ertrage hat es noch eine unklare Vorstellung, Auch ist er in der That anfangs gering, bis erst spater die Technik (Pistorius) und wieder die Chemie das doppelte und dreifache Quantum gewinnen lehrte. Insbesondere zwang (1821) die Aenderung der bisherigen Materialstcucr und des Blasenzinses in eine Steuer vom Gährraumc -- Maischsteuer -- zum Verwerthen dieses Raumes, und die Kartoffeln genießen seitdem von Seiten der Gesetzgebung ein Monopol. Die Einführung vortrefflicher Destillativnsapparate, welche direct aus der Maische einen hochgradigen Spiritus zogen und Dickmaijche" gestatteten, kam wesentlich der Kartvffelbrcnnerei und den entlegenen Gegenden zu Gute, die ihr Rohproduct bisher hatten weit zum Markte führen müssen. Man bedenke, daß, wo der Morgen Ackerfläche 100 Theile Spiritus aus Weizen producirt, er aus Korn 77,7, aus Gerste 71,6, aus Hafer 60,6 aus Kartoffeln aber mindestens 200 Theile, unter Umständen bis 300 Theile Spintus bringt.
Nicht minder ward die Schafzucht diesen ärmeren Gegenden zur Quelle des Wohlstands. Nach den Freiheitskriegen hatte das unselige Verbot der Wollausfuhr aufgehört. Noch von Paris aus schickte Preußens König edle Schafe, die er in Frankreichs wenigen Stammschäfereien aufkaufen ließ, nach der Mark Brandenburg. Alsbald entwickelte sich eine bedeutende Schaf- und Wollkenntniß unter den Landwirthen, zu welcher Thaer wiederum praktische An¬ leitung gab. In Möglin gründete er eine Stammschäferei, die noch in unseren Tagen eine der berühmtesten ist und sich von 1820 an eines bedeutenden ein¬ träglichen Zuchtviehverkaufs erfreute. Thaer hatte die WoMunde zu seinem Lieblingsstudium erkoren; die Zucht seiner Zeit strebte nach hoher Feinheit der Wolle, und die Landwirthe hatten die Ausgabe, durch geschickt geleitete Zucht dem Bedürfniß zu genügen.
Ungeheure Leistungen sind da in dreißig Jahren vollbracht worden. Die Schafrace ganzer Länder wurde umgebildet. Nur mit wenigen Veredlungs¬ thieren konnte begonnen werden, zahllose Schwierigkeiten waren zu über¬ winden, und man mußte, als man sie bekämpfen wollte, erst suchen, wie ihnen zu begegnen. Die Zuckt der Thiere auf Zweck -- der Schafe auf Wolle -- und die Wollkenntniß sind Errungenschaften dieser Zeit. Als das gegenwärtige Jahrhundert begann, war nach Groschen der jährliche Ertrag eines Schafes zu berechnen; fünfundzwanzig Jahre später zogen bessere Zuchten mindestens einen Thaler Ertrag aus dem Schafe, heute ist man mit zwei Thalern nicht überall zufrieden, ohne des überaus großen Gewinnes einzelner Stammzuehten durch Bvckverkauf nach allen Weltgegenden zu gedenken.
Durch besseren Futterbau, künstliche Weideanlagen war es möglich, die Anzahl der Schafe in Preußen (von 1816 bis 1861) von 8,260,396 Stück auf 17,422.253, also in 46 Jahren um 110,7 Procent zu vermehren. In diesem Zeiträume vermehrten sich die ganz veredelten Schafe um 810,6 Pro-
ertrage hat es noch eine unklare Vorstellung, Auch ist er in der That anfangs gering, bis erst spater die Technik (Pistorius) und wieder die Chemie das doppelte und dreifache Quantum gewinnen lehrte. Insbesondere zwang (1821) die Aenderung der bisherigen Materialstcucr und des Blasenzinses in eine Steuer vom Gährraumc — Maischsteuer — zum Verwerthen dieses Raumes, und die Kartoffeln genießen seitdem von Seiten der Gesetzgebung ein Monopol. Die Einführung vortrefflicher Destillativnsapparate, welche direct aus der Maische einen hochgradigen Spiritus zogen und Dickmaijche» gestatteten, kam wesentlich der Kartvffelbrcnnerei und den entlegenen Gegenden zu Gute, die ihr Rohproduct bisher hatten weit zum Markte führen müssen. Man bedenke, daß, wo der Morgen Ackerfläche 100 Theile Spiritus aus Weizen producirt, er aus Korn 77,7, aus Gerste 71,6, aus Hafer 60,6 aus Kartoffeln aber mindestens 200 Theile, unter Umständen bis 300 Theile Spintus bringt.
Nicht minder ward die Schafzucht diesen ärmeren Gegenden zur Quelle des Wohlstands. Nach den Freiheitskriegen hatte das unselige Verbot der Wollausfuhr aufgehört. Noch von Paris aus schickte Preußens König edle Schafe, die er in Frankreichs wenigen Stammschäfereien aufkaufen ließ, nach der Mark Brandenburg. Alsbald entwickelte sich eine bedeutende Schaf- und Wollkenntniß unter den Landwirthen, zu welcher Thaer wiederum praktische An¬ leitung gab. In Möglin gründete er eine Stammschäferei, die noch in unseren Tagen eine der berühmtesten ist und sich von 1820 an eines bedeutenden ein¬ träglichen Zuchtviehverkaufs erfreute. Thaer hatte die WoMunde zu seinem Lieblingsstudium erkoren; die Zucht seiner Zeit strebte nach hoher Feinheit der Wolle, und die Landwirthe hatten die Ausgabe, durch geschickt geleitete Zucht dem Bedürfniß zu genügen.
Ungeheure Leistungen sind da in dreißig Jahren vollbracht worden. Die Schafrace ganzer Länder wurde umgebildet. Nur mit wenigen Veredlungs¬ thieren konnte begonnen werden, zahllose Schwierigkeiten waren zu über¬ winden, und man mußte, als man sie bekämpfen wollte, erst suchen, wie ihnen zu begegnen. Die Zuckt der Thiere auf Zweck — der Schafe auf Wolle — und die Wollkenntniß sind Errungenschaften dieser Zeit. Als das gegenwärtige Jahrhundert begann, war nach Groschen der jährliche Ertrag eines Schafes zu berechnen; fünfundzwanzig Jahre später zogen bessere Zuchten mindestens einen Thaler Ertrag aus dem Schafe, heute ist man mit zwei Thalern nicht überall zufrieden, ohne des überaus großen Gewinnes einzelner Stammzuehten durch Bvckverkauf nach allen Weltgegenden zu gedenken.
Durch besseren Futterbau, künstliche Weideanlagen war es möglich, die Anzahl der Schafe in Preußen (von 1816 bis 1861) von 8,260,396 Stück auf 17,422.253, also in 46 Jahren um 110,7 Procent zu vermehren. In diesem Zeiträume vermehrten sich die ganz veredelten Schafe um 810,6 Pro-
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die Aenderung der bisherigen Materialstcucr und des Blasenzinses in eine
Steuer vom Gährraumc — Maischsteuer — zum Verwerthen dieses Raumes, und
die Kartoffeln genießen seitdem von Seiten der Gesetzgebung ein Monopol.
Die Einführung vortrefflicher Destillativnsapparate, welche direct aus der
Maische einen hochgradigen Spiritus zogen und Dickmaijche» gestatteten, kam
wesentlich der Kartvffelbrcnnerei und den entlegenen Gegenden zu Gute, die ihr
Rohproduct bisher hatten weit zum Markte führen müssen. Man bedenke, daß,
wo der Morgen Ackerfläche 100 Theile Spiritus aus Weizen producirt, er aus
Korn 77,7, aus Gerste 71,6, aus Hafer 60,6 aus Kartoffeln aber mindestens
200 Theile, unter Umständen bis 300 Theile Spintus bringt.
Nicht minder ward die Schafzucht diesen ärmeren Gegenden zur Quelle
des Wohlstands. Nach den Freiheitskriegen hatte das unselige Verbot der
Wollausfuhr aufgehört. Noch von Paris aus schickte Preußens König edle
Schafe, die er in Frankreichs wenigen Stammschäfereien aufkaufen ließ, nach
der Mark Brandenburg. Alsbald entwickelte sich eine bedeutende Schaf- und
Wollkenntniß unter den Landwirthen, zu welcher Thaer wiederum praktische An¬
leitung gab. In Möglin gründete er eine Stammschäferei, die noch in unseren
Tagen eine der berühmtesten ist und sich von 1820 an eines bedeutenden ein¬
träglichen Zuchtviehverkaufs erfreute. Thaer hatte die WoMunde zu seinem
Lieblingsstudium erkoren; die Zucht seiner Zeit strebte nach hoher Feinheit der
Wolle, und die Landwirthe hatten die Ausgabe, durch geschickt geleitete Zucht
dem Bedürfniß zu genügen.
Ungeheure Leistungen sind da in dreißig Jahren vollbracht worden. Die
Schafrace ganzer Länder wurde umgebildet. Nur mit wenigen Veredlungs¬
thieren konnte begonnen werden, zahllose Schwierigkeiten waren zu über¬
winden, und man mußte, als man sie bekämpfen wollte, erst suchen, wie ihnen
zu begegnen. Die Zuckt der Thiere auf Zweck — der Schafe auf Wolle —
und die Wollkenntniß sind Errungenschaften dieser Zeit. Als das gegenwärtige
Jahrhundert begann, war nach Groschen der jährliche Ertrag eines Schafes zu
berechnen; fünfundzwanzig Jahre später zogen bessere Zuchten mindestens einen
Thaler Ertrag aus dem Schafe, heute ist man mit zwei Thalern nicht überall
zufrieden, ohne des überaus großen Gewinnes einzelner Stammzuehten durch
Bvckverkauf nach allen Weltgegenden zu gedenken.
Durch besseren Futterbau, künstliche Weideanlagen war es möglich, die
Anzahl der Schafe in Preußen (von 1816 bis 1861) von 8,260,396 Stück
auf 17,422.253, also in 46 Jahren um 110,7 Procent zu vermehren. In
diesem Zeiträume vermehrten sich die ganz veredelten Schafe um 810,6 Pro-
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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/378>, abgerufen am 24.01.2025.
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