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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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indem er die aus dem Ertrage der lauriotischen Silberbergwerke fliehende
Staatseinnahme, die vorher von Zeit zu Zeit durch Volksbeschluß unter die
Bürger vertheilt worden war, zum Neubau von jährlich zwanzig Schiffen und
Zur allgemeinen Vermehrung der Kriegsmarine verwenden ließ. So kam es,
daß unter den 271 hellenischen Kriegsschiffen bei Artemisium 127, unter den
378 Galeeren in der Schlacht bei Salamis 200 ätherische Dreidecker waren.
Die Einrichtung der Trierer und überhaupt der Schiffe höheren Rangs ist
streitig, weil theils keine vollständige Schilderung derselben bei irgend einem alten
Schriftsteller vorliegt, theils die vorhandenen bildlichen Darstellungen aller Perspec-
tive ermangeln und größtentheils nur als Nebenwerk erscheinen, theils die Ge¬
lehrten ohne nautische Sachkenntniß die wunderlichsten Hypothesen aufgestellt
haben. Die genaueste Berechnung, verbunden mit sorgfältiger Vergleichung der
Monumente mit den zerstreuten Andeutungen der Autoren, hat jedoch ergeben,
daß unter den fünf bis acht abweichenden Erklärungen diejenige unbedingt den Vor¬
zug verdient, welche unter einer Tnere ein Kriegsschiff versteht, in welchem der
ganzen Länge des Schiffes nach zu beiden Seiten drei Reihen Ruderer über ein-
ander saßen. "Dreidecker" nennen wir ein solches Schiff nur Vergleichungsweise
und in Ermangelung eines besseren Ausdrucks. Es hatte nur ein Verdeck, und nach
Thucydides reichte in der Zeit der Perserkriege nicht einmal dieses über dae-
ganze Schiff hinweg. Wahrscheinlich arbeitete nur die unterste Rudererreihe (die
Thalamiten) aus einer Plattform unter dem Verdecke, die mittlere, (die Zeugiten)
"uf dem Verdecke selbst, die oberste (die Thrannen) entweder ebenfalls dort, aber
auf höheren Bänken oder auf einem oberhalb des Verdeckes um den erhöhten
Bord laufenden Gang. Möglicherweise befanden sich auch alle drei Reihen
oberhalb des Verdeckes und waren, wie zwei alte Abbildungen deutlich zeigen,
selbst wieder durch eine, für die Kämpfer bestimmte, außen um das Schiff lau¬
fende Plattform, unter der die Ruderer dann saßen, gedeckt und überdacht.
Obgleich natürlich die Länge und folglich auch das Gewicht der Nuder zunehmen
wußte, je höher sie über einander angebracht waren, so schwindet doch diese
Schwierigkeit bedeutend, wenn man bedenkt, daß die Nuderlöcher nicht vertikal
unter einander standen, sondern, wie auch die Bildwerke bezeugen, in Linien,
d'e Vom Vordertheil nach hinten zu schräg abfielen. Nach praktischen Versuchen be¬
dürfte es nur eines Abstandes von 3'/- Fuß. um den in horizontalen Reihen
sitzenden Ruderern genug Spielraum zu verschaffen. Noch viel geringer ist die
"öthigc Differenz für das Unter- und Ucbereinander. und man nimmt an, daß
über dem vordersten Rojer der untersten Reihe der erste Mann der zweiten
Reihe nur vierzehn Zoll näher dem Vordertheile und vierzehn Zoll höher als je¬
ner unterste Flügelmann sein Nuderloch zu haben brauchte u. s. w. Wenn
also die unterste Ruderreide ungefähr zwei Fuß über dem Wasserspiegel lag, so
war die Differenz der obersten von ihr doch nur drei Fuß. und da das Gewicht


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indem er die aus dem Ertrage der lauriotischen Silberbergwerke fliehende
Staatseinnahme, die vorher von Zeit zu Zeit durch Volksbeschluß unter die
Bürger vertheilt worden war, zum Neubau von jährlich zwanzig Schiffen und
Zur allgemeinen Vermehrung der Kriegsmarine verwenden ließ. So kam es,
daß unter den 271 hellenischen Kriegsschiffen bei Artemisium 127, unter den
378 Galeeren in der Schlacht bei Salamis 200 ätherische Dreidecker waren.
Die Einrichtung der Trierer und überhaupt der Schiffe höheren Rangs ist
streitig, weil theils keine vollständige Schilderung derselben bei irgend einem alten
Schriftsteller vorliegt, theils die vorhandenen bildlichen Darstellungen aller Perspec-
tive ermangeln und größtentheils nur als Nebenwerk erscheinen, theils die Ge¬
lehrten ohne nautische Sachkenntniß die wunderlichsten Hypothesen aufgestellt
haben. Die genaueste Berechnung, verbunden mit sorgfältiger Vergleichung der
Monumente mit den zerstreuten Andeutungen der Autoren, hat jedoch ergeben,
daß unter den fünf bis acht abweichenden Erklärungen diejenige unbedingt den Vor¬
zug verdient, welche unter einer Tnere ein Kriegsschiff versteht, in welchem der
ganzen Länge des Schiffes nach zu beiden Seiten drei Reihen Ruderer über ein-
ander saßen. „Dreidecker" nennen wir ein solches Schiff nur Vergleichungsweise
und in Ermangelung eines besseren Ausdrucks. Es hatte nur ein Verdeck, und nach
Thucydides reichte in der Zeit der Perserkriege nicht einmal dieses über dae-
ganze Schiff hinweg. Wahrscheinlich arbeitete nur die unterste Rudererreihe (die
Thalamiten) aus einer Plattform unter dem Verdecke, die mittlere, (die Zeugiten)
»uf dem Verdecke selbst, die oberste (die Thrannen) entweder ebenfalls dort, aber
auf höheren Bänken oder auf einem oberhalb des Verdeckes um den erhöhten
Bord laufenden Gang. Möglicherweise befanden sich auch alle drei Reihen
oberhalb des Verdeckes und waren, wie zwei alte Abbildungen deutlich zeigen,
selbst wieder durch eine, für die Kämpfer bestimmte, außen um das Schiff lau¬
fende Plattform, unter der die Ruderer dann saßen, gedeckt und überdacht.
Obgleich natürlich die Länge und folglich auch das Gewicht der Nuder zunehmen
wußte, je höher sie über einander angebracht waren, so schwindet doch diese
Schwierigkeit bedeutend, wenn man bedenkt, daß die Nuderlöcher nicht vertikal
unter einander standen, sondern, wie auch die Bildwerke bezeugen, in Linien,
d'e Vom Vordertheil nach hinten zu schräg abfielen. Nach praktischen Versuchen be¬
dürfte es nur eines Abstandes von 3'/- Fuß. um den in horizontalen Reihen
sitzenden Ruderern genug Spielraum zu verschaffen. Noch viel geringer ist die
"öthigc Differenz für das Unter- und Ucbereinander. und man nimmt an, daß
über dem vordersten Rojer der untersten Reihe der erste Mann der zweiten
Reihe nur vierzehn Zoll näher dem Vordertheile und vierzehn Zoll höher als je¬
ner unterste Flügelmann sein Nuderloch zu haben brauchte u. s. w. Wenn
also die unterste Ruderreide ungefähr zwei Fuß über dem Wasserspiegel lag, so
war die Differenz der obersten von ihr doch nur drei Fuß. und da das Gewicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/23>, abgerufen am 19.10.2024.