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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band.

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Landes erschienen. Inzwischen aber hatten die Civilcommissäre den dortigen
Behörden die sehr energisch abgefaßte Weisung zugehen lassen, die Zusammen¬
kunft zu verhindern, weil sie als Stimme des ganzen Herzogthums auftrete
und so der definitiven Entscheidung vorzugreifen Miene mache. Sollte sie
dennoch stattfinden, so würden Mittel ergriffen werden, welche dem gegen¬
wärtigen Kriegszustande entsprächen. Schriftliche Kundgebungen dessen, was
man wünsche, zur Einrcichung an die competenten Stellen seien unverwehrt.
Privatim wurde noch mitgetheilt, Berathungen mit einer kleineren Zahl von
Theilnehmern stände nichts im Wege. Man wird nicht irren, wenn man hinter
dem Verbot den östreichischen, hinter der Milderung den preußischen Civil-
commissär stehen zu sehen meint, und dieselbe Vermuthung wird in Betreff der
hier soeben bekannt werdenden zweiten Weisung an die Beamten Schleswigs
gestattet sein, durch welche denselben unter Androhung sofortiger Entlassung unter¬
sagt wurde, sich am Ständctage in Neumünster zu betheiligen, und der wieder der
Wink folgte, es sei ihnen unbenommen, sich gegenüber den Cvmmissävcn zu äußern,

Solche Berathungen fanden dann statt, und man einigte sich, in denselben
dahin, es sollte ein Ausschuß von 40--SO Personen aus der Mitte der Er¬
schienenen gebildet und bevollmächtigt werden, aus dem ganzen Herzogthum
eine Anzahl angesehner Personen zu bestimmen, welche als Notabeln betrachtet
werden sollen, und unter die auch solche zu nehmen sein würden, welche in
Schleswig nicht erschienen. Diesen solle dann eine Erklärung zur Zustimmung
und Unterschrift vorgelegt werden, die fast wörtlich mit der zusammentrifft,
welche die Stände Holsteins am 5. April beschlossen haben. Näheres vermochte
ich bis jetzt mit Bestimmtheit nicht zu erfahren. Doch verlautet noch Folgendes:
Es sollen 90 von jenen Notabeln zusammentreten, welche die jetzt bekanntlich
durch Mandatnicderlegung von Seiten der Majorität quiescirte fchleswigfche
Ständeversammlung in gewissem Maß zu ersetzen hätten, und von denen sich
vorläufig vierzig constituirt haben. Aus diesen Notabeln soll ein Ausschuß
hervorgehen, der aus drei Personen zu bestehen und sich mit dem Ausschuß der
holsteinischen Stände in Verbindung zu setzen hätte.

Die beabsichtigte große Volksversammlung, die wahrscheinlich in Rendsburg
zusammenkommen wird, kann auch für Schleswig von guten Folgen sein.
Uebrigens rührt sichs da in vielen Gegenden fast kräftiger als in manchen
Strichen Holsteins. Sehr gut sind die Eiderstedtcr und die Nordfricscn über
die Sache klar, wenn auch vielfach noch etwas ängstlich die von Natur schon
scheuen und bedächtigen Angler. In Nordschleswig dagegen herrscht noch viel
Gleichgiltigkeit und noch mehr die von den zurückgebliebenen dänischen Beamten
genährte Meinung, daß es doch im Wesentlichen beim Alten bleiben, und daß
man sich in Gefahr bringen würde, wenn man jetzt mit seiner wahren Ansicht
herausgehen wollte.


Landes erschienen. Inzwischen aber hatten die Civilcommissäre den dortigen
Behörden die sehr energisch abgefaßte Weisung zugehen lassen, die Zusammen¬
kunft zu verhindern, weil sie als Stimme des ganzen Herzogthums auftrete
und so der definitiven Entscheidung vorzugreifen Miene mache. Sollte sie
dennoch stattfinden, so würden Mittel ergriffen werden, welche dem gegen¬
wärtigen Kriegszustande entsprächen. Schriftliche Kundgebungen dessen, was
man wünsche, zur Einrcichung an die competenten Stellen seien unverwehrt.
Privatim wurde noch mitgetheilt, Berathungen mit einer kleineren Zahl von
Theilnehmern stände nichts im Wege. Man wird nicht irren, wenn man hinter
dem Verbot den östreichischen, hinter der Milderung den preußischen Civil-
commissär stehen zu sehen meint, und dieselbe Vermuthung wird in Betreff der
hier soeben bekannt werdenden zweiten Weisung an die Beamten Schleswigs
gestattet sein, durch welche denselben unter Androhung sofortiger Entlassung unter¬
sagt wurde, sich am Ständctage in Neumünster zu betheiligen, und der wieder der
Wink folgte, es sei ihnen unbenommen, sich gegenüber den Cvmmissävcn zu äußern,

Solche Berathungen fanden dann statt, und man einigte sich, in denselben
dahin, es sollte ein Ausschuß von 40—SO Personen aus der Mitte der Er¬
schienenen gebildet und bevollmächtigt werden, aus dem ganzen Herzogthum
eine Anzahl angesehner Personen zu bestimmen, welche als Notabeln betrachtet
werden sollen, und unter die auch solche zu nehmen sein würden, welche in
Schleswig nicht erschienen. Diesen solle dann eine Erklärung zur Zustimmung
und Unterschrift vorgelegt werden, die fast wörtlich mit der zusammentrifft,
welche die Stände Holsteins am 5. April beschlossen haben. Näheres vermochte
ich bis jetzt mit Bestimmtheit nicht zu erfahren. Doch verlautet noch Folgendes:
Es sollen 90 von jenen Notabeln zusammentreten, welche die jetzt bekanntlich
durch Mandatnicderlegung von Seiten der Majorität quiescirte fchleswigfche
Ständeversammlung in gewissem Maß zu ersetzen hätten, und von denen sich
vorläufig vierzig constituirt haben. Aus diesen Notabeln soll ein Ausschuß
hervorgehen, der aus drei Personen zu bestehen und sich mit dem Ausschuß der
holsteinischen Stände in Verbindung zu setzen hätte.

Die beabsichtigte große Volksversammlung, die wahrscheinlich in Rendsburg
zusammenkommen wird, kann auch für Schleswig von guten Folgen sein.
Uebrigens rührt sichs da in vielen Gegenden fast kräftiger als in manchen
Strichen Holsteins. Sehr gut sind die Eiderstedtcr und die Nordfricscn über
die Sache klar, wenn auch vielfach noch etwas ängstlich die von Natur schon
scheuen und bedächtigen Angler. In Nordschleswig dagegen herrscht noch viel
Gleichgiltigkeit und noch mehr die von den zurückgebliebenen dänischen Beamten
genährte Meinung, daß es doch im Wesentlichen beim Alten bleiben, und daß
man sich in Gefahr bringen würde, wenn man jetzt mit seiner wahren Ansicht
herausgehen wollte.


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[0122] Landes erschienen. Inzwischen aber hatten die Civilcommissäre den dortigen Behörden die sehr energisch abgefaßte Weisung zugehen lassen, die Zusammen¬ kunft zu verhindern, weil sie als Stimme des ganzen Herzogthums auftrete und so der definitiven Entscheidung vorzugreifen Miene mache. Sollte sie dennoch stattfinden, so würden Mittel ergriffen werden, welche dem gegen¬ wärtigen Kriegszustande entsprächen. Schriftliche Kundgebungen dessen, was man wünsche, zur Einrcichung an die competenten Stellen seien unverwehrt. Privatim wurde noch mitgetheilt, Berathungen mit einer kleineren Zahl von Theilnehmern stände nichts im Wege. Man wird nicht irren, wenn man hinter dem Verbot den östreichischen, hinter der Milderung den preußischen Civil- commissär stehen zu sehen meint, und dieselbe Vermuthung wird in Betreff der hier soeben bekannt werdenden zweiten Weisung an die Beamten Schleswigs gestattet sein, durch welche denselben unter Androhung sofortiger Entlassung unter¬ sagt wurde, sich am Ständctage in Neumünster zu betheiligen, und der wieder der Wink folgte, es sei ihnen unbenommen, sich gegenüber den Cvmmissävcn zu äußern, Solche Berathungen fanden dann statt, und man einigte sich, in denselben dahin, es sollte ein Ausschuß von 40—SO Personen aus der Mitte der Er¬ schienenen gebildet und bevollmächtigt werden, aus dem ganzen Herzogthum eine Anzahl angesehner Personen zu bestimmen, welche als Notabeln betrachtet werden sollen, und unter die auch solche zu nehmen sein würden, welche in Schleswig nicht erschienen. Diesen solle dann eine Erklärung zur Zustimmung und Unterschrift vorgelegt werden, die fast wörtlich mit der zusammentrifft, welche die Stände Holsteins am 5. April beschlossen haben. Näheres vermochte ich bis jetzt mit Bestimmtheit nicht zu erfahren. Doch verlautet noch Folgendes: Es sollen 90 von jenen Notabeln zusammentreten, welche die jetzt bekanntlich durch Mandatnicderlegung von Seiten der Majorität quiescirte fchleswigfche Ständeversammlung in gewissem Maß zu ersetzen hätten, und von denen sich vorläufig vierzig constituirt haben. Aus diesen Notabeln soll ein Ausschuß hervorgehen, der aus drei Personen zu bestehen und sich mit dem Ausschuß der holsteinischen Stände in Verbindung zu setzen hätte. Die beabsichtigte große Volksversammlung, die wahrscheinlich in Rendsburg zusammenkommen wird, kann auch für Schleswig von guten Folgen sein. Uebrigens rührt sichs da in vielen Gegenden fast kräftiger als in manchen Strichen Holsteins. Sehr gut sind die Eiderstedtcr und die Nordfricscn über die Sache klar, wenn auch vielfach noch etwas ängstlich die von Natur schon scheuen und bedächtigen Angler. In Nordschleswig dagegen herrscht noch viel Gleichgiltigkeit und noch mehr die von den zurückgebliebenen dänischen Beamten genährte Meinung, daß es doch im Wesentlichen beim Alten bleiben, und daß man sich in Gefahr bringen würde, wenn man jetzt mit seiner wahren Ansicht herausgehen wollte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_188560/122>, abgerufen am 23.07.2024.