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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Stande, sondern es wurden zwei Eingaben an König Christian entworfen, von
denen die eine dem größeren, die andere dem geringeren Grade von Entschlossen¬
heit und Vertrauen auf die Zukunft angepaßt war. welcher von den Ver¬
sammelten repräsentirt wurde. Beide Eingaben beginnen mit der Erklärung,
daß die Forderung der Regierung, den Eid binnen drei Tagen zu leisten, eine
Ueberraschung gewesen sei, und daß man seitdem zu der Ueberzeugung gelangt
sei, der Eid habe mit Recht nicht verlangt werden können. Dann aber trennen
sich die Wege. Die eine Eingabe fährt fort: deshalb erachte man sich fortan
der durch den Eid übernommenen Verpflichtung für entbunden. Die andere,
schwächlichere besagt: darum richte man an Se. Majestät die allerunterthänigste
Bitte, derselbe wolle die Betreffenden ihres Eides zu entbinden geruhen.

Die letztere Fassung ist, abgesehen von der Aengstlichkeit, die sie dictirte,
wie sich seitdem herausgestellt hat, auch unpraktisch. Dem Propst Caspers in
Husum wurde auf ein vor mehren Wochen von ihm eingereichtes Gesuch um
Entbindung von seinem Eide aus Kopenhagen der Bescheid zu Theil, daß man
sich nicht veranlaßt finde, seine Bitte zu gewähren, und daß er ja. wenn er
es mit seinem Eide unverträglich finde, in Husum zu bleiben, von dort weg¬
gehen könne. Hierdurch ist meiner Meinung nach die von einem Theile der
..Ueberraschten" gewählte Form der Bitte durchaus hinfällig geworden; denn
die dänische Regierung wird schwerlich den holsteinischen Beamten gewähren,
was sie einem schleswigschen rundweg abgeschlagen hat. und zu bitten ist so¬
mit für die. welche aus der unbequemen Stellung, in die sie gerathen, heraus¬
wollen, reine Zeit-. Papier-. Stempelgebühr- und Portoverschwendung.

Die beiden Erklärungen sollen jedem "Ueberraschten" zur Auswahl nach
seinem Geschmack übersendet und die unterschriebenen Exemplare dann in Neu¬
münster gesammelt werden, von wo man sie den Bundescommissären mit der
Bitte zuschicken will, sie nach Kopenhagen zu übermitteln. Politisch betrachtet,
wird dieses Resultat mit Befriedigung zu betrachten sein. Wenn selbst die. in
deren Augen Vorsicht die erste Tugend des rechtschaffnen Menschen ist, die
Brücke hinter sich verbrennen, muß, wo nicht die Lage unsrer Sache, doch der
Muth des Volkes im Allgemeinen sich beträchtlich gebessert haben.

Inzwischen haben die Preußen durch ihren Sieg bei Düppel unsere Hoffnung
auf einen guten Ausgang mächtig gehoben. Es war unzweifelhaft zu viel ge¬
sagt, wenn man diesen Sieg in der ersten Freude officiell "den glänzendsten
der glänzenden" nannte. Indeß ist er immerhin noch einmal so viel werth,
als alle die viel verherrlichten Erfolge der Oestreicher in diesem Kriege. Er
nahm allen Freunden Preußens einen schweren Alp von der Seele, und er wirft
ein mächtiges Gewicht in die Wagsckale, welche in London den üblen Willen
Englands und Oestreichs aufzulegen bestimmt ist. Man hat in den letzten


Stande, sondern es wurden zwei Eingaben an König Christian entworfen, von
denen die eine dem größeren, die andere dem geringeren Grade von Entschlossen¬
heit und Vertrauen auf die Zukunft angepaßt war. welcher von den Ver¬
sammelten repräsentirt wurde. Beide Eingaben beginnen mit der Erklärung,
daß die Forderung der Regierung, den Eid binnen drei Tagen zu leisten, eine
Ueberraschung gewesen sei, und daß man seitdem zu der Ueberzeugung gelangt
sei, der Eid habe mit Recht nicht verlangt werden können. Dann aber trennen
sich die Wege. Die eine Eingabe fährt fort: deshalb erachte man sich fortan
der durch den Eid übernommenen Verpflichtung für entbunden. Die andere,
schwächlichere besagt: darum richte man an Se. Majestät die allerunterthänigste
Bitte, derselbe wolle die Betreffenden ihres Eides zu entbinden geruhen.

Die letztere Fassung ist, abgesehen von der Aengstlichkeit, die sie dictirte,
wie sich seitdem herausgestellt hat, auch unpraktisch. Dem Propst Caspers in
Husum wurde auf ein vor mehren Wochen von ihm eingereichtes Gesuch um
Entbindung von seinem Eide aus Kopenhagen der Bescheid zu Theil, daß man
sich nicht veranlaßt finde, seine Bitte zu gewähren, und daß er ja. wenn er
es mit seinem Eide unverträglich finde, in Husum zu bleiben, von dort weg¬
gehen könne. Hierdurch ist meiner Meinung nach die von einem Theile der
..Ueberraschten" gewählte Form der Bitte durchaus hinfällig geworden; denn
die dänische Regierung wird schwerlich den holsteinischen Beamten gewähren,
was sie einem schleswigschen rundweg abgeschlagen hat. und zu bitten ist so¬
mit für die. welche aus der unbequemen Stellung, in die sie gerathen, heraus¬
wollen, reine Zeit-. Papier-. Stempelgebühr- und Portoverschwendung.

Die beiden Erklärungen sollen jedem „Ueberraschten" zur Auswahl nach
seinem Geschmack übersendet und die unterschriebenen Exemplare dann in Neu¬
münster gesammelt werden, von wo man sie den Bundescommissären mit der
Bitte zuschicken will, sie nach Kopenhagen zu übermitteln. Politisch betrachtet,
wird dieses Resultat mit Befriedigung zu betrachten sein. Wenn selbst die. in
deren Augen Vorsicht die erste Tugend des rechtschaffnen Menschen ist, die
Brücke hinter sich verbrennen, muß, wo nicht die Lage unsrer Sache, doch der
Muth des Volkes im Allgemeinen sich beträchtlich gebessert haben.

Inzwischen haben die Preußen durch ihren Sieg bei Düppel unsere Hoffnung
auf einen guten Ausgang mächtig gehoben. Es war unzweifelhaft zu viel ge¬
sagt, wenn man diesen Sieg in der ersten Freude officiell „den glänzendsten
der glänzenden" nannte. Indeß ist er immerhin noch einmal so viel werth,
als alle die viel verherrlichten Erfolge der Oestreicher in diesem Kriege. Er
nahm allen Freunden Preußens einen schweren Alp von der Seele, und er wirft
ein mächtiges Gewicht in die Wagsckale, welche in London den üblen Willen
Englands und Oestreichs aufzulegen bestimmt ist. Man hat in den letzten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/203>, abgerufen am 23.07.2024.