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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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so kommt auch die Entschädigung in Geld, die oft gerade zum Keim neuer Thä¬
tigkeit und weiteren Fortschrittes wird. Von der früheren Unsicherheit aber
hat das landwirtschaftliche Gewerbe nur noch wenig behalten, und sie ist kein
Grund mehr, ihm Capitale zu entfremden.




Friedrich Prellers Odysseelmidschasten*).

Schon oft und nicht ohne den Ausdruck der Besorgnis; für das Gedeihen
und die Weiterentwickelung unserer Kunst ist von einem entschiedenen Vorherr¬
schen der Landschaft in der Gegenwart die Rede gewesen. Die daran sich knü¬
pfende Besorgnis; ist um so gerechter als unter jenem Vorherrschen durchaus
nur ein numerisches verstanden sein kann, dem es auf der anderen Seite entspricht,
wenn Einsicht und Neigung des Publicums vorzugsweise diesem Zweige der Kunst
sich zuwenden. Jedenfalls kann davon die Rede nicht sein, daß die Landschaft die
mächtigeren, die tieferen Talente und diese in größerer Zahl unter ihren Vertretern
auszuweisen hätte, als andere Zweige der Malerei, als vor Allem die Historie.
Vielmehr herrscht hier wie in allen Gebieten der Kunst eine Durchschnittsmlttel-
mäßigkeit, und wenn wir auf die letzten zwanzig Jahre zurückblicken, so begegnen
wir verhältnißmäßig einer erschreckend geringen Anzahl landschaftlicher Bilder, de¬
ren Existenz wir als einen wirtlichen Gewinn für unsere Kunst und demgemäß für
unser gesäumtes geistiges Leben betrachten dürften. Ueberraschend schnell hat
sich ein gewisses landschaftliches können, d. i. eine gewisse Fertigkeit, die Natur
in Form und Farbe einigermaßen charakteristisch nachzubilden, selbst in die
Kreise der Dilettanten hineinvcrbreitet, in denen dagegen leider Lust und Ue¬
bung im Porträtiren und Geschick für ornamentale Arrangements ausgestorben
sind oder wenigstens noch immer schlafen. Aber diese Fertigkeit, welche man
der Mehrzahl unserer heutigen "Landschafter" nicht absprechen kann, will doch
im Grunde den höheren Forderungen der Kunst gegenüber wenig sagen; sie
wird reichlich aufgewogen durch einen Mangel an tieferer Naturkenntniß, an



D. Red.
^) Dieses Werk, dessen VefH eine Ehre jeder öffentlichen Kunstsammlung sein würde,
war im vorige" Monat in unsrer Stadt ausgestellt. Eine eingehende ästhetische und kunst-
geschichtliche Würdigung findet es in der Schrift von R.Schöne: Prellers Odyssee-Landschaften
lLeipzig, Breitkopf L Härtelj, deren Lectüre wir jedem Kunstfreunde angelegentlich empfehlen.

so kommt auch die Entschädigung in Geld, die oft gerade zum Keim neuer Thä¬
tigkeit und weiteren Fortschrittes wird. Von der früheren Unsicherheit aber
hat das landwirtschaftliche Gewerbe nur noch wenig behalten, und sie ist kein
Grund mehr, ihm Capitale zu entfremden.




Friedrich Prellers Odysseelmidschasten*).

Schon oft und nicht ohne den Ausdruck der Besorgnis; für das Gedeihen
und die Weiterentwickelung unserer Kunst ist von einem entschiedenen Vorherr¬
schen der Landschaft in der Gegenwart die Rede gewesen. Die daran sich knü¬
pfende Besorgnis; ist um so gerechter als unter jenem Vorherrschen durchaus
nur ein numerisches verstanden sein kann, dem es auf der anderen Seite entspricht,
wenn Einsicht und Neigung des Publicums vorzugsweise diesem Zweige der Kunst
sich zuwenden. Jedenfalls kann davon die Rede nicht sein, daß die Landschaft die
mächtigeren, die tieferen Talente und diese in größerer Zahl unter ihren Vertretern
auszuweisen hätte, als andere Zweige der Malerei, als vor Allem die Historie.
Vielmehr herrscht hier wie in allen Gebieten der Kunst eine Durchschnittsmlttel-
mäßigkeit, und wenn wir auf die letzten zwanzig Jahre zurückblicken, so begegnen
wir verhältnißmäßig einer erschreckend geringen Anzahl landschaftlicher Bilder, de¬
ren Existenz wir als einen wirtlichen Gewinn für unsere Kunst und demgemäß für
unser gesäumtes geistiges Leben betrachten dürften. Ueberraschend schnell hat
sich ein gewisses landschaftliches können, d. i. eine gewisse Fertigkeit, die Natur
in Form und Farbe einigermaßen charakteristisch nachzubilden, selbst in die
Kreise der Dilettanten hineinvcrbreitet, in denen dagegen leider Lust und Ue¬
bung im Porträtiren und Geschick für ornamentale Arrangements ausgestorben
sind oder wenigstens noch immer schlafen. Aber diese Fertigkeit, welche man
der Mehrzahl unserer heutigen „Landschafter" nicht absprechen kann, will doch
im Grunde den höheren Forderungen der Kunst gegenüber wenig sagen; sie
wird reichlich aufgewogen durch einen Mangel an tieferer Naturkenntniß, an



D. Red.
^) Dieses Werk, dessen VefH eine Ehre jeder öffentlichen Kunstsammlung sein würde,
war im vorige» Monat in unsrer Stadt ausgestellt. Eine eingehende ästhetische und kunst-
geschichtliche Würdigung findet es in der Schrift von R.Schöne: Prellers Odyssee-Landschaften
lLeipzig, Breitkopf L Härtelj, deren Lectüre wir jedem Kunstfreunde angelegentlich empfehlen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/388>, abgerufen am 15.01.2025.