Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

andern Mitteln. Deshalb haben aber auch die Politiker Unrecht, welche, wie wir
mehrfach in den Zeitungen gelesen haln'n. behaupten, daß aus den Kriegen des
letzten Jahrzehnts hervorgehe, wie die Festungen durch die neue Bewaffnung ze.
ein Bedeutung gewonnen hätten. Richtig ist. daß die Festungen in der Neuzeit
mehr hervorgetreten sind als früher. Aber nur weil die Politik dieser Kriege
schwach war. Je entschiedener und größer die politischen Ziele sind, desto leichter
'se eine energische Kriegführung möglich. Je entschiedener aber der Krieg, desto
mehr Schlacht und desto weniger Belagerungen.




Preußen, die Conferenz und der Bund.

Ein unbekannter Gönner d. Bl. schreibt uns (das Postzeichcn scheint Frank¬
furt zu sein) Folgendes über den Hauptinhalt der Depesche, durch welche die
Preußischen Gesandten bei den Bundesregierungen angewiesen werden, letzteren
die Beschickung der Conferenz zu empfehlen, und welche beiläufig ihren Zweck
erreicht zu haben scheint, indem jetzt nur Bayern noch gegen die Beschickung
sein soll.

Die Depesche ist vom 29. März datirt und sagt nach einem Ueberblick
über den Gang des Conferenzprojects, England habe, indem es die von Däne¬
mark vorgeschlagene Basis der Abmachungen von 1851 und 1852 fallen gelassen,
in richtiger Würdigung der Verhältnisse gehandelt; denn Preußen und Oestreich
hätten diese Abmachungen weder als Basis noch als Ausgangspunkt einer
Conferenz annehmen können, indem sie sofort nach Eintreten der kriegerischen
Maßnahmen und später wiederholt erklärt halten, daß diese Verabredungen
nunmehr hinfällig seien. Dänemark habe auf das Unzweideutigste gezeigt, daß
es auch ferner nur durch Zwang und Gewalt zur Erfüllung jener Uebereinkünfte
angehalten werden könnte" und weder die Pflichten gegen das eigne Land noch
die gegen Deutschland erlaubten, einen Zustand herzustellen, der sich als un¬
haltbar erwiesen habe und dessen Aufrechthaltung stets von Neuem nöthigen
würde, Opfer zu bringen, "ohne für dieselben irgendeine Kompen¬
sation zu erhalten/' Es liege im Interesse des allgemeinen Friedens selbst,
an die Stelle dieses unhaltbaren Zustandes, an welchen man sich früher habe
gebunden halten müssen, von welchem Preußen aber durch Dänemark entbunden
worden sei. einen naturgemäßen zu setze", welcher die Bürgschaften seines Be¬
stehens in sich selber trage. Aufgabe der von England angeregten Conferenz
sei. die Mittel hierzu zu finden und so einen dauernden Frieden zu begründen,
und zwar sei dies die alleinige Aufgabe derselben. Nur zu diesem Zweck könne
Preußen sie annehmen.

Dann sagt H^r. v. Bismarck weiter- der deutsche Bund befinde sich in
gleicher Lage wie Preußen. Hoar habe derselbe an den auf internationalem
Rechte basirten Maßregeln der beiden Großmächte bezüglich Schleswigs sich
noch nicht betheiligt, aber er könne jeden Augenblick in den Fall kommen. wie
in Holstein seine l'undesrechtlichc Competenz.'so auch seine internationalen An¬
sprüche zwangsweise geltend zu machen. Auch in seinem Interesse liege es
daher, die Gefahren zu entfernen, welche aus einer Fortdauer der bisherigen
Zustände immer von neuem entspringen müßten, und nicht minder entspreche


andern Mitteln. Deshalb haben aber auch die Politiker Unrecht, welche, wie wir
mehrfach in den Zeitungen gelesen haln'n. behaupten, daß aus den Kriegen des
letzten Jahrzehnts hervorgehe, wie die Festungen durch die neue Bewaffnung ze.
ein Bedeutung gewonnen hätten. Richtig ist. daß die Festungen in der Neuzeit
mehr hervorgetreten sind als früher. Aber nur weil die Politik dieser Kriege
schwach war. Je entschiedener und größer die politischen Ziele sind, desto leichter
'se eine energische Kriegführung möglich. Je entschiedener aber der Krieg, desto
mehr Schlacht und desto weniger Belagerungen.




Preußen, die Conferenz und der Bund.

Ein unbekannter Gönner d. Bl. schreibt uns (das Postzeichcn scheint Frank¬
furt zu sein) Folgendes über den Hauptinhalt der Depesche, durch welche die
Preußischen Gesandten bei den Bundesregierungen angewiesen werden, letzteren
die Beschickung der Conferenz zu empfehlen, und welche beiläufig ihren Zweck
erreicht zu haben scheint, indem jetzt nur Bayern noch gegen die Beschickung
sein soll.

Die Depesche ist vom 29. März datirt und sagt nach einem Ueberblick
über den Gang des Conferenzprojects, England habe, indem es die von Däne¬
mark vorgeschlagene Basis der Abmachungen von 1851 und 1852 fallen gelassen,
in richtiger Würdigung der Verhältnisse gehandelt; denn Preußen und Oestreich
hätten diese Abmachungen weder als Basis noch als Ausgangspunkt einer
Conferenz annehmen können, indem sie sofort nach Eintreten der kriegerischen
Maßnahmen und später wiederholt erklärt halten, daß diese Verabredungen
nunmehr hinfällig seien. Dänemark habe auf das Unzweideutigste gezeigt, daß
es auch ferner nur durch Zwang und Gewalt zur Erfüllung jener Uebereinkünfte
angehalten werden könnte" und weder die Pflichten gegen das eigne Land noch
die gegen Deutschland erlaubten, einen Zustand herzustellen, der sich als un¬
haltbar erwiesen habe und dessen Aufrechthaltung stets von Neuem nöthigen
würde, Opfer zu bringen, „ohne für dieselben irgendeine Kompen¬
sation zu erhalten/' Es liege im Interesse des allgemeinen Friedens selbst,
an die Stelle dieses unhaltbaren Zustandes, an welchen man sich früher habe
gebunden halten müssen, von welchem Preußen aber durch Dänemark entbunden
worden sei. einen naturgemäßen zu setze», welcher die Bürgschaften seines Be¬
stehens in sich selber trage. Aufgabe der von England angeregten Conferenz
sei. die Mittel hierzu zu finden und so einen dauernden Frieden zu begründen,
und zwar sei dies die alleinige Aufgabe derselben. Nur zu diesem Zweck könne
Preußen sie annehmen.

Dann sagt H^r. v. Bismarck weiter- der deutsche Bund befinde sich in
gleicher Lage wie Preußen. Hoar habe derselbe an den auf internationalem
Rechte basirten Maßregeln der beiden Großmächte bezüglich Schleswigs sich
noch nicht betheiligt, aber er könne jeden Augenblick in den Fall kommen. wie
in Holstein seine l'undesrechtlichc Competenz.'so auch seine internationalen An¬
sprüche zwangsweise geltend zu machen. Auch in seinem Interesse liege es
daher, die Gefahren zu entfernen, welche aus einer Fortdauer der bisherigen
Zustände immer von neuem entspringen müßten, und nicht minder entspreche


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0127" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188688"/>
          <p xml:id="ID_410" prev="#ID_409"> andern Mitteln. Deshalb haben aber auch die Politiker Unrecht, welche, wie wir<lb/>
mehrfach in den Zeitungen gelesen haln'n. behaupten, daß aus den Kriegen des<lb/>
letzten Jahrzehnts hervorgehe, wie die Festungen durch die neue Bewaffnung ze.<lb/>
ein Bedeutung gewonnen hätten. Richtig ist. daß die Festungen in der Neuzeit<lb/>
mehr hervorgetreten sind als früher. Aber nur weil die Politik dieser Kriege<lb/>
schwach war. Je entschiedener und größer die politischen Ziele sind, desto leichter<lb/>
'se eine energische Kriegführung möglich. Je entschiedener aber der Krieg, desto<lb/>
mehr Schlacht und desto weniger Belagerungen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Preußen, die Conferenz und der Bund.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_411"> Ein unbekannter Gönner d. Bl. schreibt uns (das Postzeichcn scheint Frank¬<lb/>
furt zu sein) Folgendes über den Hauptinhalt der Depesche, durch welche die<lb/>
Preußischen Gesandten bei den Bundesregierungen angewiesen werden, letzteren<lb/>
die Beschickung der Conferenz zu empfehlen, und welche beiläufig ihren Zweck<lb/>
erreicht zu haben scheint, indem jetzt nur Bayern noch gegen die Beschickung<lb/>
sein soll.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_412"> Die Depesche ist vom 29. März datirt und sagt nach einem Ueberblick<lb/>
über den Gang des Conferenzprojects, England habe, indem es die von Däne¬<lb/>
mark vorgeschlagene Basis der Abmachungen von 1851 und 1852 fallen gelassen,<lb/>
in richtiger Würdigung der Verhältnisse gehandelt; denn Preußen und Oestreich<lb/>
hätten diese Abmachungen weder als Basis noch als Ausgangspunkt einer<lb/>
Conferenz annehmen können, indem sie sofort nach Eintreten der kriegerischen<lb/>
Maßnahmen und später wiederholt erklärt halten, daß diese Verabredungen<lb/>
nunmehr hinfällig seien. Dänemark habe auf das Unzweideutigste gezeigt, daß<lb/>
es auch ferner nur durch Zwang und Gewalt zur Erfüllung jener Uebereinkünfte<lb/>
angehalten werden könnte" und weder die Pflichten gegen das eigne Land noch<lb/>
die gegen Deutschland erlaubten, einen Zustand herzustellen, der sich als un¬<lb/>
haltbar erwiesen habe und dessen Aufrechthaltung stets von Neuem nöthigen<lb/>
würde, Opfer zu bringen, &#x201E;ohne für dieselben irgendeine Kompen¬<lb/>
sation zu erhalten/' Es liege im Interesse des allgemeinen Friedens selbst,<lb/>
an die Stelle dieses unhaltbaren Zustandes, an welchen man sich früher habe<lb/>
gebunden halten müssen, von welchem Preußen aber durch Dänemark entbunden<lb/>
worden sei. einen naturgemäßen zu setze», welcher die Bürgschaften seines Be¬<lb/>
stehens in sich selber trage. Aufgabe der von England angeregten Conferenz<lb/>
sei. die Mittel hierzu zu finden und so einen dauernden Frieden zu begründen,<lb/>
und zwar sei dies die alleinige Aufgabe derselben. Nur zu diesem Zweck könne<lb/>
Preußen sie annehmen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_413" next="#ID_414"> Dann sagt H^r. v. Bismarck weiter- der deutsche Bund befinde sich in<lb/>
gleicher Lage wie Preußen. Hoar habe derselbe an den auf internationalem<lb/>
Rechte basirten Maßregeln der beiden Großmächte bezüglich Schleswigs sich<lb/>
noch nicht betheiligt, aber er könne jeden Augenblick in den Fall kommen. wie<lb/>
in Holstein seine l'undesrechtlichc Competenz.'so auch seine internationalen An¬<lb/>
sprüche zwangsweise geltend zu machen. Auch in seinem Interesse liege es<lb/>
daher, die Gefahren zu entfernen, welche aus einer Fortdauer der bisherigen<lb/>
Zustände immer von neuem entspringen müßten, und nicht minder entspreche</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0127] andern Mitteln. Deshalb haben aber auch die Politiker Unrecht, welche, wie wir mehrfach in den Zeitungen gelesen haln'n. behaupten, daß aus den Kriegen des letzten Jahrzehnts hervorgehe, wie die Festungen durch die neue Bewaffnung ze. ein Bedeutung gewonnen hätten. Richtig ist. daß die Festungen in der Neuzeit mehr hervorgetreten sind als früher. Aber nur weil die Politik dieser Kriege schwach war. Je entschiedener und größer die politischen Ziele sind, desto leichter 'se eine energische Kriegführung möglich. Je entschiedener aber der Krieg, desto mehr Schlacht und desto weniger Belagerungen. Preußen, die Conferenz und der Bund. Ein unbekannter Gönner d. Bl. schreibt uns (das Postzeichcn scheint Frank¬ furt zu sein) Folgendes über den Hauptinhalt der Depesche, durch welche die Preußischen Gesandten bei den Bundesregierungen angewiesen werden, letzteren die Beschickung der Conferenz zu empfehlen, und welche beiläufig ihren Zweck erreicht zu haben scheint, indem jetzt nur Bayern noch gegen die Beschickung sein soll. Die Depesche ist vom 29. März datirt und sagt nach einem Ueberblick über den Gang des Conferenzprojects, England habe, indem es die von Däne¬ mark vorgeschlagene Basis der Abmachungen von 1851 und 1852 fallen gelassen, in richtiger Würdigung der Verhältnisse gehandelt; denn Preußen und Oestreich hätten diese Abmachungen weder als Basis noch als Ausgangspunkt einer Conferenz annehmen können, indem sie sofort nach Eintreten der kriegerischen Maßnahmen und später wiederholt erklärt halten, daß diese Verabredungen nunmehr hinfällig seien. Dänemark habe auf das Unzweideutigste gezeigt, daß es auch ferner nur durch Zwang und Gewalt zur Erfüllung jener Uebereinkünfte angehalten werden könnte" und weder die Pflichten gegen das eigne Land noch die gegen Deutschland erlaubten, einen Zustand herzustellen, der sich als un¬ haltbar erwiesen habe und dessen Aufrechthaltung stets von Neuem nöthigen würde, Opfer zu bringen, „ohne für dieselben irgendeine Kompen¬ sation zu erhalten/' Es liege im Interesse des allgemeinen Friedens selbst, an die Stelle dieses unhaltbaren Zustandes, an welchen man sich früher habe gebunden halten müssen, von welchem Preußen aber durch Dänemark entbunden worden sei. einen naturgemäßen zu setze», welcher die Bürgschaften seines Be¬ stehens in sich selber trage. Aufgabe der von England angeregten Conferenz sei. die Mittel hierzu zu finden und so einen dauernden Frieden zu begründen, und zwar sei dies die alleinige Aufgabe derselben. Nur zu diesem Zweck könne Preußen sie annehmen. Dann sagt H^r. v. Bismarck weiter- der deutsche Bund befinde sich in gleicher Lage wie Preußen. Hoar habe derselbe an den auf internationalem Rechte basirten Maßregeln der beiden Großmächte bezüglich Schleswigs sich noch nicht betheiligt, aber er könne jeden Augenblick in den Fall kommen. wie in Holstein seine l'undesrechtlichc Competenz.'so auch seine internationalen An¬ sprüche zwangsweise geltend zu machen. Auch in seinem Interesse liege es daher, die Gefahren zu entfernen, welche aus einer Fortdauer der bisherigen Zustände immer von neuem entspringen müßten, und nicht minder entspreche

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/127
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/127>, abgerufen am 23.07.2024.