Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.wiesen, als man zu Anfang und noch im zweiten Jahre des Kampfes glauben Auch die ungeheure Corruption, welche nach den Berichten englischer und Und nun zu unsern statistischen Wahrheiten**). Die Vereinigten Staaten wer¬ ') Ersterer war nie in Amerika, letzterer nie weit über Neuyork hinaus. ") Vgl- zum Folgenden: "Land und Leute in der Union". Von Adolf Douai.
Berlin, 1864. Otto Janke. Ein Buch, welches wir hier vorzugsweise benutzen. wiesen, als man zu Anfang und noch im zweiten Jahre des Kampfes glauben Auch die ungeheure Corruption, welche nach den Berichten englischer und Und nun zu unsern statistischen Wahrheiten**). Die Vereinigten Staaten wer¬ ') Ersterer war nie in Amerika, letzterer nie weit über Neuyork hinaus. ") Vgl- zum Folgenden: „Land und Leute in der Union". Von Adolf Douai.
Berlin, 1864. Otto Janke. Ein Buch, welches wir hier vorzugsweise benutzen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0490" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116418"/> <p xml:id="ID_1624" prev="#ID_1623"> wiesen, als man zu Anfang und noch im zweiten Jahre des Kampfes glauben<lb/> konnte. Die Krisis wird jedenfalls überstanden werden, und wenn nicht Alles<lb/> täuscht, werden auch ihre Nachwehen rasch, wenngleich schwerlich so rasch und<lb/> leicht, als Mancher hoffen mag. Heilung finden. Das Bürgerthum des Nor¬<lb/> dens und Westens wird den südlichen Pflanzeradel bändigen, den überall ge¬<lb/> weckten soldatischen Geist für innere Fragen unschädlich machen, die Republik<lb/> — darüber ist jetzt kein Zweifel mehr gestattet — wurzelt tief und fest im<lb/> Volke.</p><lb/> <p xml:id="ID_1625"> Auch die ungeheure Corruption, welche nach den Berichten englischer und<lb/> deutscher Schriftsteller in allen Classen der Amerikaner herrschen soll, erweckt<lb/> uns weniger Bedenken als andern Beobachtern dieser Welt. Die Schilderungen<lb/> dieser Verderbniß, die wir in den letzten Jahren erhalten haben, sind zum nicht<lb/> geringen Theil übertrieben. Die Reisenden, die sie lieferten, schlössen von<lb/> einigen großen Städten und von der Mischbevölkerung an den Hauptverkehrs¬<lb/> straßen auf die ganze Nation. Die Zeitungen Amerikas, aus denen Ethno¬<lb/> graphen einer gewissen viclschreibcnden Klasse, z. B. Herr Karl Andree und<lb/> Herr Eduard Pelz") den besten Theil des Holzes holen, mit dem sie das Feuer<lb/> ihrer sittlichen Entrüstung über die Aankees nähren, strotzen als Parteiblätter<lb/> von Uebertreibungen und offenbaren Tendenzlügen. Was nach Abzug alles<lb/> dessen, wovon ein gerechtes Urtheil abzusehen hat, von jener Corruption blei¬<lb/> ben wird, ist immer noch sehr unbehaglich, unreinlich und unschön. Aber man<lb/> gebe uns eine jährliche Einwanderung von etlichen Hundert schlechter Subjecte,<lb/> wie sie der Union zuströmt, man nehme uns unsere Polizei, und wir werden<lb/> nur noch wenig Ursache haben, mit der cisatlantischen Sittlichkeit der trans¬<lb/> atlantischen gegenüber zu prahlen. Man schaffe uns eine Presse, die sich nicht<lb/> Schweigen aufzuerlegen braucht, wenn es Unsauberkeiten in höhern Sphären zu<lb/> rügen gilt, und man wird mit Nichten mehr behaupten dürfen, daß blos ame¬<lb/> rikanische Minister schmutzige Hände haben können. Man berechne sich die Mil¬<lb/> lionen trunksüchtiger, liederlicher, verkommner Jrländer, welche die letzten drei¬<lb/> ßig Jahre nach den amerikanischen Gestaden geworfen haben, und von denen<lb/> die große Mehrzahl sich hier in leidlich gesittete Menschen verwandelt hat, und<lb/> man wird trotz Allem, was mangelt, eher Respect als Abneigung vor dem hie¬<lb/> sigen Klima in seiner Einwirkung auf den Charakter empfinden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1626" next="#ID_1627"> Und nun zu unsern statistischen Wahrheiten**). Die Vereinigten Staaten wer¬<lb/> den , vorausgesetzt, daß ihre Bevölkerung in demselben Verhältniß zuzunehmen<lb/> fortfährt, wie in den letzten sieben Decennien, in hundert Jahren von jetzt</p><lb/> <note xml:id="FID_39" place="foot"> ') Ersterer war nie in Amerika, letzterer nie weit über Neuyork hinaus.</note><lb/> <note xml:id="FID_40" place="foot"> ") Vgl- zum Folgenden: „Land und Leute in der Union". Von Adolf Douai.<lb/> Berlin, 1864. Otto Janke. Ein Buch, welches wir hier vorzugsweise benutzen.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0490]
wiesen, als man zu Anfang und noch im zweiten Jahre des Kampfes glauben
konnte. Die Krisis wird jedenfalls überstanden werden, und wenn nicht Alles
täuscht, werden auch ihre Nachwehen rasch, wenngleich schwerlich so rasch und
leicht, als Mancher hoffen mag. Heilung finden. Das Bürgerthum des Nor¬
dens und Westens wird den südlichen Pflanzeradel bändigen, den überall ge¬
weckten soldatischen Geist für innere Fragen unschädlich machen, die Republik
— darüber ist jetzt kein Zweifel mehr gestattet — wurzelt tief und fest im
Volke.
Auch die ungeheure Corruption, welche nach den Berichten englischer und
deutscher Schriftsteller in allen Classen der Amerikaner herrschen soll, erweckt
uns weniger Bedenken als andern Beobachtern dieser Welt. Die Schilderungen
dieser Verderbniß, die wir in den letzten Jahren erhalten haben, sind zum nicht
geringen Theil übertrieben. Die Reisenden, die sie lieferten, schlössen von
einigen großen Städten und von der Mischbevölkerung an den Hauptverkehrs¬
straßen auf die ganze Nation. Die Zeitungen Amerikas, aus denen Ethno¬
graphen einer gewissen viclschreibcnden Klasse, z. B. Herr Karl Andree und
Herr Eduard Pelz") den besten Theil des Holzes holen, mit dem sie das Feuer
ihrer sittlichen Entrüstung über die Aankees nähren, strotzen als Parteiblätter
von Uebertreibungen und offenbaren Tendenzlügen. Was nach Abzug alles
dessen, wovon ein gerechtes Urtheil abzusehen hat, von jener Corruption blei¬
ben wird, ist immer noch sehr unbehaglich, unreinlich und unschön. Aber man
gebe uns eine jährliche Einwanderung von etlichen Hundert schlechter Subjecte,
wie sie der Union zuströmt, man nehme uns unsere Polizei, und wir werden
nur noch wenig Ursache haben, mit der cisatlantischen Sittlichkeit der trans¬
atlantischen gegenüber zu prahlen. Man schaffe uns eine Presse, die sich nicht
Schweigen aufzuerlegen braucht, wenn es Unsauberkeiten in höhern Sphären zu
rügen gilt, und man wird mit Nichten mehr behaupten dürfen, daß blos ame¬
rikanische Minister schmutzige Hände haben können. Man berechne sich die Mil¬
lionen trunksüchtiger, liederlicher, verkommner Jrländer, welche die letzten drei¬
ßig Jahre nach den amerikanischen Gestaden geworfen haben, und von denen
die große Mehrzahl sich hier in leidlich gesittete Menschen verwandelt hat, und
man wird trotz Allem, was mangelt, eher Respect als Abneigung vor dem hie¬
sigen Klima in seiner Einwirkung auf den Charakter empfinden.
Und nun zu unsern statistischen Wahrheiten**). Die Vereinigten Staaten wer¬
den , vorausgesetzt, daß ihre Bevölkerung in demselben Verhältniß zuzunehmen
fortfährt, wie in den letzten sieben Decennien, in hundert Jahren von jetzt
') Ersterer war nie in Amerika, letzterer nie weit über Neuyork hinaus.
") Vgl- zum Folgenden: „Land und Leute in der Union". Von Adolf Douai.
Berlin, 1864. Otto Janke. Ein Buch, welches wir hier vorzugsweise benutzen.
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