Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.beim Thee, der vor hundert Jahren von Locke noch als ein "ausländisches beim Thee, der vor hundert Jahren von Locke noch als ein „ausländisches <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0056" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188083"/> <p xml:id="ID_133" prev="#ID_132" next="#ID_134"> beim Thee, der vor hundert Jahren von Locke noch als ein „ausländisches<lb/> Getränk, das in londoner Kaffeehäusern zu finden" bezeichnet, die allgemeinste<lb/> Verbreitung gefunden hatte. Von dreizehn Millionen Pfund, die ungefähr ge¬<lb/> braucht wurden, waren nur SVs Millionen verzollt, um die ganze Differenz<lb/> kam die Staatskasse durch ein organisirtes System des Schleichhandels. Pitt<lb/> schlug nun vor denselben abzuschneiden, indem er den Theezvll so herabsehte,<lb/> daß der Schmuggler durch den Gewinn nicht mehr gereizt werden könne. Er<lb/> hoffte aber auch davon abgesehen, die Einnahme durch Verminderung der Zölle<lb/> zu heben; dies Princip, heute allgemein geläufig, schien damals sonderbar, und<lb/> Pitt mußte gestehen, als er sich zu dieser Lehre von Adam Smith bekannte,<lb/> sie klinge sehr paradox. Aber der Erfolg rechtfertigte seine Voraussicht voll¬<lb/> kommen; die Einfuhr, welche 1782 9,714.000 Pfd. Se. betrug, stieg 1790 auf<lb/> 19,130.000 Pfd. Se.; von Thee allein wurden statt SV-Millionen Pfund 22<lb/> Millionen verzollt, die Ausfälle des regelmäßigen Budgets wurden durch neue<lb/> Abgaben gedeckt, welche eine weitere und gleichmäßigere Heranziehung der<lb/> Steuertrcifte bezweckten, und die schwebende Schuld ward durch ein Anlehen<lb/> consolidirt. Bei letzterem beseitigte er den bisher allgemeinen Mißbrauch. Par¬<lb/> lamentsglieder bei den Unterzeichnungen zu bevorzugen, er schlug die Schuld¬<lb/> verschreibungen einfach dem Meistbietenden zu. Aber er blieb hierbei nicht<lb/> stehen, sondern führte seine Idee aus, den Handel mit Frankreich auf eine<lb/> bessere Grundlage zu stellen. Es geschah durch den Vertrag, den Mr. Eden<lb/> nach großen Schwierigkeiten am 26. September 1787 zu Stande brachte. Pitt<lb/> konnte hierbei nicht daran denken, das handhabe Freihandelssystems zu ver¬<lb/> wirklichen, ihm war es darum zu thun, die Zollcinkünfte durch vermehrten<lb/> Verkehr zu heben, und deshalb ging er vornämlich darauf aus die Zölle zu<lb/> beseitigen, welche einem Einfuhrverbot gleich kamen, es galt also den Erzeug¬<lb/> nissen Frankreichs einen Markt in England zu öffnen und die britischen den<lb/> Franzosen zugänglich zu machen. Das Princip der Gegenseitigkeit kam in<lb/> diesem Vertrage zum ersten Male zur Geltung. „Wir sind," sagte er, „durch<lb/> diesen Vertrag übereingekommen, zu niedrigen Zöllen den Ueberfluß von<lb/> Frankreichs Bodenerzeugnissen, Wein, Oel, Spirituosen u. s. w. zu nehmen,<lb/> welche unsre Cultur uns nothwendig gemacht hat. und sichern dagegen unsern<lb/> Manufacturen einen Absatz in Frankreich." — Und ein solcher Verkehr sollte<lb/> uns (wie die Opposition behauptet) wehrlos gegen unsere Nebenbuhler machen?<lb/> Nehmen wir auch an, daß der Friede nur eine kurze Zeit daure, wird nicht<lb/> eine durch vermehrten Verkehr bereicherte Nation besser im Stande sein,<lb/> ihren Feind abzuwehren? und wird nicht die Ausdehnung des Handelsverkehrs<lb/> gerade die Wahrscheinlichkeit des Krieges vermindern? — Auf die Behauptung<lb/> von Fox, daß Frankreich der natürliche Feind Englands sei, auf die bittern<lb/> Worte, daß Chathains Schatten sich zürnend gegen seinen Sohn erhebe, er-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
beim Thee, der vor hundert Jahren von Locke noch als ein „ausländisches
Getränk, das in londoner Kaffeehäusern zu finden" bezeichnet, die allgemeinste
Verbreitung gefunden hatte. Von dreizehn Millionen Pfund, die ungefähr ge¬
braucht wurden, waren nur SVs Millionen verzollt, um die ganze Differenz
kam die Staatskasse durch ein organisirtes System des Schleichhandels. Pitt
schlug nun vor denselben abzuschneiden, indem er den Theezvll so herabsehte,
daß der Schmuggler durch den Gewinn nicht mehr gereizt werden könne. Er
hoffte aber auch davon abgesehen, die Einnahme durch Verminderung der Zölle
zu heben; dies Princip, heute allgemein geläufig, schien damals sonderbar, und
Pitt mußte gestehen, als er sich zu dieser Lehre von Adam Smith bekannte,
sie klinge sehr paradox. Aber der Erfolg rechtfertigte seine Voraussicht voll¬
kommen; die Einfuhr, welche 1782 9,714.000 Pfd. Se. betrug, stieg 1790 auf
19,130.000 Pfd. Se.; von Thee allein wurden statt SV-Millionen Pfund 22
Millionen verzollt, die Ausfälle des regelmäßigen Budgets wurden durch neue
Abgaben gedeckt, welche eine weitere und gleichmäßigere Heranziehung der
Steuertrcifte bezweckten, und die schwebende Schuld ward durch ein Anlehen
consolidirt. Bei letzterem beseitigte er den bisher allgemeinen Mißbrauch. Par¬
lamentsglieder bei den Unterzeichnungen zu bevorzugen, er schlug die Schuld¬
verschreibungen einfach dem Meistbietenden zu. Aber er blieb hierbei nicht
stehen, sondern führte seine Idee aus, den Handel mit Frankreich auf eine
bessere Grundlage zu stellen. Es geschah durch den Vertrag, den Mr. Eden
nach großen Schwierigkeiten am 26. September 1787 zu Stande brachte. Pitt
konnte hierbei nicht daran denken, das handhabe Freihandelssystems zu ver¬
wirklichen, ihm war es darum zu thun, die Zollcinkünfte durch vermehrten
Verkehr zu heben, und deshalb ging er vornämlich darauf aus die Zölle zu
beseitigen, welche einem Einfuhrverbot gleich kamen, es galt also den Erzeug¬
nissen Frankreichs einen Markt in England zu öffnen und die britischen den
Franzosen zugänglich zu machen. Das Princip der Gegenseitigkeit kam in
diesem Vertrage zum ersten Male zur Geltung. „Wir sind," sagte er, „durch
diesen Vertrag übereingekommen, zu niedrigen Zöllen den Ueberfluß von
Frankreichs Bodenerzeugnissen, Wein, Oel, Spirituosen u. s. w. zu nehmen,
welche unsre Cultur uns nothwendig gemacht hat. und sichern dagegen unsern
Manufacturen einen Absatz in Frankreich." — Und ein solcher Verkehr sollte
uns (wie die Opposition behauptet) wehrlos gegen unsere Nebenbuhler machen?
Nehmen wir auch an, daß der Friede nur eine kurze Zeit daure, wird nicht
eine durch vermehrten Verkehr bereicherte Nation besser im Stande sein,
ihren Feind abzuwehren? und wird nicht die Ausdehnung des Handelsverkehrs
gerade die Wahrscheinlichkeit des Krieges vermindern? — Auf die Behauptung
von Fox, daß Frankreich der natürliche Feind Englands sei, auf die bittern
Worte, daß Chathains Schatten sich zürnend gegen seinen Sohn erhebe, er-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |