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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Daß der Norden Schleswigs nicht vom Süden getrennt werden will, ist
ebenso gewiß, als daß sein materielles Wohlbefinden seine Hauptwurzeln in der
Verbindung mit Südschleswig, Holstein und Hamburg hat. Stellt man ihm
bei einer etwaigen Abstimmung die Frage etwa so: Wollt ihr mit Südschleswig
und Holstein zusammenbleiben, auch wenn diese sich für Trennung von Däne¬
mark entscheiden? so kann man eines fast einstimmigen Ja ziemlich sicher sein.
Mit viel weniger Zuversicht wäre ein uns günstiges Votum zu erwarten, wenn
man den Leuten die Frage vorlegte: Wollt ihr den Augustenburger oder den
Glücksbnrger. Friedrich oder Christian? Ein ganz bestimmtes Nein aber würde
man von der Majorität der Nordschleswiger zur Antwort bekommen, wenn
Voreiligkeit und Unkenntniß eine Abstimmung für Anschluß an Deutschland
veranlassen wollte. Der Südjüte ist kein Liebhaber von Krieg und Soldaten.
Er glaubt zu wissen, daß wenn er zu Deutschland kommen sollte, seine Söhne
nach Ungarn und Polen und wo sonst noch alles hin in deu Krieg ziehen
müssen, wie jetzt aus Ungarn und Polen und wo sonst noch her Soldaten nach
Nordschleswig geschickt worden sind. Die guten Leute wollen daher mit Vor¬
sicht und Geduld behandelt sein. Doch ist an ihnen nicht zu verzweifeln, und
mit der Zeit brechen wir auch hier Rosen.




Militärische Briefe über den Krieg in Schleswig.
3. ' -
Schlachten und Belagerungen.

Unter dem 4. d. M. sagten wir, daß die Arbeiten vor Düppel den Ein¬
druck machten, als wenn man immer noch nicht an die schließliche Erstürmung
der dortigen Schanzen dächte. Diese Ansicht hat ihre Bestätigung gesunden in
der Mittheilung der Köln. Zeit, über den Versuch bei Ballegaard mit 3 Bri¬
gaden, also mit 18 Bataillonen nach der Insel Alsen überzugehen. Das
Unternehmen ist im ersten Beginnen gescheitert'; zum Glück für die betheiligten
Truppen, denn ein Gelingen konnte zu den Unmöglichkeiten gerechnet werden;
jedes spätere Scheitern aber führte große Verluste herbei. Unmöglich erachten
wir das Unternehmen: 1) weil es davon abhing, daß es nicht verrathen
wurde und dies konnte bei der Größe der Vorbereitungen im feindlichen Lande
und bei der guten dänischen Spionage nicht erwartet werden; 2) weit man
Flußboote (die Pontons) zur Fahrt auf dem Meere bestimmt hatte; 3) weil
die Dänen noch das Meer beherrschen und die Panzerschiffe trotz der SO am


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Daß der Norden Schleswigs nicht vom Süden getrennt werden will, ist
ebenso gewiß, als daß sein materielles Wohlbefinden seine Hauptwurzeln in der
Verbindung mit Südschleswig, Holstein und Hamburg hat. Stellt man ihm
bei einer etwaigen Abstimmung die Frage etwa so: Wollt ihr mit Südschleswig
und Holstein zusammenbleiben, auch wenn diese sich für Trennung von Däne¬
mark entscheiden? so kann man eines fast einstimmigen Ja ziemlich sicher sein.
Mit viel weniger Zuversicht wäre ein uns günstiges Votum zu erwarten, wenn
man den Leuten die Frage vorlegte: Wollt ihr den Augustenburger oder den
Glücksbnrger. Friedrich oder Christian? Ein ganz bestimmtes Nein aber würde
man von der Majorität der Nordschleswiger zur Antwort bekommen, wenn
Voreiligkeit und Unkenntniß eine Abstimmung für Anschluß an Deutschland
veranlassen wollte. Der Südjüte ist kein Liebhaber von Krieg und Soldaten.
Er glaubt zu wissen, daß wenn er zu Deutschland kommen sollte, seine Söhne
nach Ungarn und Polen und wo sonst noch alles hin in deu Krieg ziehen
müssen, wie jetzt aus Ungarn und Polen und wo sonst noch her Soldaten nach
Nordschleswig geschickt worden sind. Die guten Leute wollen daher mit Vor¬
sicht und Geduld behandelt sein. Doch ist an ihnen nicht zu verzweifeln, und
mit der Zeit brechen wir auch hier Rosen.




Militärische Briefe über den Krieg in Schleswig.
3. ' -
Schlachten und Belagerungen.

Unter dem 4. d. M. sagten wir, daß die Arbeiten vor Düppel den Ein¬
druck machten, als wenn man immer noch nicht an die schließliche Erstürmung
der dortigen Schanzen dächte. Diese Ansicht hat ihre Bestätigung gesunden in
der Mittheilung der Köln. Zeit, über den Versuch bei Ballegaard mit 3 Bri¬
gaden, also mit 18 Bataillonen nach der Insel Alsen überzugehen. Das
Unternehmen ist im ersten Beginnen gescheitert'; zum Glück für die betheiligten
Truppen, denn ein Gelingen konnte zu den Unmöglichkeiten gerechnet werden;
jedes spätere Scheitern aber führte große Verluste herbei. Unmöglich erachten
wir das Unternehmen: 1) weil es davon abhing, daß es nicht verrathen
wurde und dies konnte bei der Größe der Vorbereitungen im feindlichen Lande
und bei der guten dänischen Spionage nicht erwartet werden; 2) weit man
Flußboote (die Pontons) zur Fahrt auf dem Meere bestimmt hatte; 3) weil
die Dänen noch das Meer beherrschen und die Panzerschiffe trotz der SO am


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/123>, abgerufen am 03.07.2024.