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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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der Stände solchen Anklang, daß sich der Unterschristenbogen binnen drei Tagen
mit 668 Namen bedeckte. Im Dorfe Alveslohe. welches bisher nicht gerade
zu den wärmsten gehörte, unterschrieben 63 Mann, in Beidenfleth, von wo
früher auch nicht viel Erfreuliches zu berichten war, gab sich ebenfalls eine
überraschend große Theilnahme kund, was um so werthvoller ist, als der dortige
Kirchspielsvogt, zu den dänischgesinnten Beamten gehörig, der Agitation nach
Kräften Hindernisse in den Weg zu legen bemüht war. Von andern ländlichen
Gemeinden, die besondern Eifer zeigten, nenne ich nur Quarnstedt bei Kelling-
husen und Nordhastedt, wo die betreffende Adresse von dem gesammten Kirch-
spielscollegium und 160 Bauern unterschrieben wurde.

In den Städten war die Betheiligung an der vaterländischen Sache selbst¬
verständlich weit lebhafter, vorzüglich in Kiel und Rendsburg. Auch Altona
scheint den bequemen Schlafrock des passiven Widerstandes, in welchem man
vorigen Herbst beiläufig nicht blos hier, sondern so ziemlich im ganzen Lande
einzuschlafen im Begriff war. ausgezogen zu haben. Magistratscollegien und
Gymnasium haben sich ausnahmslos der Declaration der Stände angeschlossen.
Bon den Aemtern der Zünfte sind 27 der rendsburger Resolution vom 29. März,
die, wie früher bemerkt, im Wesentlichen dasselbe sagt, wie die Declaration
vom 5. April, beigetreten, und die 37 Sectionsführer des dortigen schleswig-
hvlsteimschen Vereins, die von Haus zu Haus Unterschriften für das rends¬
burger Programm sammelten, haben dem Vernehmen nach fast allgemein bereit¬
willige Hände gefunden, so daß ein glänzendes Ergebniß zu erwarten stand.

Ferner macht die freiwillige Anleihe wie in den Städten so auf dem Lande
noch immer gute Fortschritte, und man darf annehmen, daß Holstein allein
jetzt schon mehr als noch einmal so viel gezeichnet hat, als das ganze übrige
Deutschland.

Endlich ist auch die Versammlung "geschworner" Beamten, welche am
letzten Sonntage zu Neumünster stattfand, über Erwarten gut verlaufen. Mein
letzter Brief zeigt,, daß ich mir von den Herren nicht viel versprach, und Andern
wird es ebenso gegangen sein. Daß die Convocanten ihrer früheren Schwäche
die neue hinzufügten, ihre Namen zu verschweigen, ließ kaum hoffen, daß sich
viele der Eingeladenen einstellen würden. Gleichwohl erschienen am gedachten
Tage im Bahnhofshotel zu Neumünster über 60 der Herren, meist Post- und
Zollbeamte persönlich, und über 200 andere hatten Vollmachten eingeschickt, so
daß mit Ausnahme einiger Pastoren und der Mehrzahl der Oberbeamten alle
bei der Sache Betheiiigte vertreten waren. Die Debatte war ziemlich lebhaft.
Man war darüber einig , daß der geleistete Eid unschädlich zu machen sei, da¬
gegen spaltete sich die Versammlung in Betreff der Art und Weise, wie dies
zu bewirken, in zwei Parteien , und so kam ein einstimmiger Beschluß nicht zu
,


der Stände solchen Anklang, daß sich der Unterschristenbogen binnen drei Tagen
mit 668 Namen bedeckte. Im Dorfe Alveslohe. welches bisher nicht gerade
zu den wärmsten gehörte, unterschrieben 63 Mann, in Beidenfleth, von wo
früher auch nicht viel Erfreuliches zu berichten war, gab sich ebenfalls eine
überraschend große Theilnahme kund, was um so werthvoller ist, als der dortige
Kirchspielsvogt, zu den dänischgesinnten Beamten gehörig, der Agitation nach
Kräften Hindernisse in den Weg zu legen bemüht war. Von andern ländlichen
Gemeinden, die besondern Eifer zeigten, nenne ich nur Quarnstedt bei Kelling-
husen und Nordhastedt, wo die betreffende Adresse von dem gesammten Kirch-
spielscollegium und 160 Bauern unterschrieben wurde.

In den Städten war die Betheiligung an der vaterländischen Sache selbst¬
verständlich weit lebhafter, vorzüglich in Kiel und Rendsburg. Auch Altona
scheint den bequemen Schlafrock des passiven Widerstandes, in welchem man
vorigen Herbst beiläufig nicht blos hier, sondern so ziemlich im ganzen Lande
einzuschlafen im Begriff war. ausgezogen zu haben. Magistratscollegien und
Gymnasium haben sich ausnahmslos der Declaration der Stände angeschlossen.
Bon den Aemtern der Zünfte sind 27 der rendsburger Resolution vom 29. März,
die, wie früher bemerkt, im Wesentlichen dasselbe sagt, wie die Declaration
vom 5. April, beigetreten, und die 37 Sectionsführer des dortigen schleswig-
hvlsteimschen Vereins, die von Haus zu Haus Unterschriften für das rends¬
burger Programm sammelten, haben dem Vernehmen nach fast allgemein bereit¬
willige Hände gefunden, so daß ein glänzendes Ergebniß zu erwarten stand.

Ferner macht die freiwillige Anleihe wie in den Städten so auf dem Lande
noch immer gute Fortschritte, und man darf annehmen, daß Holstein allein
jetzt schon mehr als noch einmal so viel gezeichnet hat, als das ganze übrige
Deutschland.

Endlich ist auch die Versammlung „geschworner" Beamten, welche am
letzten Sonntage zu Neumünster stattfand, über Erwarten gut verlaufen. Mein
letzter Brief zeigt,, daß ich mir von den Herren nicht viel versprach, und Andern
wird es ebenso gegangen sein. Daß die Convocanten ihrer früheren Schwäche
die neue hinzufügten, ihre Namen zu verschweigen, ließ kaum hoffen, daß sich
viele der Eingeladenen einstellen würden. Gleichwohl erschienen am gedachten
Tage im Bahnhofshotel zu Neumünster über 60 der Herren, meist Post- und
Zollbeamte persönlich, und über 200 andere hatten Vollmachten eingeschickt, so
daß mit Ausnahme einiger Pastoren und der Mehrzahl der Oberbeamten alle
bei der Sache Betheiiigte vertreten waren. Die Debatte war ziemlich lebhaft.
Man war darüber einig , daß der geleistete Eid unschädlich zu machen sei, da¬
gegen spaltete sich die Versammlung in Betreff der Art und Weise, wie dies
zu bewirken, in zwei Parteien , und so kam ein einstimmiger Beschluß nicht zu
,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/202>, abgerufen am 25.08.2024.