" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188835"/>
          <p xml:id="ID_908" prev="#ID_907"> Eintritt in die Handlung, durch dieses tragische in unzZjg,» roh lApors nicht<lb/>
von einer so gewaltigen, intensiven Wirkung, daß keine Aenderung, kein Zu¬<lb/>
satz im Stande ist dieselbe zu übcrgipfeln?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_909"> In Richard dem Dritten hat die Bearbeitung Dingelstedts das von Shake¬<lb/>
speare Gegebene ziemlich intact gelassen: doch wird einiges dieser Art zu er¬<lb/>
wähnen sein, und im Uebrigen möchte ich das Stück gerne mit einigen dramatur¬<lb/>
gischen Bemerkungen begleiten. I, 2 die Werbung um Anna, deren nächste<lb/>
Angehörige Gloster umgebracht, spielte Herr Lehfcld sehr gut, wie er denn<lb/>
überhaupt seine Rolle geistvoll auffaßte und mit großer Kraft durchführte: in Hein¬<lb/>
rich dem Sechsten schien er nur in demselben Charakter nicht immer das schöne<lb/>
Maß innezuhalten, welches das Allzuviel nach allen Seiten hin ausschließt,<lb/>
und welches allerdings gerade von kräftigen Talenten leicht überschritten wird.<lb/>
&#x2014; Aber trotz der vortrefflichen Leistung Lehfelds in dieser Scene, welche durch<lb/>
die Darstellerin der Anna (Frl. Knaufs) sehr wacker unterstützt wurde, &#x2014; ich<lb/>
muß gestehen, das Gelingen dieser Werbung wird auch das tüchtigste Spiel<lb/>
niemals wahrscheinlich machen können: der Zuhörer wird immer ungläubig diese<lb/>
Wandelung anstaunen, und alle Kunst Shakespeares und der Darsteller wird die<lb/>
Unnatürlichkeit des Borgangs nicht vergessen machen. H,Il&lt;zuNrel0 domus äcii'ung,t<lb/>
Homerus: auch Shakespeare ist nicht ohne einiges, was man anders wünschen<lb/>
möchte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_910"> Den zweiten Act beginnt Dingelstedt mit I. 3 des gewöhnlichen Textes.<lb/>
Daß in der Scene, wo Margarethe zwischen die streitenden Gegner tritt<lb/>
(Shakespeare I, 3), bei der Aufführung die wirkungsvollen Reden Margarethens<lb/>
aus dem Hintergrund weggelassen sind, sie vielmehr dort schweigend verharrt<lb/>
und erst mit ihrem Vortreten spricht:</p><lb/>
          <quote> Hört mich, Piraten, die ihr hadcrnd zankt u. s. w.</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_911"> vermag ich nicht zu billigen; denn wenn auch die durch die Zwischenreden Mar¬<lb/>
garethens entstehenden Pausen in den, Disput der auf dem Proscenium Stehen¬<lb/>
den einige Schwierigkeit bieten, so ist diese doch nicht so unüberwindlich, daß<lb/>
man darüber jene vortrefflichen Reden aufgeben möchte, die wie die Stimme<lb/>
der Nemesis in den Hader hineintönen. Sehr gut, wenn ich recht gehört<lb/>
habe, mit einer sehr passenden Aenderung der schlegelschen Uebersetzung, wurde<lb/>
die schwierige Stelle I. 3 gesprochen, wo Anna mitten in ihrem Fluche von<lb/>
Gloster unterbrochen wird:</p><lb/>
          <note type="speaker"> Hueen Narg.</note><lb/>
          <p xml:id="ID_912"> ^bon rg,F ok Iwnour! tvou äetestoä &#x2014;</p><lb/>
          <note type="speaker"> Kloster.</note><lb/>
          <p xml:id="ID_913"> Margaret.</p><lb/>
          <note type="speaker"> (Z. Narx.</note><lb/>
          <p xml:id="ID_914"> liiebarä!</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0274] Eintritt in die Handlung, durch dieses tragische in unzZjg,» roh lApors nicht von einer so gewaltigen, intensiven Wirkung, daß keine Aenderung, kein Zu¬ satz im Stande ist dieselbe zu übcrgipfeln? In Richard dem Dritten hat die Bearbeitung Dingelstedts das von Shake¬ speare Gegebene ziemlich intact gelassen: doch wird einiges dieser Art zu er¬ wähnen sein, und im Uebrigen möchte ich das Stück gerne mit einigen dramatur¬ gischen Bemerkungen begleiten. I, 2 die Werbung um Anna, deren nächste Angehörige Gloster umgebracht, spielte Herr Lehfcld sehr gut, wie er denn überhaupt seine Rolle geistvoll auffaßte und mit großer Kraft durchführte: in Hein¬ rich dem Sechsten schien er nur in demselben Charakter nicht immer das schöne Maß innezuhalten, welches das Allzuviel nach allen Seiten hin ausschließt, und welches allerdings gerade von kräftigen Talenten leicht überschritten wird. — Aber trotz der vortrefflichen Leistung Lehfelds in dieser Scene, welche durch die Darstellerin der Anna (Frl. Knaufs) sehr wacker unterstützt wurde, — ich muß gestehen, das Gelingen dieser Werbung wird auch das tüchtigste Spiel niemals wahrscheinlich machen können: der Zuhörer wird immer ungläubig diese Wandelung anstaunen, und alle Kunst Shakespeares und der Darsteller wird die Unnatürlichkeit des Borgangs nicht vergessen machen. H,Il<zuNrel0 domus äcii'ung,t Homerus: auch Shakespeare ist nicht ohne einiges, was man anders wünschen möchte. Den zweiten Act beginnt Dingelstedt mit I. 3 des gewöhnlichen Textes. Daß in der Scene, wo Margarethe zwischen die streitenden Gegner tritt (Shakespeare I, 3), bei der Aufführung die wirkungsvollen Reden Margarethens aus dem Hintergrund weggelassen sind, sie vielmehr dort schweigend verharrt und erst mit ihrem Vortreten spricht: Hört mich, Piraten, die ihr hadcrnd zankt u. s. w. vermag ich nicht zu billigen; denn wenn auch die durch die Zwischenreden Mar¬ garethens entstehenden Pausen in den, Disput der auf dem Proscenium Stehen¬ den einige Schwierigkeit bieten, so ist diese doch nicht so unüberwindlich, daß man darüber jene vortrefflichen Reden aufgeben möchte, die wie die Stimme der Nemesis in den Hader hineintönen. Sehr gut, wenn ich recht gehört habe, mit einer sehr passenden Aenderung der schlegelschen Uebersetzung, wurde die schwierige Stelle I. 3 gesprochen, wo Anna mitten in ihrem Fluche von Gloster unterbrochen wird: Hueen Narg. ^bon rg,F ok Iwnour! tvou äetestoä — Kloster. Margaret. (Z. Narx. liiebarä!

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/274
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/274>, abgerufen am 23.07.2024.