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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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dieselbe bestand, und zwar lediglich aus Furcht vor Zug. so daß jeder, der ihn
zu sprechen wünschte, vier bis fünf Gemächer zu Passiren hatte, welche sämmt¬
lich sorgfältig geheizt und gut verschlossen gehalten wurden. Wie der tapfere
General es im Felde möglich macht, sich vor Zugluft zu schützen, ist nicht wohl
abzusehen. Schließlich mag erwähnt werden, daß de Meza weder wohlbeleibt
ist, noch eine orientalische Nase besitzt, wie ein Korrespondent der W. Z. ge¬
sehen haben wollte. Er hat vielmehr ein hageres Gesicht, und die Nase ist so
germanisch geformt wie irgendeine.




Die Haltung der Holsteiner in den letzten Wochen.

Während die Nachricht von dem Einrücken der Preußen und Oestreicher in
Schleswig durch die Presse läuft und der Telegraph vom ersten Kanonendonner
erzählt, jetzt beim Beginn neuer Jncidenzfälle von höchster Wichtigkeit, soll ein
kurzer Rückblick auf das Verhalten der holsteinischen Bevölkerung die That¬
sachen berühren, aus denen dem Whigministerium Englands, wie dem Kaiser
der Franzosen, der Herzog auch als der erwählte Fürst seines Volkes er¬
scheinen sollte.

Als am 16. November 1863 Friedrich der Siebente, König von Däne¬
mark und Herzog von Schleswig-Holstein, das letzte männliche Mitglied der
älteren königlichen Linie des oldcnburgcr Hauses, die Augen schloß und mit
ihm die rechtliche Verbindung der Herzogtümer mit Dänemark erlosch, war
Schleswig-Holstein von dänischen Truppen besetzt. Der nach dem Verzicht seines
Vaters nächstberechtigte Agnat, Herzog Friedrich der Achte von Schleswig-Holstein-
Sonderburg-Augustenburg, war nicht im Lande, konnte in den vom Feinde be¬
setzten Herzogthümern die Zügel der Regierung nicht ergreifen.

Dem Lande war der Tod des König-Herzogs Friedrich des Siebenten, der im
56. Lebensjahr nach kurzer Krankheit erfolgte, unerwartet gekommen. Dennoch
waren alle Einsichtigen im Lande darüber einig, daß es sich jetzt nicht mehr
um Ordnung von Verfassungsangclcgenheiten der Herzogthümer handeln könne,
sondern einzig und allein um die gänzliche Lostrennung derselben von Däne¬
mark auf Grundlage der alten Erbfolgeordnung. Die in Kiel wohnenden Mit¬
glieder der Ständeversammlung beriefen die Vertreter des Landes nach Kiel;


dieselbe bestand, und zwar lediglich aus Furcht vor Zug. so daß jeder, der ihn
zu sprechen wünschte, vier bis fünf Gemächer zu Passiren hatte, welche sämmt¬
lich sorgfältig geheizt und gut verschlossen gehalten wurden. Wie der tapfere
General es im Felde möglich macht, sich vor Zugluft zu schützen, ist nicht wohl
abzusehen. Schließlich mag erwähnt werden, daß de Meza weder wohlbeleibt
ist, noch eine orientalische Nase besitzt, wie ein Korrespondent der W. Z. ge¬
sehen haben wollte. Er hat vielmehr ein hageres Gesicht, und die Nase ist so
germanisch geformt wie irgendeine.




Die Haltung der Holsteiner in den letzten Wochen.

Während die Nachricht von dem Einrücken der Preußen und Oestreicher in
Schleswig durch die Presse läuft und der Telegraph vom ersten Kanonendonner
erzählt, jetzt beim Beginn neuer Jncidenzfälle von höchster Wichtigkeit, soll ein
kurzer Rückblick auf das Verhalten der holsteinischen Bevölkerung die That¬
sachen berühren, aus denen dem Whigministerium Englands, wie dem Kaiser
der Franzosen, der Herzog auch als der erwählte Fürst seines Volkes er¬
scheinen sollte.

Als am 16. November 1863 Friedrich der Siebente, König von Däne¬
mark und Herzog von Schleswig-Holstein, das letzte männliche Mitglied der
älteren königlichen Linie des oldcnburgcr Hauses, die Augen schloß und mit
ihm die rechtliche Verbindung der Herzogtümer mit Dänemark erlosch, war
Schleswig-Holstein von dänischen Truppen besetzt. Der nach dem Verzicht seines
Vaters nächstberechtigte Agnat, Herzog Friedrich der Achte von Schleswig-Holstein-
Sonderburg-Augustenburg, war nicht im Lande, konnte in den vom Feinde be¬
setzten Herzogthümern die Zügel der Regierung nicht ergreifen.

Dem Lande war der Tod des König-Herzogs Friedrich des Siebenten, der im
56. Lebensjahr nach kurzer Krankheit erfolgte, unerwartet gekommen. Dennoch
waren alle Einsichtigen im Lande darüber einig, daß es sich jetzt nicht mehr
um Ordnung von Verfassungsangclcgenheiten der Herzogthümer handeln könne,
sondern einzig und allein um die gänzliche Lostrennung derselben von Däne¬
mark auf Grundlage der alten Erbfolgeordnung. Die in Kiel wohnenden Mit¬
glieder der Ständeversammlung beriefen die Vertreter des Landes nach Kiel;


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[0247] dieselbe bestand, und zwar lediglich aus Furcht vor Zug. so daß jeder, der ihn zu sprechen wünschte, vier bis fünf Gemächer zu Passiren hatte, welche sämmt¬ lich sorgfältig geheizt und gut verschlossen gehalten wurden. Wie der tapfere General es im Felde möglich macht, sich vor Zugluft zu schützen, ist nicht wohl abzusehen. Schließlich mag erwähnt werden, daß de Meza weder wohlbeleibt ist, noch eine orientalische Nase besitzt, wie ein Korrespondent der W. Z. ge¬ sehen haben wollte. Er hat vielmehr ein hageres Gesicht, und die Nase ist so germanisch geformt wie irgendeine. Die Haltung der Holsteiner in den letzten Wochen. Während die Nachricht von dem Einrücken der Preußen und Oestreicher in Schleswig durch die Presse läuft und der Telegraph vom ersten Kanonendonner erzählt, jetzt beim Beginn neuer Jncidenzfälle von höchster Wichtigkeit, soll ein kurzer Rückblick auf das Verhalten der holsteinischen Bevölkerung die That¬ sachen berühren, aus denen dem Whigministerium Englands, wie dem Kaiser der Franzosen, der Herzog auch als der erwählte Fürst seines Volkes er¬ scheinen sollte. Als am 16. November 1863 Friedrich der Siebente, König von Däne¬ mark und Herzog von Schleswig-Holstein, das letzte männliche Mitglied der älteren königlichen Linie des oldcnburgcr Hauses, die Augen schloß und mit ihm die rechtliche Verbindung der Herzogtümer mit Dänemark erlosch, war Schleswig-Holstein von dänischen Truppen besetzt. Der nach dem Verzicht seines Vaters nächstberechtigte Agnat, Herzog Friedrich der Achte von Schleswig-Holstein- Sonderburg-Augustenburg, war nicht im Lande, konnte in den vom Feinde be¬ setzten Herzogthümern die Zügel der Regierung nicht ergreifen. Dem Lande war der Tod des König-Herzogs Friedrich des Siebenten, der im 56. Lebensjahr nach kurzer Krankheit erfolgte, unerwartet gekommen. Dennoch waren alle Einsichtigen im Lande darüber einig, daß es sich jetzt nicht mehr um Ordnung von Verfassungsangclcgenheiten der Herzogthümer handeln könne, sondern einzig und allein um die gänzliche Lostrennung derselben von Däne¬ mark auf Grundlage der alten Erbfolgeordnung. Die in Kiel wohnenden Mit¬ glieder der Ständeversammlung beriefen die Vertreter des Landes nach Kiel;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/247>, abgerufen am 04.07.2024.