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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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eines hierbei ausreichenden, vierzehn Fuß langen Ruders aus Tannenholz nur
zwischen zwölf und dreizehn Pfund beträgt, so hat man nicht nöthig, sich mehr
als einen Ruderer an jedem Nuder sitzend zu deuten. Ja wir lesen bei Thu-
cydides, daß im dritten Winter des peloponnesischen Kriegs die spartanischen
Feldherrn von Korinth aus die Matrosen zu vierzig Schiffen, jede" mit seinem
Ruder, seinem Sitzkissen und seinem Nuderriemen versehen, im Eilmärsche nach
dem megarischen Hafen Niscia beorderten, um dort vierzig Trierer in die See
zu ziehen und den Pircius zu überrumpeln. Da die sämmtlichen Ruder in einer
geraden Linie ins Wasser griffen, so mußten die dem Hauptmaste zunächst sitzen¬
den Ruderer die leichteste Arbeit haben und das Meiste zur Fortbewegung des
Schiffes beitragen, weil ihre Nuder weiter hinein reichten und deshalb wirk¬
samer und leichter zu regieren waren. Dagegen hatten die obersten oder Thra-
nnen jedenfalls wegen des größeren Winkels, den ihre Nuder beschrieben,
schwerere Arbeit und bekamen deshalb auch zuweilen, wie bei der Expedition
nach Sicilien, besondere Gehaltszulagen. Fragt man ferner nach der Zahl der
Ruderer, so hat Böckh nach Inschriften gefunden, daß die regelmäßige Ruderer¬
zahl der obersten Reihe eines Dreideckers 62, in der mittleren und unteren nur je
S4, die Gescnnmtzahl also 170 und mit den Marincsoldaten etwa 200 war, und
damit will auchstimmcn, daß Polybius auf einen Fünfdecker 300 Ruderer rechnet.

Jede Reihe der Ruderer scheint einen besondrer Vorgesetzten gehabt zu
haben. Da aber natürlich Alles darauf ankam, daß die Ruder in gleich¬
mäßigem Takte bewegt wurden, so gab es auf jedem Schiffe einen be¬
sonderen Rudermeister, der neben dem Steuermann sitzend das Tempo angab.
Zu diesem Behufe diente wohl eine Art von Hammer oder Taktirstock in der
Hand desselben, und im "Eselsverkauf" des Plautus sagt deshalb Kleäreta zu
ihrer gesprächigen Tochter: "Ich sott Dir wohl meinen und Deinen Antheil
am Sprechen lassen, und Du willst zum Reden und Schweigen den Taktstock
führen?" worauf die Andere erwidert: "Ja wahrlich, wenn ich mein Ruder
in die Nuderkammer niedergelegt haben werde und nichts mehr thue, dann wird
die ganze Sorge ums Hauswesen auf Dir lasten." Es scheint aber doch, als
ob es viel häufiger vorgekommen sei, daß der Ruderschlag durch die Stimme
des Nuderdirigenten geregelt wurde. Lcnophvn erzählt, daß im Jahre 388
v. Chr. der spartanische Admiral Gorgvpas von Aegina aus einer athenischen
Flotte nach dem Pircius in der Nacht folgte und den Nudermeistern befahl,
anstatt der Stimme durch das Anschlagen mit Steinen den Takt anzugeben,
während die Matrosen durch eine eigenthümliche Drehung der Ruder ebenfalls
lautes Geräusch vermieden. Auch Seneca erwähnt nur der Stimme des
Nuderdirectors, indem er vom lärmvollcn Naja aus schreibt: "Ich habe mich
so an alles Geräusch gewöhnt, daß ich selbst den Rudermeistcr hören kann, der
mit seiner schrillen Stimme den Ruderern den Takt vorschreibt." Zuweilen


eines hierbei ausreichenden, vierzehn Fuß langen Ruders aus Tannenholz nur
zwischen zwölf und dreizehn Pfund beträgt, so hat man nicht nöthig, sich mehr
als einen Ruderer an jedem Nuder sitzend zu deuten. Ja wir lesen bei Thu-
cydides, daß im dritten Winter des peloponnesischen Kriegs die spartanischen
Feldherrn von Korinth aus die Matrosen zu vierzig Schiffen, jede» mit seinem
Ruder, seinem Sitzkissen und seinem Nuderriemen versehen, im Eilmärsche nach
dem megarischen Hafen Niscia beorderten, um dort vierzig Trierer in die See
zu ziehen und den Pircius zu überrumpeln. Da die sämmtlichen Ruder in einer
geraden Linie ins Wasser griffen, so mußten die dem Hauptmaste zunächst sitzen¬
den Ruderer die leichteste Arbeit haben und das Meiste zur Fortbewegung des
Schiffes beitragen, weil ihre Nuder weiter hinein reichten und deshalb wirk¬
samer und leichter zu regieren waren. Dagegen hatten die obersten oder Thra-
nnen jedenfalls wegen des größeren Winkels, den ihre Nuder beschrieben,
schwerere Arbeit und bekamen deshalb auch zuweilen, wie bei der Expedition
nach Sicilien, besondere Gehaltszulagen. Fragt man ferner nach der Zahl der
Ruderer, so hat Böckh nach Inschriften gefunden, daß die regelmäßige Ruderer¬
zahl der obersten Reihe eines Dreideckers 62, in der mittleren und unteren nur je
S4, die Gescnnmtzahl also 170 und mit den Marincsoldaten etwa 200 war, und
damit will auchstimmcn, daß Polybius auf einen Fünfdecker 300 Ruderer rechnet.

Jede Reihe der Ruderer scheint einen besondrer Vorgesetzten gehabt zu
haben. Da aber natürlich Alles darauf ankam, daß die Ruder in gleich¬
mäßigem Takte bewegt wurden, so gab es auf jedem Schiffe einen be¬
sonderen Rudermeister, der neben dem Steuermann sitzend das Tempo angab.
Zu diesem Behufe diente wohl eine Art von Hammer oder Taktirstock in der
Hand desselben, und im „Eselsverkauf" des Plautus sagt deshalb Kleäreta zu
ihrer gesprächigen Tochter: „Ich sott Dir wohl meinen und Deinen Antheil
am Sprechen lassen, und Du willst zum Reden und Schweigen den Taktstock
führen?" worauf die Andere erwidert: „Ja wahrlich, wenn ich mein Ruder
in die Nuderkammer niedergelegt haben werde und nichts mehr thue, dann wird
die ganze Sorge ums Hauswesen auf Dir lasten." Es scheint aber doch, als
ob es viel häufiger vorgekommen sei, daß der Ruderschlag durch die Stimme
des Nuderdirigenten geregelt wurde. Lcnophvn erzählt, daß im Jahre 388
v. Chr. der spartanische Admiral Gorgvpas von Aegina aus einer athenischen
Flotte nach dem Pircius in der Nacht folgte und den Nudermeistern befahl,
anstatt der Stimme durch das Anschlagen mit Steinen den Takt anzugeben,
während die Matrosen durch eine eigenthümliche Drehung der Ruder ebenfalls
lautes Geräusch vermieden. Auch Seneca erwähnt nur der Stimme des
Nuderdirectors, indem er vom lärmvollcn Naja aus schreibt: „Ich habe mich
so an alles Geräusch gewöhnt, daß ich selbst den Rudermeistcr hören kann, der
mit seiner schrillen Stimme den Ruderern den Takt vorschreibt." Zuweilen


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[0024] eines hierbei ausreichenden, vierzehn Fuß langen Ruders aus Tannenholz nur zwischen zwölf und dreizehn Pfund beträgt, so hat man nicht nöthig, sich mehr als einen Ruderer an jedem Nuder sitzend zu deuten. Ja wir lesen bei Thu- cydides, daß im dritten Winter des peloponnesischen Kriegs die spartanischen Feldherrn von Korinth aus die Matrosen zu vierzig Schiffen, jede» mit seinem Ruder, seinem Sitzkissen und seinem Nuderriemen versehen, im Eilmärsche nach dem megarischen Hafen Niscia beorderten, um dort vierzig Trierer in die See zu ziehen und den Pircius zu überrumpeln. Da die sämmtlichen Ruder in einer geraden Linie ins Wasser griffen, so mußten die dem Hauptmaste zunächst sitzen¬ den Ruderer die leichteste Arbeit haben und das Meiste zur Fortbewegung des Schiffes beitragen, weil ihre Nuder weiter hinein reichten und deshalb wirk¬ samer und leichter zu regieren waren. Dagegen hatten die obersten oder Thra- nnen jedenfalls wegen des größeren Winkels, den ihre Nuder beschrieben, schwerere Arbeit und bekamen deshalb auch zuweilen, wie bei der Expedition nach Sicilien, besondere Gehaltszulagen. Fragt man ferner nach der Zahl der Ruderer, so hat Böckh nach Inschriften gefunden, daß die regelmäßige Ruderer¬ zahl der obersten Reihe eines Dreideckers 62, in der mittleren und unteren nur je S4, die Gescnnmtzahl also 170 und mit den Marincsoldaten etwa 200 war, und damit will auchstimmcn, daß Polybius auf einen Fünfdecker 300 Ruderer rechnet. Jede Reihe der Ruderer scheint einen besondrer Vorgesetzten gehabt zu haben. Da aber natürlich Alles darauf ankam, daß die Ruder in gleich¬ mäßigem Takte bewegt wurden, so gab es auf jedem Schiffe einen be¬ sonderen Rudermeister, der neben dem Steuermann sitzend das Tempo angab. Zu diesem Behufe diente wohl eine Art von Hammer oder Taktirstock in der Hand desselben, und im „Eselsverkauf" des Plautus sagt deshalb Kleäreta zu ihrer gesprächigen Tochter: „Ich sott Dir wohl meinen und Deinen Antheil am Sprechen lassen, und Du willst zum Reden und Schweigen den Taktstock führen?" worauf die Andere erwidert: „Ja wahrlich, wenn ich mein Ruder in die Nuderkammer niedergelegt haben werde und nichts mehr thue, dann wird die ganze Sorge ums Hauswesen auf Dir lasten." Es scheint aber doch, als ob es viel häufiger vorgekommen sei, daß der Ruderschlag durch die Stimme des Nuderdirigenten geregelt wurde. Lcnophvn erzählt, daß im Jahre 388 v. Chr. der spartanische Admiral Gorgvpas von Aegina aus einer athenischen Flotte nach dem Pircius in der Nacht folgte und den Nudermeistern befahl, anstatt der Stimme durch das Anschlagen mit Steinen den Takt anzugeben, während die Matrosen durch eine eigenthümliche Drehung der Ruder ebenfalls lautes Geräusch vermieden. Auch Seneca erwähnt nur der Stimme des Nuderdirectors, indem er vom lärmvollcn Naja aus schreibt: „Ich habe mich so an alles Geräusch gewöhnt, daß ich selbst den Rudermeistcr hören kann, der mit seiner schrillen Stimme den Ruderern den Takt vorschreibt." Zuweilen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/24>, abgerufen am 19.10.2024.