Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.scharfer Betonung des friedlichen Zweckes in einem öffentlichen Vertrage nieder¬ So war also, als Duroc am 1. September in Berlin eintraf, die Aussicht scharfer Betonung des friedlichen Zweckes in einem öffentlichen Vertrage nieder¬ So war also, als Duroc am 1. September in Berlin eintraf, die Aussicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0421" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116349"/> <p xml:id="ID_1397" prev="#ID_1396"> scharfer Betonung des friedlichen Zweckes in einem öffentlichen Vertrage nieder¬<lb/> gelegt zu sehen, während die aus die Abtretung Hannovers bezüglichen Bestim¬<lb/> mungen in einem geheimen Abkommen ihre Stelle finden sollten. Einen be¬<lb/> deutenden Eindruck mußte es machen, daß auch der Herzog von Braunschweig<lb/> in einer Conferenz zu Halberstadt (22. August) sich Hardenberg gegenüber ent¬<lb/> schieden für die Erwerbung Hannovers aussprach, wobei er, gegen eine Grenz-<lb/> abrundung, sich bereit erklärte, eine Uebereinkunft mit Preußen zu schließen,<lb/> wodurch dieses die Militärgewalt im ganzen Herzogthum erhielte, mithin dieses<lb/> einen Theil der Monarchie ausmachen würde. Da auch Hardenberg sich für<lb/> die Erwerbung Hannovers ausgesprochen hatte, so war wohl einige Aussicht,<lb/> daß die Bedenken des Königs gegen eine Annäherung an Frankreich überwunden<lb/> worden wären, wenn nicht Haugwitz, der im Jahre 1804 von den Geschäften<lb/> entfernt worden war, aus seiner Zurückgezogenheit dem König ein Gutachten<lb/> eingereicht hätte, indem er dringend vor dem Abschlüsse eines Vertrages, wie<lb/> die Franzosen ihn vorgelegt hatten, warnte. Eine Alliance mit Frankreich sei<lb/> in diesem Augenblicke so viel wie der Krieg. Hauffer irrt wohl nicht, wenn<lb/> er glaubt, daß Haugwitz mit diesem Rathschläge den innersten Gedanken des<lb/> Königs entgegengekommen sei, der aus Friedensliebe wie aus moralischen Be¬<lb/> denken gleich sehr dem kühnen Entschlüsse widerstrebte, zu dem Hardenberg ihn<lb/> bewegen wollte. Sehr klar geht dies daraus hervor, daß in Folge seines Rath¬<lb/> schlages Haugwitz wieder in seine Stellung als Minister zurückkehrte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1398" next="#ID_1399"> So war also, als Duroc am 1. September in Berlin eintraf, die Aussicht<lb/> auf ein französisches Bündniß bereis wieder im Verschwinden begriffen: nicbt<lb/> als ob der König jede nähere Verbindung mit Frankreich zurückgewiesen hätte,<lb/> aber über den Charakter der beabsichtigten Annäherung wich seine und der Fran¬<lb/> zosen Ansicht so weit ab, daß eine Vereinigung eine Unmöglichkeit schien. Für<lb/> Friedrich Wilhelm den Dritten hatte eine Verbindung mit Frankreich nur in¬<lb/> sofern Werth, als sie ein Mittel werden konnte, den allgemeinen Frieden zu<lb/> erhalten. Napoleon dagegen, der mit vollem Rechte von der Unmöglichkeit<lb/> einer Erhaltung des Friedens überzeugt war, wollte eben ein Schutz- und<lb/> TrutMndniß zu dem Zwecke des Krieges, was er auch offen genug aussprach.<lb/> Ein mißlungener Versuch, in Wien einer friedlichen Stimmung die Wege zu<lb/> bahnen, bewies dem preußischen Cabincte hinlänglich, daß"alle Aussichten aus<lb/> Erhaltung des Friedens geschwunden seien. Das Ueberschreiten des Jnn durch<lb/> die Oestreicher konnte nicht anders als eine Kriegserklärung aufgefaßt werden.<lb/> Je näher aber die Kriegsgefahr rückte, um so lebhafter wurden auch die Ver¬<lb/> suche Rußlands und Oestreichs, Preußen für die Coalition zu gewinnen. In¬<lb/> dessen, auch ganz abgesehen von der principiellen Vorliebe Preußens für die<lb/> lange festgehaltene Neutralität, ließ sich nicht verkennen, daß die Zustände Oest¬<lb/> reichs wenig einladend waren für eine Verbindung mit diesem Staate. Selbst</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0421]
scharfer Betonung des friedlichen Zweckes in einem öffentlichen Vertrage nieder¬
gelegt zu sehen, während die aus die Abtretung Hannovers bezüglichen Bestim¬
mungen in einem geheimen Abkommen ihre Stelle finden sollten. Einen be¬
deutenden Eindruck mußte es machen, daß auch der Herzog von Braunschweig
in einer Conferenz zu Halberstadt (22. August) sich Hardenberg gegenüber ent¬
schieden für die Erwerbung Hannovers aussprach, wobei er, gegen eine Grenz-
abrundung, sich bereit erklärte, eine Uebereinkunft mit Preußen zu schließen,
wodurch dieses die Militärgewalt im ganzen Herzogthum erhielte, mithin dieses
einen Theil der Monarchie ausmachen würde. Da auch Hardenberg sich für
die Erwerbung Hannovers ausgesprochen hatte, so war wohl einige Aussicht,
daß die Bedenken des Königs gegen eine Annäherung an Frankreich überwunden
worden wären, wenn nicht Haugwitz, der im Jahre 1804 von den Geschäften
entfernt worden war, aus seiner Zurückgezogenheit dem König ein Gutachten
eingereicht hätte, indem er dringend vor dem Abschlüsse eines Vertrages, wie
die Franzosen ihn vorgelegt hatten, warnte. Eine Alliance mit Frankreich sei
in diesem Augenblicke so viel wie der Krieg. Hauffer irrt wohl nicht, wenn
er glaubt, daß Haugwitz mit diesem Rathschläge den innersten Gedanken des
Königs entgegengekommen sei, der aus Friedensliebe wie aus moralischen Be¬
denken gleich sehr dem kühnen Entschlüsse widerstrebte, zu dem Hardenberg ihn
bewegen wollte. Sehr klar geht dies daraus hervor, daß in Folge seines Rath¬
schlages Haugwitz wieder in seine Stellung als Minister zurückkehrte.
So war also, als Duroc am 1. September in Berlin eintraf, die Aussicht
auf ein französisches Bündniß bereis wieder im Verschwinden begriffen: nicbt
als ob der König jede nähere Verbindung mit Frankreich zurückgewiesen hätte,
aber über den Charakter der beabsichtigten Annäherung wich seine und der Fran¬
zosen Ansicht so weit ab, daß eine Vereinigung eine Unmöglichkeit schien. Für
Friedrich Wilhelm den Dritten hatte eine Verbindung mit Frankreich nur in¬
sofern Werth, als sie ein Mittel werden konnte, den allgemeinen Frieden zu
erhalten. Napoleon dagegen, der mit vollem Rechte von der Unmöglichkeit
einer Erhaltung des Friedens überzeugt war, wollte eben ein Schutz- und
TrutMndniß zu dem Zwecke des Krieges, was er auch offen genug aussprach.
Ein mißlungener Versuch, in Wien einer friedlichen Stimmung die Wege zu
bahnen, bewies dem preußischen Cabincte hinlänglich, daß"alle Aussichten aus
Erhaltung des Friedens geschwunden seien. Das Ueberschreiten des Jnn durch
die Oestreicher konnte nicht anders als eine Kriegserklärung aufgefaßt werden.
Je näher aber die Kriegsgefahr rückte, um so lebhafter wurden auch die Ver¬
suche Rußlands und Oestreichs, Preußen für die Coalition zu gewinnen. In¬
dessen, auch ganz abgesehen von der principiellen Vorliebe Preußens für die
lange festgehaltene Neutralität, ließ sich nicht verkennen, daß die Zustände Oest¬
reichs wenig einladend waren für eine Verbindung mit diesem Staate. Selbst
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