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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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große Vorsicht zu beobachten ist. So wurde z. B. Collins Coriolan am
24. November 1802 zuerst aufgeführt, Beethovens Ouvertüre aber erst für eine
spätere Aufführung im Jahre 1807 geschrieben. Endlich -- um von den An¬
haltspunkten abzusehen, welche zufällige Erwähnungen in Briefen und litera¬
rischen Hilfsmitteln verwandter Art an die Hand geben -- sind die Angaben
über die Publicationszeit, da wo sie keinen bestimmteren Aufschluß geben, wenig¬
stens insofern wichtig, als sie jedenfalls den Zeitpunkt fixiren, unter welchen
man nicht hinabgehen darf, was namentlich für die Werke der frühchen Zeit
schon von Wichtigkeit sein kann. Sichere Angaben dieser Art sind nur durch
mühevolle Detailforschung aus Theater- und Concertzetteln, aus Ankündigungen
und Anzeigen in Zeitungen und Journalen, überhaupt aus den Winkeln und
Kehrichthaufen der Literatur zusammenzubringen, und um sichere Resultate zu
gewinnen bedarf es großer Vorsicht und Genauigkeit. Was auf diesem Wege
für die Chronologie der beethovenschen Werke zu erzielen ist, wird Alexander
Thayer erweisen, welcher sich der zuverlässigen und rückhaltlosen Ermittelung
der Wahrheit mit dem echten und nachhaltigen Enthusiasmus unermüdlich
forschender Arbeit hingegeben und auch auf diesem Gebiet bewundernswürdige
Studien gemacht hat.

Die neue Ausgabe mußte sich der Kürze wie der Konsequenz wegen zu¬
nächst darauf beschränken, die durch positive Angaben authentischer Documente
unzweifelhaft überlieferten chronologischen Data mit der Ueberschrift des Titels
mitzutheilen. Wo diese erst durch Combination zu gewinnen ist, also auf
Gründen beruht, die nicht ohne Weiteres zu erkennen und zu prüfen, möglicher¬
weise auch zweifelhaft und irrig sind, mußten sie ausgeschlossen bleiben. Was
sich aber mit einiger Sicherheit ermitteln-läßt, kann mit einer kurzen Begrün¬
dung einen passenden Platz in den kritischen Supplementheften finden, die
auch für manche andere historische und bibliographische Notizen den an¬
gemessenen Raum gewähren werden, z. B. die genaue Mittheilung der Titel
und Dedicationen. Es kann scheinen, als ob es am einfachsten sei, die Titel
und Dedicationen der einzelnen Werke, wie sie ursprünglich gedruckt waren,
mit jedem zu wiederholen. Allein bei einer großen Sammlung verlangt die
Raumersparnis) und besonders die mit Consequenz durchzuführende Gleichförmig¬
keit keine geringe Rücksicht. Wenn gleich manche Titel beethovenscher Komposi¬
tionen offenbar von ihm selbst abgefaßt sind und auch im Ausdruck etwas
Charakteristisches haben, das nicht verwischt werden darf, so ist doch die weit
überwiegende Mehrzahl nach der jedesmal üblichen Schablone gemacht, weit¬
schweifig z. B. mit Aufzählung aller einzelnen Instrumente, für welche ein Stück
geschrieben ist, in verschiedenen Sprachen, so daß die Wiederholung derselben
w einer langen Folge große Unzuträglichkeiten haben würde. Es ist deshalb
in übereinstimmender Weise jedem Stück eine Ueberschrift gegeben, welche den


große Vorsicht zu beobachten ist. So wurde z. B. Collins Coriolan am
24. November 1802 zuerst aufgeführt, Beethovens Ouvertüre aber erst für eine
spätere Aufführung im Jahre 1807 geschrieben. Endlich — um von den An¬
haltspunkten abzusehen, welche zufällige Erwähnungen in Briefen und litera¬
rischen Hilfsmitteln verwandter Art an die Hand geben — sind die Angaben
über die Publicationszeit, da wo sie keinen bestimmteren Aufschluß geben, wenig¬
stens insofern wichtig, als sie jedenfalls den Zeitpunkt fixiren, unter welchen
man nicht hinabgehen darf, was namentlich für die Werke der frühchen Zeit
schon von Wichtigkeit sein kann. Sichere Angaben dieser Art sind nur durch
mühevolle Detailforschung aus Theater- und Concertzetteln, aus Ankündigungen
und Anzeigen in Zeitungen und Journalen, überhaupt aus den Winkeln und
Kehrichthaufen der Literatur zusammenzubringen, und um sichere Resultate zu
gewinnen bedarf es großer Vorsicht und Genauigkeit. Was auf diesem Wege
für die Chronologie der beethovenschen Werke zu erzielen ist, wird Alexander
Thayer erweisen, welcher sich der zuverlässigen und rückhaltlosen Ermittelung
der Wahrheit mit dem echten und nachhaltigen Enthusiasmus unermüdlich
forschender Arbeit hingegeben und auch auf diesem Gebiet bewundernswürdige
Studien gemacht hat.

Die neue Ausgabe mußte sich der Kürze wie der Konsequenz wegen zu¬
nächst darauf beschränken, die durch positive Angaben authentischer Documente
unzweifelhaft überlieferten chronologischen Data mit der Ueberschrift des Titels
mitzutheilen. Wo diese erst durch Combination zu gewinnen ist, also auf
Gründen beruht, die nicht ohne Weiteres zu erkennen und zu prüfen, möglicher¬
weise auch zweifelhaft und irrig sind, mußten sie ausgeschlossen bleiben. Was
sich aber mit einiger Sicherheit ermitteln-läßt, kann mit einer kurzen Begrün¬
dung einen passenden Platz in den kritischen Supplementheften finden, die
auch für manche andere historische und bibliographische Notizen den an¬
gemessenen Raum gewähren werden, z. B. die genaue Mittheilung der Titel
und Dedicationen. Es kann scheinen, als ob es am einfachsten sei, die Titel
und Dedicationen der einzelnen Werke, wie sie ursprünglich gedruckt waren,
mit jedem zu wiederholen. Allein bei einer großen Sammlung verlangt die
Raumersparnis) und besonders die mit Consequenz durchzuführende Gleichförmig¬
keit keine geringe Rücksicht. Wenn gleich manche Titel beethovenscher Komposi¬
tionen offenbar von ihm selbst abgefaßt sind und auch im Ausdruck etwas
Charakteristisches haben, das nicht verwischt werden darf, so ist doch die weit
überwiegende Mehrzahl nach der jedesmal üblichen Schablone gemacht, weit¬
schweifig z. B. mit Aufzählung aller einzelnen Instrumente, für welche ein Stück
geschrieben ist, in verschiedenen Sprachen, so daß die Wiederholung derselben
w einer langen Folge große Unzuträglichkeiten haben würde. Es ist deshalb
in übereinstimmender Weise jedem Stück eine Ueberschrift gegeben, welche den


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[0363] große Vorsicht zu beobachten ist. So wurde z. B. Collins Coriolan am 24. November 1802 zuerst aufgeführt, Beethovens Ouvertüre aber erst für eine spätere Aufführung im Jahre 1807 geschrieben. Endlich — um von den An¬ haltspunkten abzusehen, welche zufällige Erwähnungen in Briefen und litera¬ rischen Hilfsmitteln verwandter Art an die Hand geben — sind die Angaben über die Publicationszeit, da wo sie keinen bestimmteren Aufschluß geben, wenig¬ stens insofern wichtig, als sie jedenfalls den Zeitpunkt fixiren, unter welchen man nicht hinabgehen darf, was namentlich für die Werke der frühchen Zeit schon von Wichtigkeit sein kann. Sichere Angaben dieser Art sind nur durch mühevolle Detailforschung aus Theater- und Concertzetteln, aus Ankündigungen und Anzeigen in Zeitungen und Journalen, überhaupt aus den Winkeln und Kehrichthaufen der Literatur zusammenzubringen, und um sichere Resultate zu gewinnen bedarf es großer Vorsicht und Genauigkeit. Was auf diesem Wege für die Chronologie der beethovenschen Werke zu erzielen ist, wird Alexander Thayer erweisen, welcher sich der zuverlässigen und rückhaltlosen Ermittelung der Wahrheit mit dem echten und nachhaltigen Enthusiasmus unermüdlich forschender Arbeit hingegeben und auch auf diesem Gebiet bewundernswürdige Studien gemacht hat. Die neue Ausgabe mußte sich der Kürze wie der Konsequenz wegen zu¬ nächst darauf beschränken, die durch positive Angaben authentischer Documente unzweifelhaft überlieferten chronologischen Data mit der Ueberschrift des Titels mitzutheilen. Wo diese erst durch Combination zu gewinnen ist, also auf Gründen beruht, die nicht ohne Weiteres zu erkennen und zu prüfen, möglicher¬ weise auch zweifelhaft und irrig sind, mußten sie ausgeschlossen bleiben. Was sich aber mit einiger Sicherheit ermitteln-läßt, kann mit einer kurzen Begrün¬ dung einen passenden Platz in den kritischen Supplementheften finden, die auch für manche andere historische und bibliographische Notizen den an¬ gemessenen Raum gewähren werden, z. B. die genaue Mittheilung der Titel und Dedicationen. Es kann scheinen, als ob es am einfachsten sei, die Titel und Dedicationen der einzelnen Werke, wie sie ursprünglich gedruckt waren, mit jedem zu wiederholen. Allein bei einer großen Sammlung verlangt die Raumersparnis) und besonders die mit Consequenz durchzuführende Gleichförmig¬ keit keine geringe Rücksicht. Wenn gleich manche Titel beethovenscher Komposi¬ tionen offenbar von ihm selbst abgefaßt sind und auch im Ausdruck etwas Charakteristisches haben, das nicht verwischt werden darf, so ist doch die weit überwiegende Mehrzahl nach der jedesmal üblichen Schablone gemacht, weit¬ schweifig z. B. mit Aufzählung aller einzelnen Instrumente, für welche ein Stück geschrieben ist, in verschiedenen Sprachen, so daß die Wiederholung derselben w einer langen Folge große Unzuträglichkeiten haben würde. Es ist deshalb in übereinstimmender Weise jedem Stück eine Ueberschrift gegeben, welche den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/363>, abgerufen am 24.07.2024.