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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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gefordert fügte Graf Platen hinzu, daß das Votum Hannovers
gegen die Anerkennung der Ansprüche des Prinzen von Augusten¬
burg abgegeben werden würde. Der König von Hannover habe
vom Prinzen die Anzeige seines Regierungsantritts in den
Herzogthümern, die er in Anspruch nehme, erhalten, aber es sei
keine Antwort darauf erfolgt.

Das war am 23. November, zwei Tage nach der ersten großen Volks¬
versammlung in Hannover zu Gunsten Schleswig-Holsteins, welche sich direct
an den König gewendet und sich am andern Tage durch eine gleichartige Pe¬
tition an die Regierung ergänzt hatte.

Howard hatte die Naivetät, in Rücksicht auf diese Kundgebungen dem
Grafen Platen vorzuschlagen, ,/er möge, da der Beitritt Hannovers zum lon¬
doner Tractat im Publicum gänzlich unbekannt zu sein scheine, die wohlmeinenden
Elemente durch diese Eröffnung von der Agitation abmahnen." Ein Rath, der,
wenn er nicht Ironie ist, einen rührenden Einblick in die unergründliche Tiefe
der Loyalität eines Engländers eröffnet. Graf Platen schien jedoch solchen
Glauben in Israel nicht gefunden zu haben. Er erwiderte, diese Mittheilung
werde die revolutionäre Ausartung der gegenwärtigen Agitation, die um jeden
Preis zu verhüten sei, nur beschleunigen. Er wisse allerdings nicht, welche
Antwort der König geben werde, wenn überhaupt eine erfolge, aber sie werde
sich sicherlich auf patriotische Gemeinplätze beschränken. Howard brachte darauf
seine englischen Anschauungen durch die Bemerkung wieder zu Ehren, daß er in
allen solchen Fällen die Vertuschung für gefährlicher halte als die Aufklärung.

Unterm 26. November berichtete dann Howard über die Antwort, welche
der König auf die bekannte Adresse in Herrenhausen ertheilt hatte. Sie war,
wie man sich erinnert, so nichtssagend und zugleich so vielseitig als sie nur
sein konnte, wenn es daraus ankam, eine Demonstration mit guten Worten ab¬
zuspeisen. Der König ließ es bei einer allgemeinen Versicherung seines Inter¬
esses für Schleswig-Holstein bewenden, nahm aber ausdrücklich und so, daß der¬
jenige Theil der Kundgebung, welcher die herkömmliche und stabile Floskel
bildete, zur Hauptsache wurde, von der emphatischen Loyalitätserklärung Act,
die in der Adresse gegeben war. Der auf diese Nebensache gelegte Ton half
die oberflächliche Berührung tragen, die der eigentlichen Frage und dem Gegen¬
stande der Petition zu Theil wurde. Howard merkt besonders an, daß der
König nur der Sucession in Holstein erwähnt, von seinem Verhältnisse zum lon¬
doner Tractat aber gänzlich geschwiegen habe.

Dabei erwähnt er, daß Graf Platen rücksichtlich der Aufforderungen zur
Geldsammlung und zu Rüstungen für Schleswig-Holstein, wie sie damals der
Nationalverein ins Leben rief, ihm die Versicherung gegeben habe, die hannö-
versche Regierung werde allen Werbungen und Waffensammlungen zu diesem


gefordert fügte Graf Platen hinzu, daß das Votum Hannovers
gegen die Anerkennung der Ansprüche des Prinzen von Augusten¬
burg abgegeben werden würde. Der König von Hannover habe
vom Prinzen die Anzeige seines Regierungsantritts in den
Herzogthümern, die er in Anspruch nehme, erhalten, aber es sei
keine Antwort darauf erfolgt.

Das war am 23. November, zwei Tage nach der ersten großen Volks¬
versammlung in Hannover zu Gunsten Schleswig-Holsteins, welche sich direct
an den König gewendet und sich am andern Tage durch eine gleichartige Pe¬
tition an die Regierung ergänzt hatte.

Howard hatte die Naivetät, in Rücksicht auf diese Kundgebungen dem
Grafen Platen vorzuschlagen, ,/er möge, da der Beitritt Hannovers zum lon¬
doner Tractat im Publicum gänzlich unbekannt zu sein scheine, die wohlmeinenden
Elemente durch diese Eröffnung von der Agitation abmahnen." Ein Rath, der,
wenn er nicht Ironie ist, einen rührenden Einblick in die unergründliche Tiefe
der Loyalität eines Engländers eröffnet. Graf Platen schien jedoch solchen
Glauben in Israel nicht gefunden zu haben. Er erwiderte, diese Mittheilung
werde die revolutionäre Ausartung der gegenwärtigen Agitation, die um jeden
Preis zu verhüten sei, nur beschleunigen. Er wisse allerdings nicht, welche
Antwort der König geben werde, wenn überhaupt eine erfolge, aber sie werde
sich sicherlich auf patriotische Gemeinplätze beschränken. Howard brachte darauf
seine englischen Anschauungen durch die Bemerkung wieder zu Ehren, daß er in
allen solchen Fällen die Vertuschung für gefährlicher halte als die Aufklärung.

Unterm 26. November berichtete dann Howard über die Antwort, welche
der König auf die bekannte Adresse in Herrenhausen ertheilt hatte. Sie war,
wie man sich erinnert, so nichtssagend und zugleich so vielseitig als sie nur
sein konnte, wenn es daraus ankam, eine Demonstration mit guten Worten ab¬
zuspeisen. Der König ließ es bei einer allgemeinen Versicherung seines Inter¬
esses für Schleswig-Holstein bewenden, nahm aber ausdrücklich und so, daß der¬
jenige Theil der Kundgebung, welcher die herkömmliche und stabile Floskel
bildete, zur Hauptsache wurde, von der emphatischen Loyalitätserklärung Act,
die in der Adresse gegeben war. Der auf diese Nebensache gelegte Ton half
die oberflächliche Berührung tragen, die der eigentlichen Frage und dem Gegen¬
stande der Petition zu Theil wurde. Howard merkt besonders an, daß der
König nur der Sucession in Holstein erwähnt, von seinem Verhältnisse zum lon¬
doner Tractat aber gänzlich geschwiegen habe.

Dabei erwähnt er, daß Graf Platen rücksichtlich der Aufforderungen zur
Geldsammlung und zu Rüstungen für Schleswig-Holstein, wie sie damals der
Nationalverein ins Leben rief, ihm die Versicherung gegeben habe, die hannö-
versche Regierung werde allen Werbungen und Waffensammlungen zu diesem


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[0133] gefordert fügte Graf Platen hinzu, daß das Votum Hannovers gegen die Anerkennung der Ansprüche des Prinzen von Augusten¬ burg abgegeben werden würde. Der König von Hannover habe vom Prinzen die Anzeige seines Regierungsantritts in den Herzogthümern, die er in Anspruch nehme, erhalten, aber es sei keine Antwort darauf erfolgt. Das war am 23. November, zwei Tage nach der ersten großen Volks¬ versammlung in Hannover zu Gunsten Schleswig-Holsteins, welche sich direct an den König gewendet und sich am andern Tage durch eine gleichartige Pe¬ tition an die Regierung ergänzt hatte. Howard hatte die Naivetät, in Rücksicht auf diese Kundgebungen dem Grafen Platen vorzuschlagen, ,/er möge, da der Beitritt Hannovers zum lon¬ doner Tractat im Publicum gänzlich unbekannt zu sein scheine, die wohlmeinenden Elemente durch diese Eröffnung von der Agitation abmahnen." Ein Rath, der, wenn er nicht Ironie ist, einen rührenden Einblick in die unergründliche Tiefe der Loyalität eines Engländers eröffnet. Graf Platen schien jedoch solchen Glauben in Israel nicht gefunden zu haben. Er erwiderte, diese Mittheilung werde die revolutionäre Ausartung der gegenwärtigen Agitation, die um jeden Preis zu verhüten sei, nur beschleunigen. Er wisse allerdings nicht, welche Antwort der König geben werde, wenn überhaupt eine erfolge, aber sie werde sich sicherlich auf patriotische Gemeinplätze beschränken. Howard brachte darauf seine englischen Anschauungen durch die Bemerkung wieder zu Ehren, daß er in allen solchen Fällen die Vertuschung für gefährlicher halte als die Aufklärung. Unterm 26. November berichtete dann Howard über die Antwort, welche der König auf die bekannte Adresse in Herrenhausen ertheilt hatte. Sie war, wie man sich erinnert, so nichtssagend und zugleich so vielseitig als sie nur sein konnte, wenn es daraus ankam, eine Demonstration mit guten Worten ab¬ zuspeisen. Der König ließ es bei einer allgemeinen Versicherung seines Inter¬ esses für Schleswig-Holstein bewenden, nahm aber ausdrücklich und so, daß der¬ jenige Theil der Kundgebung, welcher die herkömmliche und stabile Floskel bildete, zur Hauptsache wurde, von der emphatischen Loyalitätserklärung Act, die in der Adresse gegeben war. Der auf diese Nebensache gelegte Ton half die oberflächliche Berührung tragen, die der eigentlichen Frage und dem Gegen¬ stande der Petition zu Theil wurde. Howard merkt besonders an, daß der König nur der Sucession in Holstein erwähnt, von seinem Verhältnisse zum lon¬ doner Tractat aber gänzlich geschwiegen habe. Dabei erwähnt er, daß Graf Platen rücksichtlich der Aufforderungen zur Geldsammlung und zu Rüstungen für Schleswig-Holstein, wie sie damals der Nationalverein ins Leben rief, ihm die Versicherung gegeben habe, die hannö- versche Regierung werde allen Werbungen und Waffensammlungen zu diesem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/133>, abgerufen am 23.07.2024.