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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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Titel seinem wesentlichen Inhalt nach, die Angabe der Dedication und die OpuS-
zahl enthält. Die bibliographisch genaue Mittheilung der Titel und Debita-
tionen, wo sie von irgendwelchem Interesse sein kann, wird besser den kritischen
Supplementheften vorbehalten, wo sich denn auch am passendsten mancherlei
dahin gehörige Notizen anschließen. Dahin gehört die Mittheilung von Titeln,
welche sich in Beethovens Handschriften finden, die aber im Druck geändert
wurden, wie deren schon angeführt sind. So hatte er dem herrlichen Quartett
in ? moll (0p. 95) den Titel Huartstto serioso gegeben; das Octett für
Blasinstrumente (0p. 103) hatte den für seine Entstehungszeit bezeichnenden
Titel ?artis äans un eoncert. Auch manche Veränderungen, welche er mit
Dedikationen vornahm, verdienen wohl bemerkt zu werden. Die erste Messe
in 0 6ur (0p. 86) war dem Fürsten Nicolas Esterhazv gewidmet, bei dem
sie zuerst aufgeführt wurde -- die Abschrift mit Beethovens Dedication
befindet sich im Archiv von Eisenstedt; da er aber durch die kühle Ausnahme,
welche sie beim Fürsten fand, verstimmt wurde, widmete er sie, als sie gedruckt
wurde, dem Fürsten Kinskv. Das anmuthige Rondo in 0 aur (0p. 81, 2)
war der Gräfin Giulietta Guicciardi gewidmet, welche auf diese Wid¬
mung nach Beethovens Wunsch zu Gunsten der Gräfin Henriette Lichnowsky
verzichtete; zum Ersatz widmete er ihr darauf die 0is-inoII-Sonate (0p. 27, 2).
Man weiß, welche Bedeutung Sonate und Widmung bekommen haben, seit¬
dem es bekannt geworden ist, daß Beethoven mit Giulietta Guicciardi durch
die innigste Neigung verbunden war, und nun vergleiche man mit der Sonate
jenes Rondo.

Unvermerkt sind wir auf die mehr äußerlichen Fragen der Herstellung ge¬
führt worden. DaS erste Erforderniß jeder guten Ausgabe ist natürlich Cor-
rectheit, damit die durch sorgfältige Kritik gewonnenen Resultate auch treu
und zuverlässig überliefert werden. Wie ernst es die Verlagshandlung damit
meint, hat sie dadurch gezeigt, daß sie die durch ein Mißverständniß vor der
letzten Revision abgezogenen und deshalb nicht fehlerfreien Stimmen zu den
ersten Quartetts, nachdem sie bereits versandt waren, zurückgefordert, ein¬
gestampft und durch neue correcte Abdrücke ersetzt hat. Ganz frei von Fehlern
hat freilich noch nie ein Werk die Presse verlassen; auch wo die raffinirteste
Sorgfalt"bei der Correctur angewandt war. hat man nachher Druckfehler ge-
funden. Die eigenthümliche Einrichtung des Musikhandels, daß die gestochenen
Platten aufbewahrt und die Auflagen nicht größer als unmittelbar nöthig gemacht
werden, läßt auch eine nachträgliche Verbesserung von Stichfehlern zu, und das
musikalische Publicum kann sich durch Anzeige der beim Gebrauch etwa bemerkten
Fehler das Verdienst erwerben, zu einer mit jeder Auflage zunehmenden Correct-
heit, jeder an seinem Theil, beizutragen.

Die Ausstattung ist ganz vorzüglich und wird auch verwöhnten An-


Titel seinem wesentlichen Inhalt nach, die Angabe der Dedication und die OpuS-
zahl enthält. Die bibliographisch genaue Mittheilung der Titel und Debita-
tionen, wo sie von irgendwelchem Interesse sein kann, wird besser den kritischen
Supplementheften vorbehalten, wo sich denn auch am passendsten mancherlei
dahin gehörige Notizen anschließen. Dahin gehört die Mittheilung von Titeln,
welche sich in Beethovens Handschriften finden, die aber im Druck geändert
wurden, wie deren schon angeführt sind. So hatte er dem herrlichen Quartett
in ? moll (0p. 95) den Titel Huartstto serioso gegeben; das Octett für
Blasinstrumente (0p. 103) hatte den für seine Entstehungszeit bezeichnenden
Titel ?artis äans un eoncert. Auch manche Veränderungen, welche er mit
Dedikationen vornahm, verdienen wohl bemerkt zu werden. Die erste Messe
in 0 6ur (0p. 86) war dem Fürsten Nicolas Esterhazv gewidmet, bei dem
sie zuerst aufgeführt wurde — die Abschrift mit Beethovens Dedication
befindet sich im Archiv von Eisenstedt; da er aber durch die kühle Ausnahme,
welche sie beim Fürsten fand, verstimmt wurde, widmete er sie, als sie gedruckt
wurde, dem Fürsten Kinskv. Das anmuthige Rondo in 0 aur (0p. 81, 2)
war der Gräfin Giulietta Guicciardi gewidmet, welche auf diese Wid¬
mung nach Beethovens Wunsch zu Gunsten der Gräfin Henriette Lichnowsky
verzichtete; zum Ersatz widmete er ihr darauf die 0is-inoII-Sonate (0p. 27, 2).
Man weiß, welche Bedeutung Sonate und Widmung bekommen haben, seit¬
dem es bekannt geworden ist, daß Beethoven mit Giulietta Guicciardi durch
die innigste Neigung verbunden war, und nun vergleiche man mit der Sonate
jenes Rondo.

Unvermerkt sind wir auf die mehr äußerlichen Fragen der Herstellung ge¬
führt worden. DaS erste Erforderniß jeder guten Ausgabe ist natürlich Cor-
rectheit, damit die durch sorgfältige Kritik gewonnenen Resultate auch treu
und zuverlässig überliefert werden. Wie ernst es die Verlagshandlung damit
meint, hat sie dadurch gezeigt, daß sie die durch ein Mißverständniß vor der
letzten Revision abgezogenen und deshalb nicht fehlerfreien Stimmen zu den
ersten Quartetts, nachdem sie bereits versandt waren, zurückgefordert, ein¬
gestampft und durch neue correcte Abdrücke ersetzt hat. Ganz frei von Fehlern
hat freilich noch nie ein Werk die Presse verlassen; auch wo die raffinirteste
Sorgfalt"bei der Correctur angewandt war. hat man nachher Druckfehler ge-
funden. Die eigenthümliche Einrichtung des Musikhandels, daß die gestochenen
Platten aufbewahrt und die Auflagen nicht größer als unmittelbar nöthig gemacht
werden, läßt auch eine nachträgliche Verbesserung von Stichfehlern zu, und das
musikalische Publicum kann sich durch Anzeige der beim Gebrauch etwa bemerkten
Fehler das Verdienst erwerben, zu einer mit jeder Auflage zunehmenden Correct-
heit, jeder an seinem Theil, beizutragen.

Die Ausstattung ist ganz vorzüglich und wird auch verwöhnten An-


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[0364] Titel seinem wesentlichen Inhalt nach, die Angabe der Dedication und die OpuS- zahl enthält. Die bibliographisch genaue Mittheilung der Titel und Debita- tionen, wo sie von irgendwelchem Interesse sein kann, wird besser den kritischen Supplementheften vorbehalten, wo sich denn auch am passendsten mancherlei dahin gehörige Notizen anschließen. Dahin gehört die Mittheilung von Titeln, welche sich in Beethovens Handschriften finden, die aber im Druck geändert wurden, wie deren schon angeführt sind. So hatte er dem herrlichen Quartett in ? moll (0p. 95) den Titel Huartstto serioso gegeben; das Octett für Blasinstrumente (0p. 103) hatte den für seine Entstehungszeit bezeichnenden Titel ?artis äans un eoncert. Auch manche Veränderungen, welche er mit Dedikationen vornahm, verdienen wohl bemerkt zu werden. Die erste Messe in 0 6ur (0p. 86) war dem Fürsten Nicolas Esterhazv gewidmet, bei dem sie zuerst aufgeführt wurde — die Abschrift mit Beethovens Dedication befindet sich im Archiv von Eisenstedt; da er aber durch die kühle Ausnahme, welche sie beim Fürsten fand, verstimmt wurde, widmete er sie, als sie gedruckt wurde, dem Fürsten Kinskv. Das anmuthige Rondo in 0 aur (0p. 81, 2) war der Gräfin Giulietta Guicciardi gewidmet, welche auf diese Wid¬ mung nach Beethovens Wunsch zu Gunsten der Gräfin Henriette Lichnowsky verzichtete; zum Ersatz widmete er ihr darauf die 0is-inoII-Sonate (0p. 27, 2). Man weiß, welche Bedeutung Sonate und Widmung bekommen haben, seit¬ dem es bekannt geworden ist, daß Beethoven mit Giulietta Guicciardi durch die innigste Neigung verbunden war, und nun vergleiche man mit der Sonate jenes Rondo. Unvermerkt sind wir auf die mehr äußerlichen Fragen der Herstellung ge¬ führt worden. DaS erste Erforderniß jeder guten Ausgabe ist natürlich Cor- rectheit, damit die durch sorgfältige Kritik gewonnenen Resultate auch treu und zuverlässig überliefert werden. Wie ernst es die Verlagshandlung damit meint, hat sie dadurch gezeigt, daß sie die durch ein Mißverständniß vor der letzten Revision abgezogenen und deshalb nicht fehlerfreien Stimmen zu den ersten Quartetts, nachdem sie bereits versandt waren, zurückgefordert, ein¬ gestampft und durch neue correcte Abdrücke ersetzt hat. Ganz frei von Fehlern hat freilich noch nie ein Werk die Presse verlassen; auch wo die raffinirteste Sorgfalt"bei der Correctur angewandt war. hat man nachher Druckfehler ge- funden. Die eigenthümliche Einrichtung des Musikhandels, daß die gestochenen Platten aufbewahrt und die Auflagen nicht größer als unmittelbar nöthig gemacht werden, läßt auch eine nachträgliche Verbesserung von Stichfehlern zu, und das musikalische Publicum kann sich durch Anzeige der beim Gebrauch etwa bemerkten Fehler das Verdienst erwerben, zu einer mit jeder Auflage zunehmenden Correct- heit, jeder an seinem Theil, beizutragen. Die Ausstattung ist ganz vorzüglich und wird auch verwöhnten An-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/364>, abgerufen am 24.07.2024.