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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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das Vertrauen des Hauses nicht habe. Aber Fox übereilte sich, indem er auf
diese Weise unzweifelhafte Prärogative der Krone in Frage stellte, der König
wies die Adresse zurück und die Opposition verfuhr sich immer mehr in heftigen
Motionen, bei denen ihre Majorität allmälig schmolz, bis sie auf 191 gegen
190 stand. Als Budget und Armee bewilligt waren, löste Pitt das Parla¬
ment auf. Er hatte die öffentliche Stimmung richtig beurtheilt, schon vorher
hatte die City ihm als Demonstration das Ehrenbürgerrecht verliehen, seine
Persönliche Uneigennützigst, mit der er eine vacante Sinekure. die jeder andre
Minister für sich behalten hätte, eingehen lieh, schaffte ihm allgemeine Aner¬
kennung. "Es ist." sagte Jemand, "die Handlung eines Mannes, der fühlt, daß
er aus einem hohen Berge vor den Augen des Landes steht, welches er regieren
soll." Die Coalition hatte die eifrigsten Tones von North, die eifrigsten
Whigs von Fox entfremdet, und ihre Parteitaktik ward im Volke scharf geta¬
delt, bei den Wahlen verloren sie eine Reihe der wichtigsten Plätze. Vergeblich
trat sogar der Prinz von Wales öffentlich mit Foxs Farben auf, vergeblich
suchte die schöne Herzogin von Devonshire bei den Krämern von Westminster
für den Mann des Volkes zu werben. CVVostmwster goes vir veU, irr
spit^ ok tue vuelress ima dirs otlrer "VVomöir ok elle ?s<)M, schrieb Pitt.)
Bei der Adreßdebatte ward die Opposition mit 282 gegen 114 geschlagen.
Aus diese Mehrheit gestützt, nahm Pitt die schwebenden Angelegenheiten in die
Hand. "Bisher haben wir nur von einem Tag zum andern gelebt." schrieb
er. "jetzt wollen wir die Geschäfte ernstlich anfassen." Er hatte bereits beim
Antritt seines Amtes eine neue Jndiabill entworfen, für welche er die Zustim¬
mung der Eigenthümer und Direktoren gewonnen, er schlug vor. für die poli¬
tische Regierung Indiens einen Rath zu bilden, dessen Mitglieder unter dem
Vorsitz eines Staatssecretärs und des Schatzkanzlers vom König aus dem Gehei¬
men Rath ernannt werden sollten, während alle Bestimmungen über den Handel
der Gesellschaft überlassen blieben. Er erklärte diese Bill selbst für unvollkom¬
men, setzte aber hinzu, daß jede Art ein solches Reich zu regieren nach der
politischen Theorie irrationell und im besten Falle unbequem für das Mutterland,
hart für die Kolonie sein müsse, und behauptete, daß dies nach sorgfältiger
Prüfung aller Beteiligten die einzige Weise sei. wie sich die Achtung vor
wohlerworbenen Privatrechten mit einer wirklichen Verbesserung der Negierung
vereinigen lasse. Die Maßregel ging mit großer Mehrheit durch, und bis 1858
ist die Regierung Indiens nach Pitts Reform geführt worden.

Die zweite große Aufgabe, die dem jungen Premier oblag, war die Her-
stellung der Finanzen. Die schwebende Schuld war übermäßig angeschwollen,
die Consols standen 66, und trotz des Friedens war ein Deficit von zwei
Millionen Pfd. Se. für das laufende Jahr. Pitt faßte das Uebel an der Wurzel.
Die hohen Zölle hatten einen ungeheuren Schmuggel groß gezogen, vor Allem


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das Vertrauen des Hauses nicht habe. Aber Fox übereilte sich, indem er auf
diese Weise unzweifelhafte Prärogative der Krone in Frage stellte, der König
wies die Adresse zurück und die Opposition verfuhr sich immer mehr in heftigen
Motionen, bei denen ihre Majorität allmälig schmolz, bis sie auf 191 gegen
190 stand. Als Budget und Armee bewilligt waren, löste Pitt das Parla¬
ment auf. Er hatte die öffentliche Stimmung richtig beurtheilt, schon vorher
hatte die City ihm als Demonstration das Ehrenbürgerrecht verliehen, seine
Persönliche Uneigennützigst, mit der er eine vacante Sinekure. die jeder andre
Minister für sich behalten hätte, eingehen lieh, schaffte ihm allgemeine Aner¬
kennung. „Es ist." sagte Jemand, „die Handlung eines Mannes, der fühlt, daß
er aus einem hohen Berge vor den Augen des Landes steht, welches er regieren
soll.« Die Coalition hatte die eifrigsten Tones von North, die eifrigsten
Whigs von Fox entfremdet, und ihre Parteitaktik ward im Volke scharf geta¬
delt, bei den Wahlen verloren sie eine Reihe der wichtigsten Plätze. Vergeblich
trat sogar der Prinz von Wales öffentlich mit Foxs Farben auf, vergeblich
suchte die schöne Herzogin von Devonshire bei den Krämern von Westminster
für den Mann des Volkes zu werben. CVVostmwster goes vir veU, irr
spit^ ok tue vuelress ima dirs otlrer "VVomöir ok elle ?s<)M, schrieb Pitt.)
Bei der Adreßdebatte ward die Opposition mit 282 gegen 114 geschlagen.
Aus diese Mehrheit gestützt, nahm Pitt die schwebenden Angelegenheiten in die
Hand. „Bisher haben wir nur von einem Tag zum andern gelebt." schrieb
er. „jetzt wollen wir die Geschäfte ernstlich anfassen." Er hatte bereits beim
Antritt seines Amtes eine neue Jndiabill entworfen, für welche er die Zustim¬
mung der Eigenthümer und Direktoren gewonnen, er schlug vor. für die poli¬
tische Regierung Indiens einen Rath zu bilden, dessen Mitglieder unter dem
Vorsitz eines Staatssecretärs und des Schatzkanzlers vom König aus dem Gehei¬
men Rath ernannt werden sollten, während alle Bestimmungen über den Handel
der Gesellschaft überlassen blieben. Er erklärte diese Bill selbst für unvollkom¬
men, setzte aber hinzu, daß jede Art ein solches Reich zu regieren nach der
politischen Theorie irrationell und im besten Falle unbequem für das Mutterland,
hart für die Kolonie sein müsse, und behauptete, daß dies nach sorgfältiger
Prüfung aller Beteiligten die einzige Weise sei. wie sich die Achtung vor
wohlerworbenen Privatrechten mit einer wirklichen Verbesserung der Negierung
vereinigen lasse. Die Maßregel ging mit großer Mehrheit durch, und bis 1858
ist die Regierung Indiens nach Pitts Reform geführt worden.

Die zweite große Aufgabe, die dem jungen Premier oblag, war die Her-
stellung der Finanzen. Die schwebende Schuld war übermäßig angeschwollen,
die Consols standen 66, und trotz des Friedens war ein Deficit von zwei
Millionen Pfd. Se. für das laufende Jahr. Pitt faßte das Uebel an der Wurzel.
Die hohen Zölle hatten einen ungeheuren Schmuggel groß gezogen, vor Allem


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[0055] das Vertrauen des Hauses nicht habe. Aber Fox übereilte sich, indem er auf diese Weise unzweifelhafte Prärogative der Krone in Frage stellte, der König wies die Adresse zurück und die Opposition verfuhr sich immer mehr in heftigen Motionen, bei denen ihre Majorität allmälig schmolz, bis sie auf 191 gegen 190 stand. Als Budget und Armee bewilligt waren, löste Pitt das Parla¬ ment auf. Er hatte die öffentliche Stimmung richtig beurtheilt, schon vorher hatte die City ihm als Demonstration das Ehrenbürgerrecht verliehen, seine Persönliche Uneigennützigst, mit der er eine vacante Sinekure. die jeder andre Minister für sich behalten hätte, eingehen lieh, schaffte ihm allgemeine Aner¬ kennung. „Es ist." sagte Jemand, „die Handlung eines Mannes, der fühlt, daß er aus einem hohen Berge vor den Augen des Landes steht, welches er regieren soll.« Die Coalition hatte die eifrigsten Tones von North, die eifrigsten Whigs von Fox entfremdet, und ihre Parteitaktik ward im Volke scharf geta¬ delt, bei den Wahlen verloren sie eine Reihe der wichtigsten Plätze. Vergeblich trat sogar der Prinz von Wales öffentlich mit Foxs Farben auf, vergeblich suchte die schöne Herzogin von Devonshire bei den Krämern von Westminster für den Mann des Volkes zu werben. CVVostmwster goes vir veU, irr spit^ ok tue vuelress ima dirs otlrer "VVomöir ok elle ?s<)M, schrieb Pitt.) Bei der Adreßdebatte ward die Opposition mit 282 gegen 114 geschlagen. Aus diese Mehrheit gestützt, nahm Pitt die schwebenden Angelegenheiten in die Hand. „Bisher haben wir nur von einem Tag zum andern gelebt." schrieb er. „jetzt wollen wir die Geschäfte ernstlich anfassen." Er hatte bereits beim Antritt seines Amtes eine neue Jndiabill entworfen, für welche er die Zustim¬ mung der Eigenthümer und Direktoren gewonnen, er schlug vor. für die poli¬ tische Regierung Indiens einen Rath zu bilden, dessen Mitglieder unter dem Vorsitz eines Staatssecretärs und des Schatzkanzlers vom König aus dem Gehei¬ men Rath ernannt werden sollten, während alle Bestimmungen über den Handel der Gesellschaft überlassen blieben. Er erklärte diese Bill selbst für unvollkom¬ men, setzte aber hinzu, daß jede Art ein solches Reich zu regieren nach der politischen Theorie irrationell und im besten Falle unbequem für das Mutterland, hart für die Kolonie sein müsse, und behauptete, daß dies nach sorgfältiger Prüfung aller Beteiligten die einzige Weise sei. wie sich die Achtung vor wohlerworbenen Privatrechten mit einer wirklichen Verbesserung der Negierung vereinigen lasse. Die Maßregel ging mit großer Mehrheit durch, und bis 1858 ist die Regierung Indiens nach Pitts Reform geführt worden. Die zweite große Aufgabe, die dem jungen Premier oblag, war die Her- stellung der Finanzen. Die schwebende Schuld war übermäßig angeschwollen, die Consols standen 66, und trotz des Friedens war ein Deficit von zwei Millionen Pfd. Se. für das laufende Jahr. Pitt faßte das Uebel an der Wurzel. Die hohen Zölle hatten einen ungeheuren Schmuggel groß gezogen, vor Allem 7*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/55>, abgerufen am 28.09.2024.