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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band.

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mit großem Menschenverlust, vermuthlich binnen einigen Stunden erstürmen
können, zumal die jütischen und schleswigschen Bataillone nicht vollkommen
verläßlich und auch die aus Jnscldänen bestehenden zur Hälfte aus Rekruten
zusammengesetzt sind, Ader die Hauptstärke des Dannewerks liegt nicht in sei¬
nen Erdwällen, Palissaden und Kanonen, sondern in einer Vorrichtung, durch
welche fast das ganze vor den Schanzen sich ausbreitende Terrain überschwemmt
werden kann. Die Quelle, der wir folgen, behauptet, daß man nicht weniger
als neun Zehntheile dieses Terrains sofort unter Wasser setzen und so die an.
rückende feindliche Armee nöthigen könne, sich ihren Weg nach Norden durch
das übrigbleibende Zehntheil zu suchen, welches von den stärksten Schanz¬
werken und der zahlreichsten und schwersten Artillerie vertheidigt wird. Die
Verluste der Angreifer würden hier so ungeheuer sein, daß von dem Wagniß
eines Sturmes unter verständigen Offizieren nicht wohl die Rede sein könnte.

Die erwähnte Vorrichtung zum Ueberschwcmmcn der Gegend vor dem
Krummwall und zwischen dem Dannewerk und dem Kograben beruht aber auf
folgenden Verhältnissen. Unmittelbar vor dem Kograben, dem kleinen Danne¬
werk und dem Krummwall schlängelt sich durch Haide und Moor von der Nähe
des Seller Noors bis i>! die Nähe von Hvllingstedt die Neiderau, ein kleiner
Bach, welcher sich in die Treene ergießt. Letztere mündet bei Friedrichstadt in
die Eider. Die Neiderau aber ist jetzt mit dem Seiler Noor in Verbindung
gesetzt und auf ihrem ganzen Laufe mit Schleußenthoren versehen, durch welche
man das Wasser stauen und so in einer Höhe von mindestens 1'/-- Fuß über
das benachbarte Land verbreiten kann. Sowohl das Noor als die Treene
würden dazu einen Theil ihrer Fluthen hergeben, und der Apparat, der dies
bewirkt, soll nach Angabe der Dänen so eingerichtet sein, daß er auch bei ziem¬
lich starkem Froste nicht versagte.

Der Berichterstatter, dein wir folgen, war in der ersten Woche des Januar
im dänischen Lager. Man hatte einige Tage vorher die Vorrichtung versucht
und das Land unter Wasser gesetzt. Da eine Kälte von sechzehn Grad einge¬
treten war, so hatte sich letzteres in eine weite Eisfläche verwandelt, aber nicht
sobald hatte diese eine gewisse Stärke erreicht, als die dänischen Ingenieure die
Schleußenthore öffneten und das Wasser unter der Eiskruste ablaufen ließen,
so daß nur eine dünne und leicht zerbrechliche Rinde über dem Raume blieb,
den die Ueberschwemmung gefüllt hatte. Sich durch diese Eisbrocken hindurch¬
zuarbeiten würde für Fußvolk fast noch schwieriger, als das Waten durch das
Wasser, für Reiterei und Geschütze beinahe unmöglich gewesen sein.

Die dänischen Offiziere scheinen denn auch über die Sicherheit ihrer Po¬
sition nicht in Zweifel zu sein. Man erzählte sich, daß ein deutscher General
bei der letzten Revue über das holsteinische Contingent sich dahin geäußert, daß
man, um das Dannewerk zu nehmen, hunderttausend Mann bedürfen würde.


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mit großem Menschenverlust, vermuthlich binnen einigen Stunden erstürmen
können, zumal die jütischen und schleswigschen Bataillone nicht vollkommen
verläßlich und auch die aus Jnscldänen bestehenden zur Hälfte aus Rekruten
zusammengesetzt sind, Ader die Hauptstärke des Dannewerks liegt nicht in sei¬
nen Erdwällen, Palissaden und Kanonen, sondern in einer Vorrichtung, durch
welche fast das ganze vor den Schanzen sich ausbreitende Terrain überschwemmt
werden kann. Die Quelle, der wir folgen, behauptet, daß man nicht weniger
als neun Zehntheile dieses Terrains sofort unter Wasser setzen und so die an.
rückende feindliche Armee nöthigen könne, sich ihren Weg nach Norden durch
das übrigbleibende Zehntheil zu suchen, welches von den stärksten Schanz¬
werken und der zahlreichsten und schwersten Artillerie vertheidigt wird. Die
Verluste der Angreifer würden hier so ungeheuer sein, daß von dem Wagniß
eines Sturmes unter verständigen Offizieren nicht wohl die Rede sein könnte.

Die erwähnte Vorrichtung zum Ueberschwcmmcn der Gegend vor dem
Krummwall und zwischen dem Dannewerk und dem Kograben beruht aber auf
folgenden Verhältnissen. Unmittelbar vor dem Kograben, dem kleinen Danne¬
werk und dem Krummwall schlängelt sich durch Haide und Moor von der Nähe
des Seller Noors bis i>! die Nähe von Hvllingstedt die Neiderau, ein kleiner
Bach, welcher sich in die Treene ergießt. Letztere mündet bei Friedrichstadt in
die Eider. Die Neiderau aber ist jetzt mit dem Seiler Noor in Verbindung
gesetzt und auf ihrem ganzen Laufe mit Schleußenthoren versehen, durch welche
man das Wasser stauen und so in einer Höhe von mindestens 1'/-- Fuß über
das benachbarte Land verbreiten kann. Sowohl das Noor als die Treene
würden dazu einen Theil ihrer Fluthen hergeben, und der Apparat, der dies
bewirkt, soll nach Angabe der Dänen so eingerichtet sein, daß er auch bei ziem¬
lich starkem Froste nicht versagte.

Der Berichterstatter, dein wir folgen, war in der ersten Woche des Januar
im dänischen Lager. Man hatte einige Tage vorher die Vorrichtung versucht
und das Land unter Wasser gesetzt. Da eine Kälte von sechzehn Grad einge¬
treten war, so hatte sich letzteres in eine weite Eisfläche verwandelt, aber nicht
sobald hatte diese eine gewisse Stärke erreicht, als die dänischen Ingenieure die
Schleußenthore öffneten und das Wasser unter der Eiskruste ablaufen ließen,
so daß nur eine dünne und leicht zerbrechliche Rinde über dem Raume blieb,
den die Ueberschwemmung gefüllt hatte. Sich durch diese Eisbrocken hindurch¬
zuarbeiten würde für Fußvolk fast noch schwieriger, als das Waten durch das
Wasser, für Reiterei und Geschütze beinahe unmöglich gewesen sein.

Die dänischen Offiziere scheinen denn auch über die Sicherheit ihrer Po¬
sition nicht in Zweifel zu sein. Man erzählte sich, daß ein deutscher General
bei der letzten Revue über das holsteinische Contingent sich dahin geäußert, daß
man, um das Dannewerk zu nehmen, hunderttausend Mann bedürfen würde.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_116464/245>, abgerufen am 04.07.2024.