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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Gunsten einer Hinausschiebung der Execution zur Sprache. Dies hatte wenigstens
den Erfolg, daß Zimmermann erklärte, er sei keineswegs blind gegen die Ge¬
fahren, welche die Execution möglicherweise auf sich habe, und er würde froh
sein, wenn man aus diese Art darum herum käme; aber das, wozu Dänemark
sich erboten habe, sei nur ein Zehntel von dem, was der Bund verlange.
Deshalb könne die hannöversche Regierung keine Suspension der Vollstreckung
anrathen, ohne sich selbst zu discreditiren. Das Misfallen, welches Zimmer¬
mann hinsichtlich der Anregung der schleswigschen Frage am Bunde aussprach,
entschädigte den englischen Gesandten einigermaßen.

Bei Herrn v. Campe, den er dann in Braunschweig heimsuchte, fand er
friedfertigere Ansichten und das artige Geständniß, daß in Fragen, wo die
deutschen Großmächte engagirt seien, die kleinen Mächte nichts weiter könnten
als ihnen Nachtreter.

Nun erfolgte der Tod Friedrichs des Siebenten. Howard machte daraus die
Nutzanwendung, daß in Rücksicht auf den Thronwechsel und die unzweifelhafte
friedfertige Gesinnung Christians des Neunten die Execution suspendirt werden
müsse. Graf Platen zeigte sich sehr empfänglich gegen diese Anschauungsweise,
welche die hannöversche Regierung dem Bunde empfehlen werde, unter der Be¬
dingung jedoch, daß König Christian die Sanction der Verfassung für Dänemark-
Schleswig nicht vollzöge. An der durch Anerkennung des londoner Trcictates
betreffs der Thronbesteigung des dänischen Königs eingegangenen Verpflichtung
werde Hannover festhalten.

Als einige Tage später Graf Platen sein Bedauern darüber aussprach,
daß König Christian die Verfassung doch vollzogen habe, bemühte sich Howard
ihm klar zu machen, daß die Drohung mit der Bundesexecution die Schuld
davon trüge. Diese habe das dänische Nationalgefühl beleidigt, dem sich der
König nicht habe widersetzen können. Da übrigens der Bund die Thronfolge
Christians voraussichtlich anerkennen werde, so bekäme eine Execution jetzt den
Charakter eines Angriffs auf die Integrität der Monarchie. Hinsichtlich der
"Prätensionen" des Erbprinzen von Augustenburg und der Zulassung des Ver¬
treters Christian des Neunten am Bunde gab Platen die beruhigende Versiche¬
rung, Hannover werde sich den Entschließungen Oestreichs und Preußens con-
form halten.

Noch entschiedener in diesem Sinne äußerte sich Platen kurz nachher: die
Execution müsse statthaben, aber aus dem Grunde, weil der Bund nur
dadurch, daß er die Sache energisch in seine Hand nehme, sie in
das richtige Geleis bringen und die populäre Bewegung in Deutsch¬
land abhalten könne, sich auf diesen Punkt zu richten. Die Bun¬
desexecution schlösse von selbst die Anerkennung der Rechte
Christian des Neunten auf die Herzogthümer in sich. -- Uräus-


Gunsten einer Hinausschiebung der Execution zur Sprache. Dies hatte wenigstens
den Erfolg, daß Zimmermann erklärte, er sei keineswegs blind gegen die Ge¬
fahren, welche die Execution möglicherweise auf sich habe, und er würde froh
sein, wenn man aus diese Art darum herum käme; aber das, wozu Dänemark
sich erboten habe, sei nur ein Zehntel von dem, was der Bund verlange.
Deshalb könne die hannöversche Regierung keine Suspension der Vollstreckung
anrathen, ohne sich selbst zu discreditiren. Das Misfallen, welches Zimmer¬
mann hinsichtlich der Anregung der schleswigschen Frage am Bunde aussprach,
entschädigte den englischen Gesandten einigermaßen.

Bei Herrn v. Campe, den er dann in Braunschweig heimsuchte, fand er
friedfertigere Ansichten und das artige Geständniß, daß in Fragen, wo die
deutschen Großmächte engagirt seien, die kleinen Mächte nichts weiter könnten
als ihnen Nachtreter.

Nun erfolgte der Tod Friedrichs des Siebenten. Howard machte daraus die
Nutzanwendung, daß in Rücksicht auf den Thronwechsel und die unzweifelhafte
friedfertige Gesinnung Christians des Neunten die Execution suspendirt werden
müsse. Graf Platen zeigte sich sehr empfänglich gegen diese Anschauungsweise,
welche die hannöversche Regierung dem Bunde empfehlen werde, unter der Be¬
dingung jedoch, daß König Christian die Sanction der Verfassung für Dänemark-
Schleswig nicht vollzöge. An der durch Anerkennung des londoner Trcictates
betreffs der Thronbesteigung des dänischen Königs eingegangenen Verpflichtung
werde Hannover festhalten.

Als einige Tage später Graf Platen sein Bedauern darüber aussprach,
daß König Christian die Verfassung doch vollzogen habe, bemühte sich Howard
ihm klar zu machen, daß die Drohung mit der Bundesexecution die Schuld
davon trüge. Diese habe das dänische Nationalgefühl beleidigt, dem sich der
König nicht habe widersetzen können. Da übrigens der Bund die Thronfolge
Christians voraussichtlich anerkennen werde, so bekäme eine Execution jetzt den
Charakter eines Angriffs auf die Integrität der Monarchie. Hinsichtlich der
„Prätensionen" des Erbprinzen von Augustenburg und der Zulassung des Ver¬
treters Christian des Neunten am Bunde gab Platen die beruhigende Versiche¬
rung, Hannover werde sich den Entschließungen Oestreichs und Preußens con-
form halten.

Noch entschiedener in diesem Sinne äußerte sich Platen kurz nachher: die
Execution müsse statthaben, aber aus dem Grunde, weil der Bund nur
dadurch, daß er die Sache energisch in seine Hand nehme, sie in
das richtige Geleis bringen und die populäre Bewegung in Deutsch¬
land abhalten könne, sich auf diesen Punkt zu richten. Die Bun¬
desexecution schlösse von selbst die Anerkennung der Rechte
Christian des Neunten auf die Herzogthümer in sich. — Uräus-


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[0132] Gunsten einer Hinausschiebung der Execution zur Sprache. Dies hatte wenigstens den Erfolg, daß Zimmermann erklärte, er sei keineswegs blind gegen die Ge¬ fahren, welche die Execution möglicherweise auf sich habe, und er würde froh sein, wenn man aus diese Art darum herum käme; aber das, wozu Dänemark sich erboten habe, sei nur ein Zehntel von dem, was der Bund verlange. Deshalb könne die hannöversche Regierung keine Suspension der Vollstreckung anrathen, ohne sich selbst zu discreditiren. Das Misfallen, welches Zimmer¬ mann hinsichtlich der Anregung der schleswigschen Frage am Bunde aussprach, entschädigte den englischen Gesandten einigermaßen. Bei Herrn v. Campe, den er dann in Braunschweig heimsuchte, fand er friedfertigere Ansichten und das artige Geständniß, daß in Fragen, wo die deutschen Großmächte engagirt seien, die kleinen Mächte nichts weiter könnten als ihnen Nachtreter. Nun erfolgte der Tod Friedrichs des Siebenten. Howard machte daraus die Nutzanwendung, daß in Rücksicht auf den Thronwechsel und die unzweifelhafte friedfertige Gesinnung Christians des Neunten die Execution suspendirt werden müsse. Graf Platen zeigte sich sehr empfänglich gegen diese Anschauungsweise, welche die hannöversche Regierung dem Bunde empfehlen werde, unter der Be¬ dingung jedoch, daß König Christian die Sanction der Verfassung für Dänemark- Schleswig nicht vollzöge. An der durch Anerkennung des londoner Trcictates betreffs der Thronbesteigung des dänischen Königs eingegangenen Verpflichtung werde Hannover festhalten. Als einige Tage später Graf Platen sein Bedauern darüber aussprach, daß König Christian die Verfassung doch vollzogen habe, bemühte sich Howard ihm klar zu machen, daß die Drohung mit der Bundesexecution die Schuld davon trüge. Diese habe das dänische Nationalgefühl beleidigt, dem sich der König nicht habe widersetzen können. Da übrigens der Bund die Thronfolge Christians voraussichtlich anerkennen werde, so bekäme eine Execution jetzt den Charakter eines Angriffs auf die Integrität der Monarchie. Hinsichtlich der „Prätensionen" des Erbprinzen von Augustenburg und der Zulassung des Ver¬ treters Christian des Neunten am Bunde gab Platen die beruhigende Versiche¬ rung, Hannover werde sich den Entschließungen Oestreichs und Preußens con- form halten. Noch entschiedener in diesem Sinne äußerte sich Platen kurz nachher: die Execution müsse statthaben, aber aus dem Grunde, weil der Bund nur dadurch, daß er die Sache energisch in seine Hand nehme, sie in das richtige Geleis bringen und die populäre Bewegung in Deutsch¬ land abhalten könne, sich auf diesen Punkt zu richten. Die Bun¬ desexecution schlösse von selbst die Anerkennung der Rechte Christian des Neunten auf die Herzogthümer in sich. — Uräus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/132>, abgerufen am 23.07.2024.